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Harry fand immer, er hätte sich jemand außerhalb der Stadt suchen oder BoomBoom hätte ihn zurückweisen können. Die Tatsache, dass beide, Fair und BoomBoom, sehr gut aussehende Menschen in der Blüte ihrer Jahre waren, entging ihr.

»Du bist mir immer noch böse, und ich hab alles getan, außer zu Kreuze zu kriechen, und ich wiederhole zum tausendsten Mal, er hat von dir getrennt gelebt. Getrennt.«

Harry überging dies, weil sie nicht an BoomBooms Version vom Zeitrahmen der Affäre glaubte, und warf ein: »Es hat höllisch wehgetan. Und warum bist du eigentlich nicht mit ihm zusammen geblieben?«

»Ich könnte nie die Frau eines Tierarztes sein.«

Wahrere Worte wurden nie gesprochen. BoomBoom konnte nicht nur den Arbeitsverlauf eines Pferdearztes nicht aushalten, der mitten an einem romantischen Abend zu einer Kolik gerufen wurde, sie brauchte auch mehr gesellschaftlichen Rang, mehr Macht, mehr Geld.

BoomBooms Affäre mit Pharamond »Fair« Haristeen, Doktor der Veterinärmedizin, hatte auch damit zu tun gehabt, dass sie nach der Erschütterung über den plötzlichen Tod ihres jungen Ehemannes wieder zu sich selbst finden musste. Man muss ihr aber zugute halten, dass sie ihre Einsamkeit nie als Vorwand benutzte.

Für Fair war die Affäre schlicht und einfach eine Flucht vor der Verantwortung. Das war ihm klar. Nach sechs Monaten hatte er Schluss gemacht und sich in Therapie begeben - es war ihm entsetzlich schwer gefallen, um Hilfe zu bitten. Nach dem ersten Jahr in therapeutischer Behandlung bat er seine Ex-Frau um Verzeihung. Er hoffte noch immer Harry zurückzuerobern. Sie war die beste Gefährtin, die er finden konnte, das wusste er. Sie verstand was von Pferden. Sie verstand ihn. Sie war darauf gefasst, schwer zu arbeiten in diesem Leben und verlangte dafür einen Partner, der ebenfalls schwer arbeitete, treu blieb und viel Sinn für Humor hatte. Er wusste, dass er das jetzt bieten konnte.

Sie blieb zurückhaltend, wenngleich sie sich zuweilen wieder zu ihm hingezogen sah, nicht nur gefühlsmäßig, sondern körperlich, und das heizte die Sache nur an. Sie band es BoomBoom nicht auf die Nase, aber Susan wusste es, und Mrs. Hogendobber ahnte es.

Die Tiere verhielten sich diskret, was dieses Thema anbelangte.

Harry, die eine Weile geschwiegen hatte, sagte schließlich:

»Was ich nicht verstehe, warum lässt du mich nicht in Ruhe? Warum ist es so wichtig, dass wir uns - irgendwas?«

»Weil wir Teil unseres gegenseitigen Lebens sind. Wir sind zusammen aufgewachsen. Und weil wir Frauen sind und Frauen in diesen Dingen klüger sind als Männer.«

»Ich glaube nicht, dass ich in Sachen Untreue klüger bin als ein Mann.«

»Aber er war dir nicht untreu, Harry. Ihr wart getrennt.«

BoomBoom betonte dies noch einmal, als spräche sie zu einem begriffsstutzigen Kind.

»Können wir das ruhen lassen?« Harry verdrehte die Augen himmelwärts.

»Du hast es seit Jahren ruhen lassen. Wir können sicherlich miteinander auskommen. Wir arbeiten an denselben Projekten.«

»Das tun alle anderen auch. Wir leben in einer Kleinstadt«, meinte Harry mürrisch.

»Wir gehen zusammen auf die Jagd, wir spielen zusammen Golf und Tennis.«

»Ich spiele kaum Golf und Tennis. Ich hab keine Zeit dafür.« Harry wurde unruhig.

»Okay.« BoomBoom atmete tief ein. »Wirst du Diego Aybars Verabredung sein?«

»So heißt er?«

»Diego Aybar. Und glaub mir, er sieht gut aus, ist unternehmungslustig - auch wenn der Blitz nicht einschlägt, wirst du dich in seiner Gesellschaft wohl fühlen. Bitte sag ja, Harry. Ich weiß, er wird dich mögen, und es wird für uns alle ein unvergessliches Wochenende sein.«

»Fair hat mich zum Abbruchball eingeladen. Ich könnte überall sonst hingehen, außerdem bin ich Paradekoordinatorin für das Fest« - sie hielt inne -, »aber das weißt du ja. Allerdings, wenn der letzte Festwagen sich in Bewegung gesetzt hat ...«

»Sag ja«, maunzte Pewter.»Eine kleine Aufrüttelung des Status quo kann nicht schaden.«

»Lauter Status und kein quo«. Mrs. Murphy beobachtete, wie ihr Mensch mit widerstreitenden Gefühlen kämpfte, von denen Misstrauen gegenüber BoomBoom das augenfälligste war.

»Harry, wenn es dir nicht zusagt, wenn du am Wochenende leidest, kaufe ich dir den neuen Wilson­Tennisschläger, von dem alle schwärmen. Dann kannst du mich schlagen.«

»Ich schlag dich sowieso. Du brauchst mich nicht zu bestechen, BoomBoom.«

»Also?«

»Was zieh ich an?«

»Gott, sie ist echt 'ne harte Nuss.« Pewter atmete aus.

»Und es fehlt ihr total an Spontaneität, aber ich liebe sie.« Mrs. Murphy lehnte sich schnurrend an Pewter, die sich zu ihr gesetzt hatte.

»Ihr zwei gebt wirklich ein hübsches Bild ab, aber ich bin neben Mom und ihr nicht.« Auf die Herausforderung des kleinen Hundes eingehend, sprangen die Katzen auf die Rückenlehne des Sofas. Sie ließen sich hinter Harrys Kopf plumpsen.

»Es wird lustig. Du brauchst nur ein Frühjahrskleid zum Tee. In deinem weißen Abendkleid siehst du super aus. Du brauchst nur ein einziges neues Kleid. Ich weiß, dass du ungern einkaufen gehst.«

»Das Abendkleid hat meiner Mutter gehört.«

»Klassisch. Ein Christian-Dior-Klassiker. Deine Mutter hatte einen fabelhaften Geschmack.«

»Und kein Geld. Das Kleid hat sie gewonnen.« Harry lächelte in Erinnerung an ihre Mutter, die so stolz auf das Kleid gewesen war, das sie tatsächlich bei einem Wettbewerb für die Gestaltung des Weihnachtsballs für die karitative Einrichtung United Way gewonnen hatte. Christian Dior, ein Freund von Tally - Big Mims Tante, die alle und jeden kannte -, hatte das Kleid als Preis ausgesetzt.

»Komm schon. Das wird Fair wachrütteln. Er hat keine Konkurrenten.«

Harry löste die verschränkten Arme. »Das stimmt.« Ihre Augenbrauen zuckten einen Moment. »Also gut, Boom­Boom. Ich mach's. Ich weiß nicht genau, warum ich's mache, aber ich mach's.«

»Danke.«

»Frühlingsgefühle«, sagte Pewter lakonisch und ließ einen kleinen Rülpser folgen.

»Entschuldige dich, du Ferkel.« Mrs. Murphy berührte Pewter an der Schulter.

»Entschuldige. Frühlingsgefühle.«

»Pewter, wovon redest du?« Tucker wollte eine Antwort. Sie konnte es nicht ausstehen, wenn die Katzen sich »überspannt« gaben, wie sie es nannte.

»Frühlingsgefühle. Deswegen geht Harry mit diesem neuen Typ aus.«

»Da könntest du Recht haben«, stimmte Mrs. Murphy zu.

»Lottie Pearson wird sich schwarz ärgern. Sie ist auf Männerjagd, und BoomBoom hat sie zugunsten von Mom übergangen. Sie wird sich rächen, wartet's nur ab.«

»An wem? Mom oder BoomBoom?« Tucker hob den Kopf.

»An beiden. Ich kenne Lottie. Ihr gesellschaftlicher Ehrgeiz ist am Sieden. Von einem gut aussehenden Mann begleitet zu werden, der im Botschaftsviertel von Washington arbeitet, das ist ihre Idealvorstellung. Sie würde noch mehr wichtige Leute kennen lernen, und sie würde wichtig wirken. Sie kultiviert Leute, so sagt man, glaube ich, bevor sie sie um Hunderttausende von Dollars für die Universität bittet. Sie würde auch gern eines Tages in dieser Stadt das Sagen haben. Dazu wird es nicht kommen. Big Mim wird hundertfünfzig Jahre alt. Guckt doch, wie alt Tante Tally ist. Die sterben nie, das schwör ich euch. Aber denkt an meine Worte, Lottie Pearson ist schlau und gerissen. Sie wird sich rächen.«

»Das ist so kleinlich!«, rief Pewter aus.

»Genau, aber so sind die Menschen eben. Sie entfernen sich immer weiter von der Natur, und sie werden sonderbar, ober sonder bar.« Mrs. Murphy sah zu, wie Harry BoomBoom in die Küche zur Hintertür begleitete.