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Joan sank auf seinem Stuhl zusammen. Wie oft war er genauso vorgegangen? Wie oft hatte er jedes Wort gegen die Angeklagten verwendet? Woher wusste Arnau, dass es Elionor gewesen war? Konnte es sein, dass er tatsächlich …

»Arnau hat nichts gegen seine Ehefrau gesagt«, log Joan. »Ich weiß es.«

Nicolau Eimeric hob theatralisch beide Hände.

»Du weißt es? Und woher weißt du das, Bruder Joan?«

»Sie hasst ihn … oder nein!«, versuchte er sich zu korrigieren, doch Nicolau hatte ihn schon am Wickel.

»Und weshalb?«, brüllte der Inquisitor. »Weshalb hasst die Ziehtochter des Königs ihren Mann? Weshalb sollte eine gläubige, gottesfürchtige, anständige Frau ihren Mann hassen? Was hat ihr dieser Mann angetan, um ihren Hass zu entfachen? Es ist die Bestimmung der Frau, dem Mann zu dienen. So will es das irdische wie das göttliche Gesetz. Männer züchtigen ihre Frauen und werden trotzdem nicht von ihnen gehasst. Männer sperren ihre Frauen ein und werden trotzdem nicht von ihnen gehasst. Frauen arbeiten für ihre Männer, schlafen mit ihnen, wann immer es diese danach verlangt, sie sorgen für sie und unterwerfen sich ihnen, doch nichts von all dem erweckt ihren Hass. Was weißt du, Bruder Joan?«

Joan biss die Zähne zusammen. Er fühlte sich geschlagen.

»Du bist Inquisitor. Ich verlange, dass du mir erzählst, was du weißt«, schrie Nicolau.

Joan schwieg immer noch.

»Du darfst die Sünde nicht decken. Wer schweigt, begeht eine schlimmere Sünde als der Sünder selbst.«

Unzählige kleine Dorfplätze, auf denen die Zuhörer bei seinen Predigten immer kleiner wurden, zogen an Joans innerem Auge vorbei.

»Bruder Joan«, Nicolau betonte jedes Wort, während er über den Schreibtisch hinweg mit dem Finger auf ihn deutete, »ich will morgen früh dieses Geständnis. Und bete zu Gott, dass ich nicht beschließe, auch dich anzuklagen. Ach ja, Bruder Joan!«, setzte er hinzu, als Joan sich zum Gehen wandte. »Du solltest einen neuen Habit anziehen. Ich habe bereits Klagen deswegen erhalten, und tatsächlich …« Nicolau deutete auf Joans zerschlissene Kutte.

Als Joan, den schlammbespritzten, zerrissenen Saum seines Habits betrachtend, den Raum verließ, traf er draußen auf zwei Edelleute, die im Vorzimmer des Großinquisitors warteten. Bei ihnen befanden sich drei bewaffnete Männer, die zwei mit Ketten gefesselte Frauen bewachten. Die eine war bereits alt, die andere noch jünger, und ihr Gesicht kam ihm bekannt vor.

»Bist du immer noch hier, Bruder Joan?«

Nicolau Eimeric war in der Tür erschienen, um die beiden Adligen zu empfangen.

Joan hielt sich nicht länger auf und ging eilig davon.

Jaume de Bellera und Genis Puig betraten Nicolau Eimerics Arbeitszimmer. Francesca und Aledis blieben im Vorraum zurück, nachdem der Inquisitor ihnen einen raschen Blick zugeworfen hatte.

»Wir haben gehört, dass Ihr Arnau Estanyol verhaftet habt«, begann der Herr von Bellera, nachdem er sich vorgestellt hatte und sie auf den Besucherstühlen saßen.

Genis Puig spielte nervös mit seinen Händen.

»Ja«, antwortete Nicolau knapp. »Das ist allgemein bekannt.«

»Was wird ihm vorgeworfen?«, brach es aus Genis Puig heraus, was ihm sofort einen strafenden Blick des Grundherren einhandelte. »Sprich nur, wenn der Inquisitor dich fragt«, hatte dieser ihm mehrfach geraten.

Nicolau wandte sich Genis zu.

»Wisst Ihr nicht, dass dies der Geheimhaltung unterliegt?«

»Bitte entschuldigt Genis Puig«, erklärte Jaume de Bellera, »aber Ihr werdet sehen, dass unser Interesse begründet ist. Uns ist bekannt, dass eine Anzeige gegen Arnau Estanyol vorliegt, und die wollen wir stützen.«

Der Inquisitor richtete sich in seinem Lehnstuhl auf. Eine Ziehtochter des Königs, drei Priester von Santa María, die gehört hatten, wie Arnau Estanyol bei einem Streit mit seiner Frau in der Kirche lauthals geflucht hatte, und nun noch ein Adliger und ein Ritter. Glaubwürdigere Zeugen konnte man kaum finden. Er warf den beiden einen aufmunternden Blick zu.

Jaume de Bellera sah Genis Puig aus zusammengekniffenen Augen an und begann dann mit der Aussage, die er sich genauestens zurechtgelegt hatte.

»Wir glauben, dass Arnau Estanyol die Inkarnation des Teufels ist.« Nicolau hörte reglos zu. »Dieser Mann ist der Sohn eines Mörders und einer Hexe. Sein Vater, Bernat Estanyol, tötete auf der Burg Bellera einen Jungen und floh dann mit seinem Sohn Arnau, den mein Vater, wissend, um wen es sich handelte, eingesperrt hatte, damit er keinen Schaden anrichten konnte. Bernat Estanyol war es, der damals im ersten Hungerjahr auf der Plaza del Blat zum Aufruhr aufrief. Erinnert Ihr Euch? Dort wurde er auch gehängt …«

»Und sein Sohn verbrannte den Leichnam«, redete Genis Puig erneut dazwischen.

Nicolau zuckte zusammen. Jaume de Bellera warf dem Zwischenrufer einen vernichtenden Blick zu.

»Er verbrannte den Leichnam?«, fragte Nicolau.

»Ja. Ich habe es selbst gesehen«, log Genis Puig, während er an die Erzählungen seiner Mutter dachte.

»Und habt Ihr ihn angezeigt?«

»Ich …«, stotterte Genis. Der Herr von Bellera wollte eingreifen, doch Nicolau brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Ich war noch ein Kind. Ich hatte Angst, er könnte dasselbe mit mir tun.«

Nicolau stützte das Kinn in die Hand, um ein kaum merkliches Lächeln zu verbergen. Dann bat er den Herrn von Bellera, fortzufahren.

»Seine Mutter, die Alte, die dort draußen wartet, ist eine Hexe. Mittlerweile verdient sie ihr Brot als Hure, doch vor vielen Jahren war sie meine Amme und gab das Böse an mich weiter. Sie verhexte mich mit ihrer Milch, die eigentlich für ihren Sohn bestimmt war.« Nicolau riss bei dem Geständnis des Adligen erschreckt die Augen auf. Der Herr von Navarcles bemerkte es. »Seid unbesorgt«, setzte er rasch hinzu. »Als die Krankheit sich zeigte, brachte mich mein Vater unverzüglich zum Bischof. Meine Eltern sind Llorenç und Caterina de Bellera. Ihr könnt überprüfen, dass noch nie jemand aus meiner Familie die Fallsucht hatte. Es kann nur die verhexte Milch gewesen sein!«

»Sie ist eine Dirne, sagtet Ihr?«

»Ja, Ihr könnt Euch dessen vergewissern. Sie nennt sich Francesca.«

»Und die andere Frau?«

»Sie wollte unbedingt mitkommen.«

»Ist sie ebenfalls eine Hexe?«

»Das bleibt Eurem Urteil überlassen.«

Nicolau dachte nach.

»Gibt es noch etwas?«, fragte er dann.

»Ja«, brach es aus Genis Puig heraus. »Arnau hat meinen Bruder Guiamon getötet, als dieser sich weigerte, an seinen teuflischen Riten teilzunehmen. Er versuchte ihn bei Nacht am Strand zu ertränken. Danach ist er gestorben.«

Nicolau wandte seine Aufmerksamkeit Genis zu.

»Meine Schwester Margarida kann es bezeugen. Sie war dabei. Sie erschrak und versuchte zu fliehen, als Arnau begann, den Teufel anzurufen. Sie wird es Euch bestätigen.«

»Und Ihr habt ihn damals nicht angezeigt?«

»Ich habe erst jetzt davon erfahren, als ich meiner Schwester erzählte, was ich vorhatte. Sie hat noch immer schreckliche Angst, Arnau könnte ihr Schaden zufügen. Seit Jahren findet sie keine Ruhe.«

»Das sind schwere Anschuldigungen.«

»Berechtigte Anschuldigungen«, setzte der Herr von Bellera hinzu. »Ihr wisst, dass dieser Mann es sich zum Ziel gemacht hat, die Obrigkeit zu untergraben. Auf seinen Besitzungen schaffte er gegen den Willen seiner Ehefrau die Leibeigenschaft ab. Hier in Barcelona verleiht er Geld an die Armen, und es ist bekannt, dass er in seiner Funktion als Seekonsul häufig Urteile zugunsten des Volkes fällt.« Nicolau Eimeric hörte aufmerksam zu. »Sein ganzes Leben hindurch hat er die Gesetze hintertrieben, von denen unser Zusammenleben bestimmt werden sollte. Gott hat die Bauern erschaffen, damit sie für ihre Grundherren das Land bestellen. Selbst die Kirche hat ihren Bauern verboten, den Habit zu nehmen, um ihre Arbeitskraft nicht zu verlieren …«