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Skudder riß entsetzt die Augen auf. »Was ... was ist das?« stammelte er. »Wohin führt dieses Ding?«

Charity sagte nichts. Sie drehte sich herum und sah ihrem Verfolger entgegen. Der Megamann hatte den Fuß der Treppe erreicht und stürmte heran. Sie hatten noch eine Sekunde, vielleicht zwei.

Eine dieser beiden Sekunden verschwendete sie damit, Skudder ein letztes, mühsam erzwungenes Lächeln zu schenken und nach seiner Hand zu greifen.

Dann traten sie nebeneinander in den Transmitter und hörten auf zu existieren.

Daniel richtete sich stöhnend auf. Er hatte Schmerzen. Sein Kopf dröhnte, und eine Welle von Übelkeit schien sich in ihm auszubreiten. Auf seinem Gesicht und seinen Händen klebte Blut.

Es fiel Daniel selbst jetzt noch schwer, zu glauben, was er sah. Großer Gott - und er hatte allen Ernstes bezweifelt, was man ihm über die Megakrieger erzählt hatte!

Kyle tobte wie ein Berserker. Er hatte mehr als die Hälfte der Krieger schon bei seinem ersten Angriff getötet, aber sein Wüten fand kein Ende. Fassungslos sah Daniel zu, wie Kyle einen Krieger nach dem anderen überwand, bis schließlich auch der letzte fiel und der Weg zum Transmitter frei war. Taumelnd bewegte sich Kyle auf den fünf Meter durchmessenden Silberring zu, blieb plötzlich stehen und brach ganz langsam in die Knie.

Vielleicht war das seine Chance. Selbst die Kräfte eines Megamannes waren irgendwann einmal erschöpft. Wenn er nur ein wenig Glück hatte und vorsichtig war, dann würde es ihm vielleicht gelingen, die Halle zu verlassen, ehe Kyle auf ihn aufmerksam wurde und ihn tötete.

Als hätte er seine Gedanken gelesen, hob Kyle in diesem Moment den Kopf und sah ihn an. Sein Gesicht war eine blutige Maske, in der nur noch die Augen zu leben schienen.

»Rufen Sie ... die Krieger zurück, Daniel«, flüsterte Kyle.

Daniel erstarrte. Er hatte viel zuviel Angst, und er war viel zu entsetzt, um wirklich zu begreifen, was Kyles Worte bedeuteten - aber er spürte, daß vielleicht alles ganz anders war, als er bisher geglaubt hatte.

»Was ... was sagst du?« fragte er.

»Der ... Anzug«, flüsterte Kyle. »Beschädigt. Sie ... haben mich ... nicht erkannt. Bitte, ich ... sterbe, wenn sie ... wiederkommen.«

Er weiß es nicht, dachte Daniel, beinahe hysterisch. Der Angriff hatte gar nicht ihm gegolten! Kyle hatte keine Ahnung von dem Befehl, den er erlassen hatte!

Mühsam stand er auf, biß die Zähne zusammen, um die stechenden Schmerzen in seinem Rücken zu unterdrücken, und ging auf die Transmitterplattform zu. Kyle krümmte sich wimmernd und wankte hin und her, aber er fiel nicht. Und er würde auch nicht fallen, das begriff Daniel plötzlich. Er war mit einem Male nicht einmal mehr sicher, ob es überhaupt möglich war, ihn zu töten. Bald, vielleicht schon in Minuten, würde der Körper dieses unfaßbaren Wesens anfangen, sich zu regenerieren. Und irgendwann, nicht sehr viel später, würde er anfangen, nachzudenken.

Daniel ging schneller, bückte sich nach der Waffe eines toten Kriegers und verbarg sie unter seiner Jacke. Er hatte Angst - aber er hatte keine Wahl.

Zwei Schritte hinter Kyle blieb er stehen und sah auf den stöhnenden Megamann herab. Seine Hand tastete nach der Waffe und zog sich wieder zurück. Seine Finger zitterten.

»Identifizieren Sie mich, Daniel«, stöhnte Kyle. »Bitte. Sie werden Captain Laird ...«

»Du hast sie entkommen lassen«, unterbrach ihn Daniel. Wieder griff er nach dem Laser, und diesmal schlossen sich seine Finger um den fremdartig geformten Kolben der Waffe. Er hatte nur einen einzigen Schuß, das wußte er.

»Ich werde sie stellen«, flüsterte Kyle. »Ich brauche nur ... ein wenig Zeit, um mich zu erholen.«

»Wir haben keine Zeit.« Daniel deutete auf den Transmitterring und zog blitzschnell die Waffe, als Kyles Blick der Bewegung folgte. »Wieso bist du ihr nicht gefolgt? Du warst nur noch ein paar Meter entfernt.«

»Das kann ich nicht«, flüsterte Kyle.

»Wieso?«

»Shai«, stöhnte Kyle. »Der Transmitter ist auf ... Shai eingestellt. Die Priesterinnen ...«

Daniel starrte den Transmitter an, dann wieder Kyle.

»Ich ... darf nicht dorthin«, stöhnte Kyle. »Es ist der einzige Ort, zu dem ich ... nie wieder zurückkehren darf. Kein Megakrieger darf das.«

»Ich befehle es dir!« sagte Daniel hart.

Aber Kyle schüttelte nur schwach den Kopf. Er versuchte aufzustehen, aber seine Kraft reichte nicht mehr. »Es ist verboten«, wiederholte er. »Es tut mir leid, aber ich kann ... Ihrem Befehl nicht folgen.«

»Verboten?« fragte Daniel lauernd. »Von wem?«

»Von den Herren«, antwortete Kyle.

»Und was geschieht, wenn du es trotzdem tust?« fragte Daniel. Hastig fügte er hinzu: »Du hast gesehen, wie gefährlich Captain Laird ist. Es ist wichtig, sie einzufangen.«

»Ich kann es nicht«, sagte Kyle. »Kein Megamann darf an den Ort seiner Geburt zurückkehren. Er würde eliminiert.«

»Eliminiert?«

Daniel steckte die Waffe wieder ein und streckte statt dessen die Hand aus, um Kyle auf die Füße zu helfen.

»Bist du sicher?« fragte er.

Kyle nickte, und Daniel ergriff seinen Arm und stieß ihn mit aller Kraft in das wabernde Schwarz im Inneren des Transmitters.

16

Es war anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Völlig anders. Sie hatte geglaubt, daß es zeitlos sein müsse, aber das war es nicht. Und sie hatte geglaubt, daß sie nichts spüren würde, aber sie fühlte etwas, auch wenn das, was sie empfand, mit nichts anderem zu vergleichen war, was sie jemals erlebt hätte.

Sie hatte keinen Körper mehr, und trotzdem empfand sie Kälte oder etwas, das sie im ersten Moment für Kälte hielt, bis sie begriff, daß es nichts als die Reaktion ihrer Seele auf die endlose Leere war, in der sie schwebte, einer Leere, die von einem Ende des Universums bis zum anderen reichte.

Zeit verging. Vielleicht nur Augenblicke, vielleicht Ewigkeiten, denn sie war Teil eines Kosmos geworden, dessen Gesetze anders waren als die der Welt, in der sie bisher gelebt hatte. Sie fühlte sich frei, unendlich frei und erhaben, von einer Ruhe erfüllt, die Teil der Schöpfung selbst war. Sie wußte jetzt, was Daniel gemeint hatte, als er mit ihr über den Transmitter sprach. Natürlich hatte er es nicht in Worten ausdrücken können, einfach, weil man das, was Charity jetzt empfand, nicht in Worte der menschlichen Sprache - irgendeiner Sprache - fassen konnte. Aber plötzlich war eine fundamentale Erkenntnis in ihr, daß es etwas wie eine unsterbliche Seele tatsächlich gab.

Sie existierte nicht mehr materiell. Die Atome ihres Körpers waren im gleichen Augenblick, in dem sie den Transmitter betrat, aufgelöst worden, zurückverwandelt in die Energie, aus der sie einmal bestanden hatten, und was auf der anderen Seite der Transmitterverbindung herauskommen würde, das war nicht mehr sie, sondern eine perfekte Kopie, ein künstliches Ebenbild, geschaffen nach der Matrix, die die unfaßbare Technik dieses Materiesenders aufgezeichnet hatte. Der Transmitter strahlte nicht wirklich Materie ab - er vernichtete und schuf neu.

Und doch war sie da. Sie dachte und fühlte und war, und das war das wirkliche Geheimnis des Transmitters - was er wirklich von einem Ort zum anderen schickte, das war die Seele der Dinge, jenes unfaßbare Etwas, ohne das kein Leben möglich ist.

Sie machte einen ungeschickten, stolpernden Schritt, verlor den Halt an Skudders Hand und fiel kraftlos auf die Knie herab. Schwärze und ein Hauch schwüler, feuchtwarmer Luft schlugen über ihr zusammen, und wie aus weiter Ferne hörte sie einen Schrei und ein schrilles Geräusch, dann schlug sie schwer auf dem Boden auf und verlor beinahe das Bewußtsein.