»Ist das eine Bombarde?«, fragte Arnau mit Blick auf die Kanone, zu der Pedro III. nun ging.
»Ja«, bestätigte Guillem.
Er hatte gesehen, wie man sie auf die Galeere gebracht hatte, als der König seine Flotte ausrüstete, weil er dachte, die Kastilier wollten Mallorca angreifen.
»Eine Bombarde auf einem Schiff?«
»Ja«, bestätigte Guillem noch einmal.
»Es muss das erste Mal sein, dass eine Galeere mit einer Bombarde bewaffnet ist«, bemerkte Arnau, während er aufmerksam beobachtete, wie der König den Männern an dem Geschütz Befehle gab. »Ich habe noch nie gesehen, dass …«
»Ich auch nicht …«
Ihre Unterhaltung wurde von einem ohrenbetäubenden Knall unterbrochen, mit dem die Bombarde einen großen Stein abfeuerte. Die beiden sahen zu der kastilischen Galeere herüber.
»Bravo!«, riefen sie wie aus einem Munde, als das Geschoss die Masten des Schiffes kappte.
Auf sämtlichen katalanischen Schiffen brach Jubel aus.
Der König gab Befehl, die Bombarde erneut zu laden. Durch die Überraschung und die herabstürzenden Masten war es den Kastiliern unmöglich, das Feuer mit ihren Katapulten zu erwidern. Der nächste Schuss schlug ins Achterdeck ein und zerstörte es vollständig.
Die Kastilier begannen, sich von den Sandbänken zurückzuziehen.
Der ständige Spott und die Bombarde auf der königlichen Galeere brachten den Kastilier zum Nachdenken, und nach einigen Stunden befahl er seiner Flotte, die Belagerung aufzuheben und Segel nach Ibiza zu setzen.
Vom Deck des Walfängers aus beobachteten Arnau und Guillem gemeinsam mit mehreren königlichen Offizieren den Abzug der kastilischen Armada. Die Glocken der Stadt begannen zu läuten.
»Jetzt müssen wir das Schiff wieder freibekommen«, sagte Arnau.
»Das übernehmen wir«, hörte er eine Stimme hinter sich sagen. Arnau drehte sich um und stand vor einem Hofbeamten, der soeben an Bord gekommen war. »Seine Majestät erwartet Euch auf der königlichen Galeere.«
Der König hatte zwei ganze Tage Zeit gehabt herauszufinden, wer dieser Arnau Estanyol war.
»Er ist reich, Majestät«, berichteten ihm die Ratsherren von Barcelona, »unermesslich reich.« Der König nickte gleichgültig, während ihm die Ratsherren von Arnau erzählten, von seiner Zeit als Bastaix, seinem Kampf unter dem Befehl Eiximèn d'Esparças, seiner Verehrung für die Jungfrau Maria. Doch als er hörte, dass er verwitwet war, leuchteten seine Augen auf. »Ein reicher Witwer«, dachte der Monarch. »So könnten wir sie loswerden …«
»Arnau Estanyol, Bürger der Stadt Barcelona«, kündigte ihn ein Kämmerer des Königs an.
Der König saß in einem Lehnstuhl an Deck, flankiert von zahlreichen Adligen, Ratgebern und Ratsherren der Stadt, die nach dem Abzug der Kastilier an Bord der königlichen Galeere gekommen waren. Guillem blieb an der Reling stehen, hinter all den Menschen, die Arnau und den König umringten.
»Wir sind sehr zufrieden mit Eurem Handeln«, sagte der König. »Euer Wagemut und Eure Klugheit hatten entscheidenden Anteil am Gewinn dieser Schlacht.«
Der König verstummte. Arnau war verunsichert. Sollte er etwas sagen oder abwarten? Aller Blicke waren auf ihn gerichtet.
»Als Dank für Euren Einsatz wollen Wir Uns erkenntlich zeigen.«
Und nun? Sollte er jetzt sprechen? Wie wollte der König sich erkenntlich zeigen? Er hatte alles, was er sich nur wünschen konnte …
»Wir geben Euch Unser Mündel Elionor zur Frau und statten sie anlässlich der Hochzeit mit den Baronien Granollers, Sant Vicenç dels Horts und Caldes de Montbui aus.«
Die Umstehenden begannen zu murmeln, einige klatschten Beifall. Hochzeit? Hatte er Hochzeit gesagt? Arnau sah sich nach Guillem um, konnte ihn jedoch nicht entdecken. Die Adligen und Ritter lächelten ihm wohlwollend zu. Hatte er Hochzeit gesagt?
»Seid Ihr nicht zufrieden, Herr Baron?«, fragte der König, als er Arnaus suchenden Blick bemerkte.
Arnau wandte sich dem König zu. Herr Baron? Hochzeit? Was sollte er damit? Angesichts von Arnaus Schweigen verstummten auch die Adligen und Ritter. Der König warf ihm einen ungnädigen Blick zu. Elionor, hatte er gesagt? Sein Mündel? Er konnte … Er durfte den König nicht kränken!
»Nein … Ich meine, doch, Euer Majestät«, stotterte er. »Ich danke Euch für Eure Güte.«
»So soll es also geschehen.«
Pedro III. erhob sich und wurde sogleich von seinem Hofstaat umringt. Einige klopften Arnau auf die Schulter, als sie an ihm vorbeigingen, und gratulierten ihm mit Worten, deren Sinn ihm verborgen blieb. Schließlich blieb Arnau alleine zurück. Er drehte sich zu Guillem um, der immer noch an der Bordwand lehnte.
Arnau breitete ratlos die Arme aus, doch als der Maure zu dem König und seinem Hofstaat hinüberdeutete, ließ er sie rasch wieder sinken.
Arnaus Ankunft am Strand wurde genauso gefeiert wie die des Königs. Die ganze Stadt strömte zusammen, und er wurde von einem zum anderen weitergereicht, während ihn die Leute beglückwünschten, ihm auf die Schulter klopften oder seine Hand schüttelten. Alle wollten dem Retter der Stadt nahe sein, doch Arnau sah und hörte nichts. Nun, da sein Leben in guten Bahnen verlief und er glücklich war, hatte der König beschlossen, ihn zu verheiraten. Die Barcelonesen nahmen ihn in ihre Mitte und begleiteten ihn vom Strand zu seiner Wechselstube. Nachdem er eingetreten war, blieben sie vor der Tür stehen und riefen immer wieder im Chor seinen Namen.
Als er das Haus betrat, warf sich Mar in seine Arme. Guillem war bereits zurück und saß auf einem Stuhl. Er hatte nichts erzählt. Joan, der ebenfalls vorbeigekommen war, betrachtete ihn so schweigsam wie immer.
Mar war überrascht, als sich Arnau heftiger als gewollt aus ihrer Umarmung befreite. Joan wollte ihn beglückwünschen, doch Arnau achtete nicht auf ihn. Schließlich ließ er sich neben Guillem auf einen Stuhl fallen. Die Übrigen sahen ihn an, trauten sich aber nicht, etwas zu sagen.
»Was ist denn mit dir los?«, fragte Joan schließlich.
»Ich soll heiraten!«, entfuhr es Arnau. »Der König hat beschlossen, mich zum Baron zu machen und mir sein Mündel zur Frau zu geben. Das ist sein Dank dafür, dass ich ihm geholfen habe, seine wichtigste Stadt zu retten. Eine Heirat!«
Joan dachte kurz nach, dann wiegte er den Kopf und lächelte.
»Worüber beklagst du dich?«, fragte er.
Arnau warf ihm einen ungnädigen Blick zu. Mar, die neben ihm stand, hatte zu zittern begonnen. Lediglich Donaha, die in der Küchentür stand, bemerkte ihre Verfassung und eilte zu ihr, um sie zu stützen.
»Was missfällt dir daran?« Joan ließ nicht locker. Arnau sah ihn nur an. Als Mar die Worte des Mönchs hörte, wurde ihr übel. »Was ist schlecht daran zu heiraten? Und dann die Ziehtochter des Königs. Du wirst Baron von Katalonien werden.«
Aus Angst, sich übergeben zu müssen, verschwand Mar mit Donaha in der Küche.
»Was ist mit Mar los?«, fragte Arnau.
Der Mönch antwortete nicht gleich.
»Ich werde dir sagen, was mit ihr los ist«, sagte er schließlich. »Sie sollte ebenfalls heiraten! Ihr solltet beide heiraten. Zum Glück hat der König mehr Verstand als du.«
»Bitte lass mich jetzt in Ruhe, Joan«, sagte Arnau müde.
Der Mönch zuckte mit den Schultern und verließ die Wechselstube.
»Sieh mal nach, was mit Mar los ist«, bat Arnau Guillem.
»Ich weiß nicht, was sie hat«, sagte dieser einige Minuten später zu seinem Herrn, »aber Donaha sagt, ich solle mir keine Sorgen machen. Frauengeschichten«, setzte er hinzu.
Arnau sah ihn an.
»Erzähl mir nichts von Frauen.«
»Gegen den Willen des Königs können wir nicht viel ausrichten, Arnau. Vielleicht finden wir mit etwas Zeit eine Lösung.«
Aber ihnen blieb keine Zeit. Pedro III. wollte am 23. Juni in See stechen, um den König von Kastilien nach Mallorca zu verfolgen, und ordnete an, dass sich seine Flotte an diesem Tag im Hafen von Barcelona einfinden sollte. Vorher aber wollte er die Angelegenheit bezüglich der Hochzeit seines Mündels Elionor mit dem wohlhabenden Arnau geklärt haben. So teilte es ein Beamter des Königs dem ehemaligen Bastaix in seiner Wechselstube mit.