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Domitius Ahenobarbus wünschte sich mehr als einmal am Tag, er hätte Rom nie verlassen. Er beugte sich über das Kohlebecken, um sich die Hände aufzuwärmen.

»Mir gefällt das nicht«, knurrte er. »Verträge mit der peregrina! Du hattest kein Recht, die Provinzen abzutreten.« Er war älter als die anderen Offiziere in Antonius' Stab, und die Jahre hatten ihm Statur verliehen. Sein Haar war ergraut, doch der dichte lange Bart hatte seine Kupferfarbe behalten. Die Adlernase gab seinem zerfurchten Gesicht einen Anstrich von kühner Entschlossenheit. Es genoß den Respekt der Jüngeren. Selbst Antonius hörte auf ihn.

»Ich habe getan, was nötig war.«

»Das Land, das du verschenkt hast, war nicht dein Eigentum. Es war das Eigentum Roms!«

»Im Osten bin ich Rom«, entgegnete Antonius.

»Wir sollten dennoch vorsichtig sein, um die Stimmung zu Hause nicht gegen uns aufzubringen«, schaltete sich Plancus ein.

»Du redest wie ein altes Weib«, beschied ihn Antonius, und Plancus verstummte.

Sie tranken ihren warmen Würzwein in brütendem Schweigen.

»Willst du sie wirklich heiraten?« hub Ahenobarbus erneut an.

»Warum nicht? Wo ist der Unterschied zu dem, was Caesar tat?«

»Sie war Caesars Geliebte, nicht seine Frau.«

»Das ist doch ein und dasselbe. Die Vereinbarung zählt ohnehin nur im Osten. Für Rom ist sie ohne Belang.«

»Trotzdem weiß ich nicht, wozu wir sie brauchen.«

»Wir haben einen Krieg vor uns! Wir brauchen Geld und Verpflegung. Dank meines geliebten Schwagers in Rom besitzen wir von beidem wenig.«

»Mir gefällt es trotzdem nicht. Wozu der Krieg mit Parthien?«

Antonius trank seinen Becher leer und schenkte sich nach. Er wurde allmählich ärgerlich. »Wenn wir ihn gewinnen, gehört uns alles.«

Canidius machte ein besorgtes Gesicht. Er war ein großer, finster dreinschauender Mann mit breitem, eckigem Kinn. »Euer Feind ist in Rom«, sagte er.

Antonius starrte ihn an. Dasselbe hatte Kleopatra gesagt.

»Es haben sich schon viele an Parthien versucht«, flocht Dellius ein. »Ich denke dabei nur an Crassus. Rom leidet noch heute unter den Folgen. Seit Alexander wurde Parthien nicht mehr bezwungen.«

Er hatte recht. Parthien galt als unbesiegbar. Nicht etwa wegen seiner Armee oder der Generäle, sondern dank der entfernten Lage jenseits des Euphrats, hinter einem hohen Bergwall. Die Eroberung dieses Landes würde großes Geschick erfordern - und einiges an Glück.

Antonius hieb mit der Faust auf den Tisch. »Mir steht Kleopatras Vermögen zur Verfügung, ich habe fünfzehntausend Reiter, die mir der armenische König versprochen hat. Crassus hatte weder das eine noch das andere. Wir sind beweglich, und wir haben Geld.«

»Und dennoch gefällt es mir nicht«, grummelte Ahenobarbus.

»Es wird die größte Armee sein, die sich in Asien je versammelt hat.«

»Dann sollten wir damit gegen Rom marschieren«, warf Canidius ein.

»Wieder ein Bruderkrieg? Davon hat Rom genug. Glaubt Ihr, daß die Legionen sich abermals bekämpfen werden? Das haben wir in Tarent versucht, und beinahe wäre es zur Meuterei gekommen. Mit dieser Schlacht schalten wir Octavian ein für allemal aus. Wenn wir aus Parthien zurückkommen, werden seine Legionen sich nie mehr gegen mich richten. Dann werde ich der neue Caesar sein. Es gibt keinen Grund für einen Kampf gegen Rom.«

Die anderen schwiegen. Sie wollten ihm gern glauben. Nur lag die Furcht noch im Streit mit der Gier nach Erfolg.

Jeder von ihnen sehnte sich nach Ruhm. Es waren großartige Visionen, die sie vorwärtsgetrieben und den Kampfgeist auch während der trostlosen Wintermonate aufrechterhalten hatten. Ein Traum, der ihnen ganz gegen den Verstand befahl, es dem gewaltigen Alexander nachzutun: die Welt zu beherrschen bis an die Grenzen Indiens.

Und deshalb redeten sie sich gut zu und sagten sich schließlich, daß Antonius wahrscheinlich recht habe.

4

Der Frühling kam, verhieß wärmere Winde, ließ die Segel am Horizont neu erblühen - und flüsterte vom Krieg und von bevorstehenden Schlachten.

Der Berg Silpius tauchte aus den Wolkenschleiern auf. Veilchen und Ringelblumen, wilde Orchideen und Mohn durchsetzte Wiesen und Hänge mit bunten Tupfern, auf den Bergen klingelten Ziegenglocken. Zeit der Erneuerung, Zeit auch, um zu sterben.

Anfang April verließ die Armee Antiochia und marschierte nach Armenien, eine riesige Schlangenlinie, die sich entlang der Flußwindungen bewegte. Zwei Stunden dauerte es, bis sie an einem vorbeigezogen war. Die Zelte lagen zusammengerollt auf den Rücken von Packeseln, Nahrung und Ausrüstung türmten sich hoch auf den Fuhrwerken. Der Rammbock mit dem mächtigen Eisenkopf belief sich auf achtzig Fuß. Er wurde von flachen Gelenkwagen gezogen, die ihn um die Wegbiegungen führen konnten. Es gab auch eine seltsame schwerfällige Kriegsmaschine auf Rädern, die aussah wie eine gewaltige Heuschrecke. Die Soldaten nannten sie >Wildesel<, weil sie beim Feuern nach hinten ausschlug. Mit ihr konnte man Felsblöcke über eine Viertelmeile schleudern und die dicksten Stadtwälle in Trümmer verwandeln. Ihr folgten die kleineren Katapulte, die den Truppen im Kampf Deckung gaben. Da es in Parthien kaum Holz zu fällen gab, hatte man während des Winters Stämme zurechtgesägt, die den Lagern als Schutzwall dienen würden. Auch sie stapelten sich jetzt auf Wagen, die von kräftigen Ochsen gezogen wurden.

Hinter diesen Wagen marschierte die Infanterie. Aus der Ferne sah es aus wie eine Armee aus Käfern mit Brustharnischen aus Bronze, roten Mänteln und kräftigen, genagelten Schuhen. Jeder der Soldaten trug die Verpflegung für drei Tage in einem Bronzekasten bei sich, dazu einen Kessel, eine Handmühle, Werkzeug für den Schanzenbau in Form von Axt, Kette, Säge, Haken, Palisadenpfählen und einem Korb, um Erde fortzuschaffen; dazu noch die Waffen, Lanze, Schwert, Dolch, den Schild und schließlich den schweren Bronzehelm. Selbst mit dieser Ausrüstung schafften die Veteranen fünfzehn Meilen am Tag, auch zwanzig, wenn es sein mußte.

Die Fünfte Legion, die noch von Caesar in Gallien ausgehoben worden war, war ebenfalls dabei - blonde Riesen, die in der Schlacht von Thapsus Kriegselefanten getrotzt hatten und nun den Elefanten auf ihrer Standarte trugen. Ebenso die Sechste Legion, die Eisengepanzerte, wettergegerbte Veteranen, die Caesar im Alexandrinischen Krieg gedient und ihn bei Philippi gerächt hatten.

Die beiden Legionen bildeten das Zentrum dieser Armee. Ihr Nachteil war nur, wie Kleopatra fand, daß sie mit der Zeit geschrumpft waren. Da jede Legion eine Einheit war, mit eigenem Emblem und eigener Geschichte, wurden die Verluste in ihren Reihen nie ersetzt. Aus neuen Rekruten wurden neue Legionen. Keine der sechzehn Legionen, die Antonius aus Italien mitgeführt hatte, war vollständig. Seinem Wunsch, zu Hause Nachwuchs auszuheben, hatte Octavian sich widersetzt.

Doch trotz dieser Einschränkungen war es eine großartige Armee, die zudem von einer stattlichen Anzahl fremder Hilfs-und Söldnertruppen unterstützt wurde. Selbst Caesar hatte nie etwas Vergleichbares besessen. Eine Niederlage war völlig undenkbar. Vielleicht hat Antonius doch recht gehabt, die Gelegenheit zu nutzen, dachte Kleopatra. Er konnte es tatsächlich schaffen, Alexanders Triumph zu wiederholen. In Friedenszeiten ließ er zwar zu wünschen übrig, doch im Krieg war er fest, nüchtern und stark. Und jetzt war seine Zeit gekommen.

Im Mai erreichten sie die Stadt Artaxata am Fluß Araxes, weit oben im Nordosten. Hier überwog der persische Einfluß den der Griechen, stellte Kleopatra fest, als sie die Blicke über die Kuppeldächer der Zitadelle schweifen ließ und die Armenier betrachtete. Sie trugen Pluderhosen und Tuniken mit Troddelfransen, ihre Locken waren ölgetränkt. Nachdem sie durch die Pforten geritten waren, empfing sie der armenische König Artavasdes mit großem Gepränge, bewirtete sie drei Tage lang, richtete Feste aus und schwor Antonius unverbrüchliche Treue.