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Moa’ah.

Es wirbelte über ihren Köpfen und schoss dann los, quer über das Schlachtfeld und den Hügel hinauf, ein Strom noch tieferer Schwärze vor dem Hintergrund des Dunkels, das dem Sonnenaufgang vorausging. Dann erschütterte ein plötzlicher Ausbruch von Donner die Welt, Lichter blitzten und zitterten über den Abhang und erleuchteten die Wölbungen der Landschaft in einer Serie von stummen Filmbildern.

Nein, begriff Sam. Kein Donner. Kanonen.

Auf der Spitze des Hügels erschienen Schatten, die die Haubitzen bemannten. Die State Police hatte es offensichtlich noch nicht geschafft, die Waffen von dort wegzutransportieren. In jeder Sekunde kamen mehr und mehr Gestalten dazu. Sie schienen aus dem Boden zu wachsen. Aber der Eindruck täuschte. Die fleischlichen Hüllen, die sie trugen, waren die Körper jener Rollenspieler, die sich geweigert hatten, das Schlachtfeld zu verlassen.

* * *

„Ah!“ Als McClane nur noch die letzte Schlaufe des Henkersknotens zerschneiden musste, setzte er das Messer in einem anderen Winkel an, als würde er stärkeren Widerstand erwarten. „Die siebte Windung. Jetzt werden wir sehen, warum Judas wollte, dass die Schlinge so gut bewacht wird.“

Dean holte aus und wollte ihm einen Schlag versetzen.

Das hätte funktionieren sollen. McClane hatte ihn nicht einmal angesehen – er war anscheinend vollkommen in seine Aufgabe vertieft. Aber als Deans Faust auf ihn zuflog, wechselte er die Schlinge in die andere Hand und hielt Dean fast beiläufig am Handgelenk fest. Dann schleuderte er ihn seitwärts herum und übte dabei Druck auf Deans Speichennerv aus. Schmerz schoss Deans Arm wie ein dünner, glühend heißer Speer hinauf, seine Knie versagten, und er sackte zu Boden.

„Nate?“, rief McClane. Nate stieg aus der Fahrerkabine des Pick-ups und hielt etwas in der Hand. Sam erkannte, dass es die Bürgerkriegsmuskete aus dem Waffenregal des Wagens war. Der Junge legte die Büchse mit Leichtigkeit an, zielte und zog den Abzug. Sam hörte einen scharfen, ohrenbetäubenden Knall, als das Mündungsfeuer die Luft vor ihm erleuchtete. Dean kippte mit rudernden Armen nach hinten, drehte sich und landete mit dem Gesicht nach unten im Dreck.

„Dean!“, rief Sam. McClane betrachtete ihn abschätzend.

„Ich hoffe, du bist etwas schwieriger zu knacken“, sagte er und zog das Dämonenmesser. Dann holte er aus und warf es aus kürzester Entfernung auf Sam.

Sechsundzwanzig

Jacqueline Daniels’ Kopf schmerzte gnadenlos. Es war vier Uhr morgens, und sie war immer noch in ihrem Büro. Sie hatte ihren Deputy Jerry von seinem Wachposten vor dem Motel der Winchesters abgerufen. Er war zusammen mit Sergeant Earl Ray Harris, einer Handvoll State Trooper und einem FBI-Agenten zurückgekommen. Sie konnte ihm nicht von der Schlinge erzählen oder von den Silberlingen, die sie vom Schlachtfeld mitgenommen hatte. Und schon gar nicht von ihren Ausgrabungen im Keller der Ersten Pfingstkirche von Mission’s Ridge. Definitiv konnte sie nichts über den Besuch dieses selbst ernannten Engels im Trenchcoat erzählen, der sich Castiel nannte. Und außerdem, selbst wenn sie den anderen Gesetzeshütern die Wahrheit sagte, es würde ihr ohnehin niemand glauben.

„Lassen Sie uns noch einmal durchgehen, was auf dem Highway passiert ist“, sagte der FBI-Mann. Agent Andrew Tremont war etwas über dreißig und trug das Haar nach hinten gegelt. In der vergangenen Stunde hatte Sheriff Daniels im Geiste Tremonts Status von einem Quälgeist zu einer Nervensäge auf Weltniveau hochgestuft. Seine Fragen wurden nach und nach weniger zufällig und fokussierten sich darauf, wann und wie ihre Ermittlungen gescheitert waren. Außerdem trank er ihren Kaffee. Den guten, die französische Röstung, die sie normalerweise unter der Mikrowelle versteckte.

„Sie sagten, jemand ist mitten auf die Straße gelaufen, direkt vor ihrem Auto stehen geblieben und hat sie zum Anhalten gezwungen? Sie haben Anlass zu vermuten, dass der Mann mit den beiden Verhafteten im Bunde war?“

„Ich habe Ihnen das doch schon gesagt – wir verschwenden hier nur unsere Zeit“, sagte Daniels. „Außerdem bin ich hier nicht Gegenstand der Ermittlungen.“

Tremont hob seinen Becher an die Lippen und schlürfte laut.

„Darf ich Sie daran erinnern, Sheriff, dass Sie uns angerufen haben.“

„Um mir zu helfen, Männer zu fangen, die sich als Bundesagenten ausgeben, und nicht, um meine Ermittlungen zu zerpflücken.“

„Ich möchte anmerken, dass unsere Ziele nicht unbedingt die gleichen sein müssen.“ Zwei weitere Schlucke Premiumkaffee verschwanden in Tremonts Mund. „Also, einer unserer Tatortermittler behauptet, dass er gesehen hat, wie Sie etwas von Phil Oilers Leiche entfernt und in eine Einkaufstüte gesteckt haben“, sagte Tremont. „Er sagte, es habe geklimpert.“

„Geklimpert?“

„Wie Münzen. Können Sie mir etwas darüber erzählen?“

„Stimmt schon. Ich habe der Leiche ein Säckchen voller Münzen gestohlen.“ Daniels drückte ihre Fingerknöchel gegen die geschlossenen Augen und wartete darauf, dass einer der State Trooper – oder wenigstens ihr Deputy – Partei für sie ergriff. Aber Jerry hatte es nicht einmal für notwendig befunden, wach zu bleiben. Als niemand etwas sagte, starrte sie den Bundesagenten wütend an.

„Schauen Sie mal, Agent Tremont …“

„Das ist eine sehr interessante Tätowierung an ihrem Handgelenk, Sheriff. Darf ich wohl nach der Herkunft fragen?“

„Wie bitte?“

BUMM!

Die Trooper sprangen auf, ihre Stühle kratzten beim Zurückrutschen über den Boden.

„Nicht schon wieder“, stöhnte Jerry und richtete sich in dem Sessel auf, in dem er gedöst hatte.

Tremont setzte sich kerzengerade in seinem Stuhl auf, erhob sich, wischte den verschütteten Kaffee von der Manschette seines Hemdes und stellte die Tasse ab. Dann ging er zum Fenster, um einen Blick auf die Straße zu werfen.

„Wen haben wir draußen am Schlachtfeld postiert?“, fragte Daniels Sergeant Harris.

„Zwei Teams“, sagte Harris. „Gegen Mitternacht waren sie noch dabei, die Rollenspieler vom Verlassen des Geländes zu überzeugen“

Niemand sagte ein Wort.

Sie gingen hinaus.

Siebenundzwanzig

Sam duckte sich vor dem Messer. Die Klinge zischte an ihm vorbei wie ein tief fliegender Komet, und als er sich wieder aufrichtete, sah er, dass Tommy und Nate auf ihn zukamen. Nate hatte das Gewehr zur Seite geworfen und umkreiste Sam auf der Suche nach dem Dämonenmesser.

BUMM!

Die bislang heftigste Explosion erleuchtete den Himmel und trieb eine riesige Welle zitternder Luft vor sich her, die Sams Haare nach hinten blies und die Federung des Pick-ups zum Schaukeln brachte. Sam nutzte die Gunst des Augenblicks, sprang auf die Ladefläche und trat das Rückfenster über dem Waffenhalter ein. Dann riss er das Gewehr und den Kanister mit Salz an sich. Er klappte die Pumpgun auf, schüttete Salz hinein, lud durch und richtete die Waffe auf Nate.

Der Junge erstarrte.

„Bitte, Mister!“ Nates Gesicht wirkte mit einem Schlag glatt und unschuldig wie das eines ganz normalen Kindes – eines, das in einen ziemlichen Schlamassel hineingeraten war. Die Augen des Jungen waren nicht mehr schwarz, sondern hellblau und füllten sich vor Angst mit Tränen. „Sie wissen doch gar nicht, wie das ist.“

Sam atmete tief ein.