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Caramon konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, obwohl sein Herz schmerzte. Es hörte sich so sehr nach Flint an!

Aber Raistlin lächelte nicht. »Mein Bruder hat für militärische Angelegenheiten eine außerordentliche Begabung«, sagte er kalt und unerwartet. »Als wir von Palanthas aufbrachen, waren wir lediglich drei. Es ist General Caramons Geschick und schnellem Denkvermögen zu verdanken, daß wir in der Lage waren, diese mächtige Armee zu deinen Ufern zu bringen. Du kannst also wohl seine Führerschaft akzeptieren.«

Regar schnaufte wieder und beäugte Raistlin scharf unter seinen buschigen, grauen, überhängenden Brauen hervor. Seine schwere Rüstung klirrte und rasselte um ihn, als er sich umdrehte und aus dem Zelt stapfen wollte, doch dann hielt er inne. »Drei von euch, aus Palanthas? Und jetzt – das?« Seine durchdringenden dunklen Augen glitten zu Caramon, seine Hand machte eine umfassende Bewegung, die das Zelt, die Ritter in ihren glänzenden Rüstungen, die draußen Wache hielten, die Hunderte von Männern, die er beim Entladen der Versorgungsgüter gesehen hatte, die anderen Männer, die Kampftechniken übten, die Reihen der Kochfeuer einbezog...

Überrascht von dem ungewohnten Lob seines Bruders, versagte Caramon die Stimme. Aber er schaffte ein Nicken.

Der Zwerg schnaufte wieder, aber diesmal lag mürrische Bewunderung in seinen Augen, als er sich klirrend aus dem Zelt bewegte. Plötzlich wandte er den Kopf ins Zelt zurück. »Ich komme zum Abendessen«, knurrte er ungnädig, dann stampfte er von dannen.

»Auch ich muß aufbrechen, mein Bruder«, sagte Raistlin geistesabwesend, als er sich erhob und zum Zelteingang ging. Er schien in Gedanken verloren, als er eine Berührung auf seinem Arm wahrnahm. Über diese Störung verärgert, sah er seinen Bruder an. »Nun?«

»Ich... ich wollte nur sagen... ich danke dir.« Caramon schluckte, dann fuhr er heiser fort: »Für das, was du gesagt hast. Du... du hast niemals gesagt... so etwas Ähnliches über mich gesagt... zuvor.«

Raistlin lächelte. Sein dünnlippiges Lächeln spiegelte sich nicht in seinen Augen, aber Caramon war zu verlegen und erfreut, um das zu bemerken.

»Es ist die schlichte Wahrheit, mein Bruder«, erwiderte Raistlin achselzuckend. »Und es half, unser Ziel zu erreichen, da wir diese Zwerge als Verbündete brauchen. Ich habe dir schon oft gesagt, daß du Qualitäten hast, wenn du nur die Zeit und die Mühe auf dich nehmen würdest, sie zu entwickeln. Immerhin sind wir Zwillinge«, fügte er hinzu. »Ich glaube nicht, daß wir uns so unähnlich sein können, wie du dir immer einredest.« Er wollte seinen Weg fortsetzen, als er noch einmal die Hand seines Bruders an seinem Arm fühlte. Einen ungeduldigen Seufzer unterdrückend, wandte er sich um.

»Ich wollte dich damals in Istar töten, Raistlin...« Caramon stockte, befeuchtete seine Lippen. »Und ich glaube, daß ich Grund dazu hatte. Zumindest nach dem, was ich da erfahren habe. Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher.« Er seufzte, sah auf seine Füße, hob dann seinen roten Kopf. »Mir... gefällt der Gedanke, daß du dies getan hast – daß du die Magier in eine Situation gebracht hast, daß sie mich in die Vergangenheit zurückgeschickt haben – um mir zu helfen, diese Lektion zu lernen. Das war wohl nicht der Grund«, fügte Caramon eilig hinzu, als er sah, wie sich die Lippen seines Bruders zusammenzogen und seine kalten Augen noch kälter wurden, »und ich bin sicher, daß es zumindest nicht alles ist. Du tust das für dich selbst, das habe ich jetzt erkannt. Aber ich glaube, irgendwo nimmt ein Stück von dir Anteil, wenigstens ein bißchen. Ein Teil von dir hat mich in Schwierigkeiten gesehen, und du wolltest helfen.«

Raistlin musterte amüsiert seinen Bruder. Dann zuckte er wieder die Achseln. »Na schön, Caramon. Wenn deine romantische Vorstellung dir hilft, besser zu kämpfen, wenn sie deinem Denken hilft und wenn sie mich vor allem aus diesem Zelt führt und zurück zu meiner Arbeit, dann halte auf alle Fälle daran fest. Für mich hat es wenig Bedeutung.« Er entzog sich dem Griff seines Bruders und ging zum Zelteingang. Dort angekommen, zögerte er. Er wandte den Kopf halb um und sagte mit leiser, aber aufgebrachter Stimme, in die sich ein Hauch von Traurigkeit mischte: »Du hast mich nie verstanden, Caramon.« Dann verschwand er; seine schwarzen Roben raschelten um seine Knöchel.

Das Festessen an jenem Abend wurde im Freien abgehalten. Der Anfang war nicht gerade erfolgversprechend.

Speisen und Getränke waren auf langen Holztischen aufgestellt, die eilig aus den für die Überfahrt verwendeten Flößen gebaut worden waren. Regar erschien mit einer ungefähr vierzig Zwerge starken Eskorte. Schattennacht, Häuptling der Barbaren, dessen grimmiges Gesicht, hoher Wuchs und stolzes Auftreten Caramon unweigerlich an Flußwind erinnerten, brachte vierzig Krieger mit. Caramon wiederum hatte vierzig seiner Männer ausgewählt, von denen er wußte oder zumindest hoffte, daß er ihnen vertrauen konnte und sie sich mit dem Schnaps zurückhielten.

Gemäß Caramons Plan sollten die einzelnen Gruppen für sich sitzen, also Zwerge und Barbaren voneinander getrennt. So würden sie sich nicht in Gespräche einlassen können. Als alle Gruppen erschienen waren, standen sie da und starrten sich in grimmigem Schweigen an. Die Zwerge hatten sich um ihren Führer geschart, die Barbaren um ihren, während sich Caramons Männer unsicher umschauten.

Caramon trat vor die zwei Gruppen. Er hatte sich sorgfältig angezogen, trug seine goldene Rüstung und den Helm von den Gladiatorenspielen sowie neue, zusammenpassende Teile. Mit seiner bronzenen Haut, seinem unvergleichlichen Körperbau bot er eine imponierende Erscheinung, so daß selbst die mürrischen Zwerge Blicke widerwilliger Anerkennung austauschten.

Caramon hob die Hände. »Ich begrüße meine Gäste!« rief er mit seiner lauten Baritonstimme. »Willkommen! Dies ist ein Festessen der Kameradschaft...«

Spöttisches Gemurmel und höhnisches Schnaufen war die Antwort. Einer der Zwerge spuckte auf den Boden; dies brachte mehrere Barbaren dazu, ihre Bogen zu ergreifen und einen Schritt nach vorn zu treten, da das Ausspucken als schlimme Beleidigung bei den Menschen der Ebene angesehen wurde. Ihr Häuptling hielt sie zurück, und die Unterbrechung kühl ignorierend, fuhr Caramon fort: »Wir werden gemeinsam kämpfen, vielleicht auch gemeinsam sterben. Laßt uns darum unseren ersten Abend gemeinsam verbringen und Essen und Trinken wie Brüder teilen. Ich weiß, daß es euch nicht behagt, von euren Verwandten und Freunden getrennt zu sein, aber ich will, daß ihr neue Freundschaften schließt. Und aus diesem Grund habe ich mich zu einem kleinen Spiel entschieden.«

Die Zwerge rissen die Augen auf, Bärte wackelten, und leises Murren rumorte durch die Luft. Kein erwachsener Zwerg gab sich jemals mit Spielen ab! (Gewisse Freizeitaktivitäten wie »Steintreffen« und »Hammerwerfen« waren als sportliche Leistungen anerkannt.) Schattennacht und seine Männer jedoch freuten sich; die Barbaren liebten Spiele und Wettkämpfe, diese wurden genauso als Vergnügen betrachtet wie das Kriegführen gegen benachbarte Stämme.

Caramon wies auf ein neues, riesiges, kegelförmiges Zelt, das hinter den Tischen stand und Gegenstand vieler neugieriger, argwöhnischer Blicke der Zwerge und Barbaren gewesen war. Es war über sechs Meter hoch und wurde von Caramons Flagge gekrönt. Die Seidenflagge mit dem neunzackigen Stern flatterte im Abendwind, angestrahlt von den Lagerfeuern, die in der Nähe brannten.

Als alle Blicke auf das Zelt gerichtet waren, streckte Caramon seine Hand aus, und mit einem Ruck zog er an einem Seil. Sofort fielen die Zeltwände zu Boden, und auf ein Signal von Caramon wurden sie von mehreren Jungen weggezogen.

»Was ist das für ein Unsinn?« knurrte Regar, an seiner Axt fummelnd.

Ein einzelner, schwerer Pfahl erhob sich aus einem See schwarzen Schlammes. Der Schaft des Pfahls war glattgehobelt und glänzte im Schein des Feuers. Dicht unter der Spitze des Pfahls befand sich eine runde Plattform aus solidem Holz, in die jedoch einige unregelmäßige Löcher geschnitten waren.