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»Sei gegrüßt, Ubar aus Ar«, erwiderte ich.

Gemeinsam wandten wir uns dem Wald zu und warteten. Nach wenigen Augenblicken trat Hura zwischen den Bäumen hervor. Sie war gefesselt und stolperte über die Steine auf uns zu.

Dicht hinter ihr ging Verna, eine Gerte in der Hand.

Hura sank vor uns in die Knie.

»Ich habe diese Sklavin im Wald gefunden«, sagte Verna hochmütig.

Marlenus sah sie an, und sie erwiderte furchtlos seinen Blick. Sie hatte ihre Gefangene schon am Vortag zur Küste gebracht, sich jedoch geweigert, mit ihr in die Palisade zu kommen. Sie hatte Hura im Wald übernachten lassen.

Jetzt brachte sie sie wie eine Gleichberechtigte zu unserer Konferenz.

Auch Mira war ihrem Schicksal nicht entgangen. Sheera hatte sie vorgestern im Wald gefangen und zu meinen Männern gebracht. Ich hatte die Gefangene nun zum Strand bringen lassen, damit über ihr Schicksal entschieden wurde.

Marlenus betrachtete Hura und Mira, während ich den Blick über das Thassa wandern ließ.

Mir war entsetzlich kalt trotz der Decken. Ich konnte weder den linken Arm noch das linke Bein bewegen.

»Ich bin keine Sklavin«, sagte Verna zu Marlenus – obwohl sie noch seinen Kragen trug.

Die beiden sahen sich lange Zeit an. Sie hatte ihm das Leben gerettet, als sie den verzweifelten Angriff Sarus’ abwehrte. Und als sie dann die Möglichkeit hatte, ihn mit der Armbrust zu erschießen, hatte sie es nicht fertiggebracht. Am Tag zuvor war sie aus eigenem Antrieb mit ihrer Gefangenen Hura zur Küste zurückgekehrt.

»Nehmt dieser Frau den Sklavenkragen ab«, sagte Marlenus. »Sie ist keine Sklavin mehr.«

Als der Befehl ausgeführt war, stand Verna dem Ubar als freie Frau gegenüber.

»Nun laß auch meine Mädchen frei!« forderte sie.

Marlenus drehte sich um. »Laßt sie frei!« befahl er.

Vernas Frauen sahen sich verblüfft an.

Ich saß in meinem Kapitänsstuhl, verbittert, unfähig, mich zu rühren. Es war alles vergeblich gewesen.

Marlenus hob die Hand und berührte Vernas Wange. Eine so zärtliche Geste hatte ich bei ihm noch nicht erlebt.

»Nein«, sagte Verna und trat zurück. »Ich fürchte deine Berührung, Marlenus«, sagte sie. »Ich weiß, was du mir antun kannst, aber ich bin nicht mehr deine Sklavin.«

»Der Thron der Ubara von Ar ist leer«, sagte er.

Marlenus und Verna sahen sich an.

»Danke«, sagte sie, »Ubar.«

»Ich werde alle Vorbereitungen treffen, daß du als Ubara eingesetzt wirst.«

»Aber ich möchte nicht Ubara von Ar werden.«

Marlenus’ Männer hielten den Atem an. Auch ich war sprachlos.

Der Thron der Ubara von Ar war das höchste Ziel, das eine Frau überhaupt erreichen konnte; sie war automatisch die reichste und mächtigste Frau des Planeten – ganze Armeen und Flotten und Tarnkompanien konnten auf ihren Befehl in Bewegung gesetzt werden, die kostbarsten Schätze lagen ihr zu Füßen.

»Ich habe meine Wälder«, sagte sie schlicht.

Marlenus schwieg einen Augenblick lang und sagte dann: »Offenbar bin ich doch nicht immer siegreich.«

»Im Gegenteil«, erwiderte sie, »du bist siegreich! Denn ich liebe dich. Ich habe dich seit dem ersten Augenblick geliebt – doch ich werde nicht deinen Sklavenkragen tragen und auch nicht deinen Thron und dein Bett mit dir teilen.«

»Das verstehe ich nicht«, sagte er. Noch nie hatte ich den Ubar so gesehen – ratlos, verständnislos.

»Du verstehst mich nicht, weil ich eine Frau bin.«

Er schüttelte den Kopf.

»Das ist die wahre Freiheit«, sagte sie.

Marlenus schwieg sekundenlang und richtete sich auf. Mit einer Hand riß er sich eine Schnur vom Hals. Daran baumelte ein Ring, den er Verna zuwarf.

»Mit diesem Siegel«, sagte er, »bist du im Reiche Ar geschützt. Du hast volle Autorität; mit diesem Ring steht die Macht Ars hinter dir.«

»Ich will ihn nicht.«

»Trage ihn – für mich.«

Verna lächelte. »Dann will ich ihn nehmen.« Sie band sich den Ring mit einer Lederschnur um den Hals.

»Ich werde dich wohl nie wiedersehen«, sagte Marlenus leise.

Verna zuckte die Achseln. »Mag sein. Vielleicht aber doch. Kann ja sein, daß ich eines Tages mal nach Ar reise. Wie man hört, ist Ar eine schöne Stadt. Und vielleicht kommst du von Zeit zu Zeit wieder in die nördlichen Wälder, um zu jagen.«

»Ja«, sagte er. »Das will ich tun. Ich wünsche dir alles Gute, Frau.«

Sie lächelte. »Ich dir auch, Mann aus Ar.« Sie machte kehrt und verschwand mit ihren Panthermädchen im Wald.

Marlenus sah ihr lange nach. Dann drehte er sich um und wischte sich mit der Hand über die Augen. »Ein kalter Wind weht heute«, sagte er heiser, »und sticht mir in die Augen.« Er zuckte die Achseln. »Sie ist ja nur eine Frau. – Aber nun zu unseren anderen Geschäften.«

»Die Tyrer, die die Rhoda und die Tesephone bemannt haben«, sagte ich, »werden nach Port Kar geschafft und dort als Sklaven verkauft. Der Erlös wird unter meinen Männern geteilt, die an Bord gefangen waren.«

Marlenus deutete auf Hura, die gefesselt zwischen uns kniete. »Diese Frau soll mir gehören. Als Verna sie mir zurückbrachte, trug sie noch meinen Kragen. Dafür bekommst du eine Sklavin aus meinem Troß, die dir gehört.«

Und er deutete auf das Panthermädchen Grenna.

Ich nickte. »Da wir gerade beim Abrechnen sind«, sagte ich, »möchte ich auch noch einiges erledigen.« Und ich ließ Tina vor mich hintreten.

»Wir verdanken dir viel«, sagte ich. »Ich schenke dir dafür die Freiheit. Aber ich gebe dich in die Obhut von Turus, der sich bestimmt gern um dich kümmern wird.«

Tina stieß einen Freudenschrei aus und lief zu dem jungen Krieger, der sie mit offenen Armen erwartete.

»Und was Grenna angeht, so möchte ich sie Arn schenken, ehe er mit seinen Männern in den Wald zurückkehrt. Sie gefällt dir doch?« fragte ich den Gesetzlosen.

Arn, der bereits seine Männer um sich versammelt hatte, nickte. Auch Grenna schien nichts gegen meine Entscheidung zu haben.

»Ich habe noch eine Forderung«, sagte Marlenus aus Ar und deutete auf Mira. »Ich beanspruche diese Frau! Sie hat mich verraten.«

»Einverstanden«, sagte ich zu Marlenus. »Du sollst sie haben.«

Mira stieß einen Entsetzensschrei aus. Sie und Hura erwartete ein schweres Schicksal – als Symbole seines Sieges würde er sie mit nach Ar nehmen und sie dort alle Härten des Sklavendaseins auskosten lassen.

Ich hatte Schmerzen. Der Wind, der über den Strand wehte, war eisig kalt.

»Diese Männer«, sagte Marlenus und deutete auf Sarus und seine zehn Begleiter, »sollen nach Ar gebracht und dort öffentlich aufgespießt werden.«

»Nein«, sagte ich.

Stille trat ein.

»Es sind meine Gefangenen«, sagte ich. »Ich und meine Männer haben sie gefangengenommen.«

»Ich will sie haben«, sagte Marlenus aus Ar. »Sie sollen auf den Mauern Ars aufgespießt werden – als Antwort Ars auf das Vorgehen Chenbars aus Tyros!«

»Diese Antwort steht Ar nicht zu«, wandte ich ein. »Ich allein kann sie geben.«

Er sah mich lange schweigend an. »Also gut«, sagte er. »So sei es.«

Ich wandte mich an Sarus, der meinen Blick ratlos erwiderte. Er hatte viel durchgemacht – wie ich. Im Grunde waren wir beide die Verlierer dieses Feldzuges.

»Befreit sie«, sagte ich zu meinen Männern.

»Nein!« rief Marlenus.

Sarus und seine Männer starrten mich sprachlos an.

»Gebt ihnen die Waffen zurück«, befahl ich. »Sie sollen auch Medizin und Nahrungsmittel erhalten. Die Wanderung, die sie machen müssen, ist lang und gefährlich. Helft ihnen dabei, Bahren für ihre Verwundeten zu bauen.«

»Nein!« rief Marlenus.

Ich wandte mich an Sarus. »Folgt der Küste nach Süden«, sagte ich. »Aber nehmt euch vor den Austauschstellen in acht.«

»Ja«, sagte er.

»Nein!« rief Marlenus noch einmal.

Seine Männer brüllten ärgerlich durcheinander. Meine Gefolgsleute wurden unruhig. Schwerter wurden in den Scheiden gelockert.

Stille trat ein.

Die beiden Gruppen standen sich am Strand gegenüber. Sheera hockte neben mir. Huras Mädchen lagen gefesselt etwas abseits. Hura und Mira lagen hilflos im Sand zwischen uns. Meine Männer traten vor.