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„Vielleicht sind die von der Katastrophenschutzbehörde“, überlegte Ashgrove.

Bendis schenkte ihm einen finsteren Blick.

„Verkneif’s dir!“

„Komm schon, Alter!“ Ashgrove schüttelte den Kopf. „Es könnte ein Rettungshubschrauber sein. Wenn wir aufs Dach kommen …“

Eine donnernde Explosion erschütterte den Eisenbahnschuppen. Es dröhnte, und die Wände zitterten, als wären sie in einer Blechtrommel gefangen. Von der Decke rieselten Staub und Kalkbrocken. Sam hatte sich in Abwehrhaltung hingekauert. Als das Nachbeben vorbei war, ging er zurück zur Tür und blickte, immer noch geduckt, auf das Schlachtfeld hinaus.

Dann verließ ihn der Mut.

„Es ist zu spät.“

Sarah kam zu ihm und blickte ebenfalls hinaus. Das Zelt, das sie vor ein paar Minuten verlassen hatten, stand in Flammen. Die letzten vier hatten es nicht nach draußen geschaff, und jetzt konnten sie das auch nicht mehr. Die Dämonen, die es in Brand gesteckt hatten, trieben ihre Pferde durch die Feuersbrunst und feuerten wahllos hinein.

Über ihnen dröhnte wieder der Hubschrauber vorbei.

Sam stand auf und machte eine kurze Bestandsaufnahme ihrer neuen Umgebung. Der Eisenbahnschuppen war ungefähr sechzig Meter lang und zehn Meter breit. Ähnlich wie die Räume der Historischen Gesellschaft hatte man ihn mit kleinen Ausstellungsstücken verschönert, die zeigten, wie die Schlacht damals verlaufen war. In den Vitrinen an den Wänden waren Eisenbahnwerkzeuge, Zeitungen und andere Relikte ausgestellt.

Bendis und Ashgrove beugten sich über die Verwundeten und führten eine Triage durch, um die Schwere der Verletzungen einzuschätzen.

„Mann“, sagte Bendis. „Das hier ist ja schlimmer als in Falludscha.“

Sarah sah ihn überrascht an.

„Du warst dort?“

„Zweimal. Da habe ich diesen Blödmann kennengelernt.“ Er blickte Ashgrove an. „Achtzehn Monate und nicht ein einziger Kratzer. Dann ruft er mich letztes Jahr an und fragt mich, ob ich Lust auf ein bisschen Spaß am Wochenende habe.“ Bendis schüttelte angesäuert den Kopf. „Ein bisschen Spaß.“

Ashgrove sah ihn eiskalt an.

„Willst du damit sagen, dass du aufgibst, Marine?“

Bendis erhob sich. Seine Wangen waren gerötet.

„Negativ. Was immer da draußen ist, was zur Hölle das auch ist, es versucht uns umzulegen. Zwei der Männer, die da draußen heute ihr Leben gelassen haben, haben mit dir und mir gedient.“

„Gut“, antwortete Ashgrove. „Ich habe mir einen Moment lang schon Sorgen um dich gemacht.“

Entweder waren diese beiden ziemlich mutig, dachte Sam, oder ziemlich dumm. Dann half er ihnen mit den Verwundeten.

Eine weitere Explosion erschütterte den Boden. Der Eisenbahnschuppen zitterte, und noch mehr rostfarbener Staub rieselte von der Decke.

Sam beugte sich über einen der Verletzten. Das Bein des Mannes war unterhalb des Knies fast vollständig abgetrennt und hing nur noch an ein paar Hautfetzen. Sams Hände waren voller Blut. Er entfernte die rotgetränkten Lumpen von dem Bein und warf sie zu einem unordentlichen, feuchten Haufen auf die Seite.

„Hey!“, rief er plötzlich aus.

„Was ist denn?“, fragte Sarah.

„Eine Aderpresse.“ Sam sah Ashgrove und Bendis an.„Wer von euch beiden hat sie angelegt?“

„Ich“, meldete sich Bendis. „Warum, ist das wichtig?“

„Wo hast du das Ding hier gefunden?“

„Irgendwo da draußen. Da lag ein Stück Seil, und ich habe es genommen. Seine Oberschenkelarterie war durchtrennt, und ich brauchte etwas, um den Verband zu befestigen, um die Blutung zu stoppen. Was macht das für einen Unterschied?“

Sam benutzte Gazestreifen, um die dicke Seilschlinge anzufassen, die fest um das Bein des Mannes geschlungen war, und inspizierte sie. Es war die letzte Windung der Judas-Schlinge. Sarah beugte sich zu ihm herüber, um einen genaueren Blick darauf zu werfen.

„Was ist das?“

Der Verletzte setzte sich kerzengerade auf und packte sie. Seine Augen waren aufgerissen und pechschwarz.

Er grinste.

Sarah schrie.

Dreiunddreißig

McClane stolperte über das Schlachtfeld und hörte einen Schrei. Er fühlte sich schwach, konnte nur auf einem Auge sehen, und sein Körper war vollkommen hinüber. Aber all das zählte nicht. Das Chaos, das er auf die Welt losgelassen hatte, erreichte jetzt seinen Siedepunkt, und bald würde das Ziel in Sicht sein. Die Kanonen, die oben auf dem Hügel gedonnert hatten, waren jetzt verstummt – vielleicht nur für eine Weile, oder aber für immer. Es war unbedeutend. Das Ziel war jetzt zum Greifen nahe.

Sam Winchester sollte seiner wahren Bestimmung zugeführt werden.

McClanes zerrissene Lippen formten ein Grinsen. Dann ertönte noch ein Schrei —lauter als der erste. Er kam aus dem Eisenbahnschuppen.

McClane drehte sich zum Parkplatz um und sah beide Flanken seiner Dämonenarmee zurückreiten, um die Streifenwagen und Militärfahrzeuge zu umzingeln, die jetzt auf den Platz drängten. Soldaten in Tarnanzügen strömten aus den angekommenen Truppentransportern. Sie eröffneten mit ihren automatischen Waffen das Feuer auf die Gestalten in Konföderierten- und Unionsuniformen. Die Dämonen stürmten auf das Militär zu, schnitten gut gelaunt, schießend und säbelschwenkend durch ihre Reihen. Ihre alten Musketen, Hinterlader und Karabiner hatten übernatürliche Kräfte und warfen Flammen, die ganze Fahrzeuge mit Feuerduschen überzogen.

Ein Soldat sprang aus einem brennenden Humvee und rannte über den Parkplatz. Der Mann stand in Flammen und schrie. Als der Erkundungshubschrauber sich dröhnend näherte, ritt einer der Dämonen von hinten an den brennenden Mann heran und köpfte ihn mit einem schnellen Streich seines Bajonetts. Mit einer einzigen, flüssigen Bewegung fing der Dämon den abgetrennten Kopf aus der Luft. Er brannte wie bengalisches Feuer. Der Dämon drehte sich behände im Sattel um und schleuderte den Kopf auf den Hubschrauber.

Das brennende Geschoss krachte in die Scheibe des Helikopters, durchbrach sie, und eine Sekunde später war das Cockpit mit orangefarbenen Flammen und schwarzem Rauch erfüllt, und der Hubschrauber torkelte unkontrolliert durch die Luft. McClane hielt inne, um zuzusehen, wie der Heli hart nach links kippte und vom Himmel fiel. Auf dem Boden explodierte er in einem Feuerball, dessen Hitze McClane selbst aus der Entfernung spüren konnte. Was für ein Spaß!

Er hob eine Hand in die Luft.

Es war, als wäre ein stiller Alarm quer über das Schlachtfeld gegangen. Die Kavallerie- und Infanterie-Dämonen unterbrachen abrupt ihr Tun und wandten sich McClane zu. Hunderte von aufmerksamen Gesichtern mit schwarzen Augen, Schultern in Habtachtstellung, blickten ihn direkt an, um seine Befehle zu erwarten.

McClane deutete auf den Schuppen.

Vierunddreißig

Sam landete mit voller Wucht auf dem Dämon. Er hatte gehofft, dass der bloße Schwung ausreichen würde. Der Dämon ließ erwartungsgemäß Sarahs Hals los, allerdings nur, um seine volle Aufmerksamkeit Sam zuzuwenden. Der Dämon hatte Sam Winchester im Handumdrehen zu Boden gedrückt. Er war auf Blut aus.

Sam hatte keinen Plan und nichts, womit er sich verteidigen konnte. Das Wesen presste ihn auf den Boden. Der Schwefelgestank war überwältigend. Der Dämon griff nach einem der blutigen Lumpen, die einst als Druckverband gedient hatten, riss Sams Mund auf und versuchte, den Lumpen hineinzustopfen.

Sam würgte, wieder und wieder wurde sein Würgereflex ausgelöst, bis es ihm schließlich gelang, den Mund zu schließen. Trotzdem konnte er das Blut riechen. Aber es war nicht irgendein Blut. Es war schwer, fast berauschend mächtig und zugleich auch irgendwie verdorben – Dämonenblut. Der Rollenspieler hatte auch noch in die Verbände geblutet, als der Dämon längst Besitz von ihm ergriffen hatte.