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Das Mädchen brach in Tränen aus.

»Hast du es genossen?«, bohrte Joan weiter.

»Wir hatten Hunger«, schluchzte das Mädchen und hielt das Kind hoch.

Der Schreiber notierte den Namen des Mädchens. Joan sah sie an. Und was hat er dir gegeben?, dachte er. Ein Stück trockenes Brot? So wenig ist deine Ehre wert?

»Geständig!«, urteilte Joan.

Zwei weitere Dörfler denunzierten ihre Nachbarn. Ketzer, so behaupteten sie.

»Manchmal nachts höre ich merkwürdige Geräusche und sehe Lichter im Haus«, erzählte einer. »Sie sind Teufelsanbeter.«

Was hat dir dein Nachbar getan, dass du ihn denunzierst?, dachte Joan. Du weißt ja, dass er den Namen seines Verräters nie erfahren wird. Was bringt es dir ein, wenn ich ihn verurteile? Ein Stück Land vielleicht?

»Wie heißt dein Nachbar?«

»Anton, der Bäcker.«

Der Schreiber notierte den Namen.

Als Joan die Befragung für beendet erklärte, war es bereits dunkel. Er befahl den Hauptmann herein, und der Schreiber nannte ihm die Namen derer, die am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang vor dem Inquisitionstribunal zu erscheinen hatten.

Wieder die Stille der Nacht, die Kälte, das Zittern der Flamme … und die Erinnerungen. Joan stand auf.

Ein Fall von Gotteslästerung, ein Fall von Unzucht und ein Teufelsanbeter. »Wenn es hell wird, gehört ihr mir«, murmelte er. Ob die Sache mit dem Teufelsanbeter stimmte? Schon oft hatte es ähnliche Beschuldigungen gegeben, doch nur in einem Fall hatte die Anzeige Erfolg gehabt. Ob es diesmal stimmte? Wie sollte er das beweisen?

Er war müde und legte sich wieder hin. Ein Teufelsanbeter …

»Schwörst du auf die vier Evangelien?«, fragte Joan, als das erste Tageslicht durch die Fenster im Erdgeschoss des Hauses drang.

Der Mann nickte.

»Ich weiß, dass du gesündigt hast«, behauptete Joan.

Bewacht von zwei Soldaten, erblasste der Mann, der sich von der jungen Witwe einen Augenblick der Lust erkauft hatte. Schweißtropfen traten ihm auf die Stirn.

»Wie ist dein Name?«

»Gaspar«, war leise zu vernehmen.

»Ich weiß, dass du gesündigt hast, Gaspar«, wiederholte Joan.

»Ich … Ich …«, stotterte der Mann.

»Gestehe!« Joan erhob die Stimme.

»Ich …«

»Peitscht ihn, bis er gesteht!« Joan sprang auf und hieb mit beiden Fäusten auf den Tisch.

Einer der Soldaten griff an seinen Gürtel, an dem eine Lederpeitsche baumelte. Der Mann fiel vor dem Tisch mit Joan und dem Schreiber auf die Knie.

»Nein, ich flehe Euch an. Peitscht mich nicht aus.«

»Dann gestehe.«

Der Soldat strich ihm mit der Peitsche über den Rücken.

»Gestehe!«, schrie Joan.

»Ich … Es war nicht meine Schuld. Es war diese Frau. Sie hat mich verhext.« Der Mann sprach hastig. »Ihr Mann fasst sie nicht mehr an.« Joan regte sich nicht. »Sie stellt mir nach, sie verfolgt mich. Wir haben es nur ein paar Mal getrieben. Aber ich werde es nicht wieder tun. Ich werde sie nicht wiedersehen. Ich schwöre es Euch.«

»Hast du mit ihr geschlafen?«

»J … ja.«

»Wie oft?«

»Ich weiß es nicht …«

»Viermal? Fünfmal? Zehnmal?«

»Viermal. Ja, genau. Viermal.«

»Wie heißt die Frau?«

Der Schreiber protokollierte.

»Welche Sünden hast du noch begangen?«

»Keine … Keine, ich schwöre es Euch.«

»Schwöre nicht falsch.« Joan sprach mit Nachdruck. »Peitscht ihn aus.«

Nach zehn Schlägen gestand der Mann, nicht nur mit dieser Frau geschlafen zu haben, sondern auch mit mehreren Prostituierten, wenn er auf dem Markt in Puigcerdà war. Außerdem hatte er geflucht, gelogen und eine Unmenge kleiner Sünden begangen. Fünf weitere Peitschenhiebe genügten, damit er sich an die junge Witwe erinnerte.

»Geständig«, urteilte Joan. »Morgen erscheinst du zum Sermo generalis auf dem Dorfplatz, wo dir deine Strafe mitgeteilt wird.«

Der Mann hatte nicht einmal Zeit zu widersprechen. Auf Knien wurde er von den Soldaten aus dem Haus geschleift.

Peregrinas Schwägerin Marta gestand ohne weitere Drohungen, und nachdem er sie für den nächsten Tag einbestellt hatte, warf Joan dem Schreiber einen Blick zu.

»Bringt Anton Sinom herein«, befahl dieser dem Hauptmann, nachdem er die Liste durchgesehen hatte.

Als er den angeblichen Teufelsanbeter hereinkommen sah, richtete sich Joan auf seinem harten Holzstuhl auf. Die spitze Nase dieses Mannes, die hohe Stirn, die dunklen Augen …

Er wollte seine Stimme hören.

»Schwörst du bei den vier Evangelien?«

»Ja.«

»Wie heißt du?«, fragte er ihn, noch bevor der Mann vor ihm stand.

»Anton Sinom.«

Dieser kleine, etwas gebeugte Mann verschwand fast zwischen den beiden Soldaten, während er Joans Frage beantwortete. In seiner Stimme lag ein Hauch von Resignation, der dem Inquisitor nicht entging.

»Hast du schon immer so geheißen?«

Anton Sinom zögerte. Joan wartete auf die Antwort.

»Hier kennt man mich schon immer unter diesem Namen«, erklärte er schließlich.

»Und anderswo?«

»Anderswo hatte ich einen anderen Namen.«

Joan und Anton sahen sich an. Der kleine Mann hatte nicht ein einziges Mal den Blick gesenkt.

»Einen christlichen Namen?«

Anton schüttelte den Kopf. Joan verkniff sich ein Lächeln. Wie sollte er es anfangen? Indem er ihm sagte, dass er wisse, dass er gesündigt habe? Dieser konvertierte Jude würde nicht auf das Spiel hereinfallen. Niemand im Dorf hatte ihn durchschaut. Sonst hätte ihn mehr als einer angezeigt, wie es bei Konvertiten sonst geschah. Dieser Sinom musste intelligent sein. Joan betrachtete ihn einige Sekunden, während er sich fragte, was dieser Mann zu verbergen hatte. Weshalb zündete er nachts Lichter in seinem Haus an?

Joan erhob sich und verließ den Raum. Der Schreiber und die Soldaten rührten sich nicht. Als er die Tür hinter sich schloss, erstarrten die Neugierigen, die sich vor dem Haus versammelt hatten. Joan achtete nicht auf sie und wandte sich an den Hauptmann: »Befinden sich Familienangehörige des Mannes unter den Anwesenden?«

Der Hauptmann deutete auf eine Frau und zwei Knaben, die ihn ängstlich ansahen. Da war etwas, das …

»Was arbeitet dieser Mann? Wie ist sein Haus? Was hat er gerade getan, als ihr ihn vor das Tribunal gebracht habt?«

»Er ist Bäcker«, antwortete der Hauptmann. »Seine Backstube befindet sich im Erdgeschoss seines Hauses. Sein Haus war ganz normal, sauber. Wir haben nicht mit ihm gesprochen, als wir ihn einbestellt haben, sondern mit seiner Frau.«

»Er befand sich nicht in der Backstube?«

»Nein.«

»Seid ihr im Morgengrauen dort gewesen, wie ich es euch befohlen habe?«

»Ja, Bruder Joan.«

›Manchmal werde ich nachts wach …‹ So hatte der Nachbar gesagt. Ein Bäcker stand vor Morgengrauen auf. Schläfst du nicht, Sinom? Wenn du frühmorgens aufstehen musst … Joan sah zu der Familie des Konvertiten hinüber, die ein wenig abseits von den übrigen Schaulustigen stand. Er ging eine Weile im Kreis, dann kehrte er ins Haus zurück. Der Schreiber, die Soldaten und der Konvertit hatten sich nicht von der Stelle bewegt.

Joan trat so nah vor den Mann, dass sich ihre Gesichter beinahe berührten. Dann setzte er sich wieder auf seinen Platz.

»Zieht ihn aus«, befahl er den Soldaten.

»Ich bin beschnitten. Ich sagte ja bereits …«

»Zieht ihn aus!«

Die Soldaten traten zu Sinom. Der Blick, den ihm der Konvertit zuwarf, bevor sie sich auf ihn stürzten, überzeugte Joan davon, dass er recht hatte.

»Und was hast du mir nun zu sagen?«, fragte er ihn, als dieser völlig entkleidet war.

Der Konvertit versuchte, so gut es ging Haltung zu bewahren.

»Ich weiß nicht, was du meinst«, entgegnete er.

»Ich meine«, Joan senkte die Stimme und betonte jedes einzelne Wort. »Ich meine, dass dein Gesicht und dein Hals schmutzig sind, doch von der Brust abwärts ist deine Haut makellos sauber. Ich meine, dass deine Hände und Handgelenke schmutzig sind, deine Arme jedoch völlig rein. Ich meine, dass deine Füße und Knöchel schmutzig sind, deine Beine jedoch sauber.«