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Die beiden betrachteten gebannt das Licht.

Schließlich fasste Arnau Mar bei den Schultern und drehte sie zu sich um.

»Bitte, Mar, lass mich nicht im Stich.«

Am nächsten Morgen bei der Trauung in der dunklen, überladenen Kapelle Santa Agata versuchte Mar, ihre Tränen zu verbergen.

Arnau und Elionor standen stocksteif vor dem Bischof. Elionor regte sich nicht und blickte erhobenen Hauptes geradeaus. Arnau sah zu Beginn der Zeremonie ein paar Mal zu ihr hinüber, doch Elionor blickte weiter starr nach vorne. Daraufhin betrachtete er sie nur noch verstohlen aus dem Augenwinkel.

39

Gleich nach der Trauung brachen die neuen Barone von Granollers, Sant Vicenç und Caldes de Montbui zur Burg Montbui auf. Joan hatte Arnau die Anfragen des Majordomus der Baronin übermittelt. Wo Doña Elionor Arnaus Meinung nach schlafen solle? In einer Kammer über einer gewöhnlichen Geldwechselstube? Und ihre Bediensteten? Ihre Sklaven? Arnau winkte ab und stimmte zu, noch am gleichen Tag aufzubrechen, unter der Bedingung, dass Joan mitkam.

»Warum?«, fragte dieser.

»Weil ich das Gefühl habe, dass ich dich brauchen werde.«

Elionor und ihr Majordomus ritten auf Pferden, sie im Damensitz, während ein Stallknecht das Pferd seiner Herrin am Zügel führte. Der Schreiber und zwei Mägde saßen auf Maultieren, und etwa ein Dutzend Sklaven führte ebenso viele Lasttiere mit dem Gepäck der Baronin am Zügel.

Arnau mietete einen Wagen.

Als die Baronin ihn mit diesem wackligen, von zwei Maultieren gezogenen Gefährt kommen sah, das mit den wenigen Habseligkeiten von Arnau, Joan und Mar beladen war – Guillem und Donaha blieben in Barcelona zurück –, sprühten ihre Augen derart vor Zorn, dass man eine Fackel daran hätte entzünden können. Es war das erste Mal, dass sie Arnau und ihre neue Familie ansah. Sie waren verheiratet, hatten gemeinsam in Gegenwart des Königs und seiner Gemahlin vor dem Bischof gestanden, doch bislang hatte sie weder ihn noch seine Angehörigen eines Blickes gewürdigt.

Eskortiert von der Wache, die der König ihnen zur Verfügung gestellt hatte, verließen sie Barcelona. Arnau und Mar saßen auf dem Wagen, Joan ging nebenher. Die Baronin hatte es eilig, zur Burg zu kommen. Vor Sonnenuntergang waren sie dort.

Die Burg, eine kleine Festung, thronte oben auf einem Hügel und war bislang von einem Vogt bewohnt gewesen. Unterwegs hatten sich Bauern und Leibeigene ihren neuen Herrschaften angeschlossen. Kurz bevor sie die Burg erreichten, wurden sie von über hundert Menschen begleitet, die sich fragten, wer der prächtig gekleidete Herr sein mochte, der auf diesem wackligen Karren saß.

»Warum bleiben wir stehen?«, fragte Mar, als die Baronin den Befehl zum Anhalten gab.

Arnau zuckte ratlos mit den Schultern.

»Weil uns zunächst die Burg übergeben werden muss«, erklärte Joan.

»Müssten wir dazu nicht erst einmal hineingehen?«, fragte Arnau.

»Nein. Das katalanische Recht sieht eine andere Vorgehensweise vor: Der Vogt muss die Burg samt seiner Familie und seinen Bediensteten verlassen, bevor er sie uns übergibt.«

Die schweren Tore der Festung öffneten sich, und der Vogt erschien, gefolgt von seiner Familie und seinen Bediensteten. Als er vor der Baronin stand, überreichte er ihr etwas.

»Eigentlich müsstest du die Schlüssel entgegennehmen«, sagte Joan zu Arnau.

»Was soll ich mit einer Burg?«

Als der scheidende Vogt an dem Wagen vorbeikam, warf er Arnau und seinen Begleitern ein spöttisches Lächeln zu. Mar errötete. Selbst die Diener sahen ihnen frech in die Augen.

»Du solltest das nicht durchgehen lassen«, mahnte ihn Joan. »Du bist jetzt ihr Herr. Sie schulden dir Respekt, Treue …«

»Hör zu, Joan«, unterbrach ihn Arnau, »damit eines klar ist: Ich will keine Burg, noch bin ich jemandes Herr, und das habe ich auch in Zukunft nicht vor. Ich werde nur so lange hierbleiben, wie es unbedingt nötig ist, um alles Notwendige zu regeln. Wenn alles geklärt ist, kehre ich nach Barcelona zurück, und wenn die Frau Baronin auf ihrer Burg leben möchte, so hat sie alles für sich allein.«

Zum ersten Mal an diesem Tag huschte ein Lächeln über Mars Gesicht.

»Du kannst nicht weg«, erklärte Joan.

Mars Lächeln erstarb. Arnau sah den Mönch an.

»Ich kann nicht? Ich kann tun und lassen, was ich will. Schließlich bin ich Baron. Sind Barone nicht monatelang mit dem König unterwegs?«

»Aber sie ziehen in den Krieg.«

»Mit meinem Geld, Joan, mit meinem Geld. Ich finde, ich habe mehr Grund zu gehen als all diese Barone, die nichts anderes tun, als sich Geld zusammenzuleihen.« Er sah zur Burg hinauf. »Und worauf warten wir jetzt noch? Die Burg ist geräumt und ich bin müde.«

»Es muss noch …«, begann Joan.

»Ach, du und deine Gesetze«, unterbrach ihn Arnau. »Weshalb müsst ihr Dominikaner euch mit Gesetzen befassen? Also was ist jetzt?«

»Arnau und Elionor, Baron und Baronin von Granollers, Sant Vicenç und Caldes de Montbui!« Der Ruf erschallte durch das ganze Tal, das sich zu Füßen des Hügels erstreckte. Alle Anwesenden blickten zum höchsten Turm der Festung hinauf. Dort stand Elionors Majordomus und verkündete, die Hände zu einem Trichter geformt: »Arnau und Elionor, Baron und Baronin von Granollers, Sant Vicenç und Caldes de Montbui! Arnau und Elionor …«

»Es musste noch verkündet werden, dass ihr die Burg in Besitz genommen habt«, führte Joan zu Ende.

Der Zug setzte sich wieder in Bewegung.

»Zumindest wird mein Name genannt.«

Der Majordomus hatte immer noch nicht geendet.

»Andernfalls wäre die Übergabe nicht rechtskräftig«, erklärte der Mönch.

Arnau wollte etwas sagen, doch dann schüttelte er nur den Kopf.

Wie die meisten Festungen, so war auch diese im Inneren der Mauern rund um den Burgfried ungeordnet gewachsen. An diesen hatte man ein weiteres Gebäude mit einem großen Saal, Küche und Vorratskammer sowie Schlafkammern im Obergeschoss angebaut. Etwas entfernt befanden sich mehrere Gebäude für das Gesinde und die wenigen Soldaten, aus denen die Besatzung der Burg bestand.

Der Hauptmann der Wache, ein zerlumpter, schmutziger Mann von untersetzter Statur, hieß Elionor und ihr Gefolge willkommen. Gemeinsam betraten sie den großen Saal.

»Zeig mir die Gemächer des Vogtes«, herrschte Elionor ihn an.

Der Hauptmann wies auf eine steinerne Treppe mit einer schlichten, gleichfalls steinernen Balustrade. Die Baronin ging nach oben, gefolgt von dem Soldaten, dem Majordomus, dem Schreiber und den Mägden. Arnau würdigte sie keines Blickes.

Die drei Estanyols blieben im Saal zurück, während die Sklaven Elionors Gepäck hereinbrachten.

»Vielleicht solltest du …«, begann Joan.

»Misch dich nicht ein, Joan«, fuhr Arnau ihm über den Mund.

Sie verbrachten eine ganze Weile damit, den Saal zu inspizieren: die hohen Decken, den gewaltigen Kamin, die Sessel, die Kandelaber und den Tisch für ein Dutzend Personen. Kurz darauf erschien Elionors Majordomus auf der Treppe. Er kam jedoch nicht ganz nach unten, sondern blieb drei Stufen über ihnen stehen.

»Die Frau Baronin«, verkündete er, ohne sich an jemand Bestimmtes zu wenden, »lässt ausrichten, dass sie heute Abend sehr erschöpft ist und nicht gestört werden möchte.«

Der Majordomus wollte sich eben umdrehen, als Arnau ihm Einhalt gebot.

»He!«, rief er. Der Majordomus fuhr herum. »Richte deiner Herrin aus, dass sie unbesorgt sein kann. Niemand wird sie stören. Niemals …«, setzte er leise hinzu.