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»Hat man dafür Töne?« BoomBooms Augenbrauen schnellten in die Höhe.

Das Telefon klingelte wieder. Alle griffen danach, aber Miranda war schneller. Sie nahm den Hörer ab. »Hallo.«

»Hi, Süße«, ertönte Tracys tiefe Baritonstimme. »Ich fahr jetzt zurück. Brauchst du was?« »Was meinen Sie?« Harry hatte sich vorgebeugt und sprach in den Hörer.

»Haben Sie meiner schönen Freundin das Telefon weggegrapscht?«

»Nein. Sie ist direkt neben mir. BoomBoom auch. Wir hängen an jedem Wort von Ihnen.«

»Oh.« Er atmete ein. »Schweres Seil, ein Kletterseil. Sie wissen doch aus Filmen, wenn im Alten Westen jemand aufgeknüpft wird, dass der Strick eine ganz bestimmte Schlinge hat?«

»Ja«, sagten sie wie aus einem Munde.

»Das hatte ich mir ansehen wollen. Ob Wesley sich die Zeit genommen hat, eine solche Schlinge zu machen, sofern er sich umgebracht hat, oder sein Mörder, sofern er ermordet wurde. Die Schlinge ist nicht so leicht zu knüpfen, wie man annehmen möchte.«

»Und?« Harry hob die Stimme.

»Nein. Ein einfacher Knoten, wie man ihn macht, wenn man ein Päckchen verschnürt.«

»Schnuckiputz, was hat das zu bedeuten?«, fragte Miranda atemlos; sie hatte den Hörer zurückerobert.

»Dass entweder Wesley oder sein Mörder nicht wusste, wie man die Schlinge macht, oder dass es ihm egal war, oder dass er nicht die Zeit hatte. Oder dass das Kletterseil halten würde.«

»Da komm ich nicht mit.« BoomBoom konnte ihm beim besten Willen nicht folgen.

»Ein Grund, weswegen man die Schlinge benutzte, um Menschen aufzuhängen, war der, dass sie das Gewicht des Körpers hielt und das Genick brach. Das ist menschlicher als erdrosseln, was passiert, wenn man einen gewöhnlichen Paketknoten macht. Mit der Zeit gibt der gewöhnliche Knoten auch bei einem Strick von guter Qualität nach.«

»Ich krieg 'ne Gänsehaut. Komm jetzt nach Hause.« Miranda lachte verhalten.

»Mach ich. Sag den Mädels tschüss von mir.«

Miranda legte den Hörer auf. Die drei Tiere hopsten durch das Tiertürchen, nun wieder ein Herz und eine Seele.

»Das mit der Schlinge wusste ich nicht.« Harry fuhr sich instinktiv mit der Hand an die Gurgel. »Gleichzeitig ersticken und pendeln. Eine furchtbare Art zu sterben.«

»Ichglaub, wir haben was verpasst.« Mrs. Murphy setzte sich still auf einen Stuhl an dem Tisch im hinteren Bereich.

»Wir brauchen bloß abzuwarten. Sie müssen es zwangsläufig anderen Menschen erzählen. Du weißt ja, wie sie sind.«

Pewter sprang auf einen Stuhl an dem Tisch und fing an, den Matsch zwischen ihren Zehen herauszubeißen. Schmutz war ihr zuwider.

»Dieses ganze Gerede von Tod ...« Booms Stimme verklang, wurde dann kräftiger. »Morgen ist Rogers Beerdigung. Geht ihr hin?«

»Das wissen Sie doch.« Miranda runzelte einen Moment die Stirn. »Wieso fragen Sie überhaupt?«

»Ich weiß nicht.« BoomBoom krümmte die Schultern, dann entspannte sie sich. »Ich bin ein bisschen aufgewühlt. Sie nicht?«

»Nun ja, es waren seltsame Tage, aber vielleicht messen wir all dem zu viel Bedeutung bei.« Miranda bemerkte die winzigen Matschkügelchen, die auf den Boden fielen, da Pewter auf einem Stuhl in ihrer Nähe saß. »Pewter, das hebst du schön wieder auf.«

»Ich mach's weg.« Harry holte Kehrschaufel und Handfeger aus dem kleinen Besenschrank im hinteren Bereich.

»Also, ich muß los.«

»Du hast noch nicht gesagt, warum du eine Latzhose anhast.«

Harry kniete sich hin und kehrte die Matschkügelchen auf.

»Ich geh zur Arbeit.«

»Was für 'ne Arbeit?«, fragte Harry ziemlich unhöflich.

»Schweißen. Ich hab den Auftrag eine Henne und Küken für Opal Michaels zu machen.«

»Dann machst du am besten ein Huhn mit Haltung«, sagte Harry.

»Wenn es für Big Mim wäre, kriegte der Vogel ein Krönchen aufgesetzt.« Lachend öffnete BoomBoom die Eingangstür.

Miranda hob Mrs. Murphy hoch und streichelte sie. »Es freut mich zu sehen, dass Sie und BoomBoom sich jetzt besser verstehen.«

»Sie hat sich immer mehr Mühe gegeben als ich.«

»Freut mich, dass Sie das einsehen. Denken Sie an die Sprüche.« Miranda zitierte Kapitel siebzehn, Vers siebzehn der Sprüche Salomons: >»Ein Freund liebt allezeit, und als ein Bruder wird er in der Not erfunden.««

»So weit würde ich nicht gehen.« Harry zwinkerte ihr zu.

Mrs. Murphy lauschte, als die Matschklümpchen auf den Boden fielen. »Pewter, du hast mehr Matsch zwischen den Zehen als ein Elefant.«

»Du etwa nicht?« »Nicht so viel wie du.«

»Warum putzt du dich nicht?«, wunderte sich die graue Katze.

»Ich warte, bis sie deinen Dreck aufgekehrt hat. Dann mach ich neuen. «

Tucker kicherte.»Murphy, du bist schrecklich.«

23

Die lutheranische St. Lukaskirche, ein schmucker Bau aus dem achtzehnten Jahrhundert mit Tür- und Fensterstürzen in Ziegelrot und Weiß, füllte sich mit den Menschen, die Roger O'Bannon die letzte Ehre erweisen wollten. Die Stadtbewohner drängten in die Bankreihen, durch die Buntglasfenster strömte das Licht.

Alle erhoben sich, als Sean O'Bannon und Ida, seine Mutter, durch die Tür neben dem Lesepult eintraten, um ihre Plätze in der ersten Reihe einzunehmen. Die einst zahlreichen O'Bannons waren im Laufe der Jahrzehnte immer weniger geworden. Da weder Roger noch Sean verheiratet waren, könnte die Familie mit Sean aussterben.

Als Mutter und Sohn sich gesetzt hatten, nahmen auch die Versammelten wieder Platz.

Die Leute staunten über Seans verändertes Äußeres. Er hatte sich von seinem Pferdeschwanz getrennt, sich einen ordentlichen Haarschnitt verpassen lassen und war glatt rasiert. Ein gut geschnittener dunkelgrauer Anzug verlieh ihm ein stattliches, ernstes Aussehen. Niemand konnte sich erinnern, dass Sean seit der Highschoolzeit einen Anzug getragen hatte; er hatte sich immer einfach gegeben, Kultiviertheit war nicht seine Sache gewesen. Reverend Jones trat ernst und feierlich aus einer Tür hinter der Kanzel. Er neigte den Kopf vor dem Altar, wandte sich dann den Versammelten zu. Herb, dem Begräbnisse nicht fremd waren, bemühte sich, diesem letzten Ereignis Bedeutung zu verleihen. Er vermied Plattitüden, nichts sagende Phrasen.

Fair saß bei Harry. Susan und Ned Tucker, Miranda und Tracy saßen auf der anderen Seite von Harry. Nach der Trauerfeier fuhren sie zum Friedhof im Süden der Stadt, einem schön gelegenen Gelände mit einem herrlichen Blick auf wogende Weiden. Als der Sarg ins Grab gesenkt wurde, liefen Tränen über Seans Wangen. Bis dahin hatte er an sich gehalten. Seine Mutter legte ihren Arm um seine Taille.

Als Harry mit Fair, Susan und Ned in Neds Auto wegfuhr, stand Sean noch am Grab.

»Bedrückend«, sagte Susan.

»Harry, willst du zum Postamt oder hast du Zeit zum Mittagessen?« Ned bog links ab, Richtung Stadt.

»Zur Arbeit. Miranda isst mit Tracy zu Mittag.«

»Soll ich dir ein Sandwich vorbeibringen?«, erbot sich Susan.

»Ja. Hühnchen, Salat, Tomate und Mayo auf Vollweizenbrot wär nicht schlecht.«

»Hast du Katzen- und Hundefutter im Postamt?« Ned hielt vor der Post.

»Susan, das weißt du doch. Eher verhungere ich als die drei.« Harry lächelte und sprang aus dem Auto.

»Ich muss zur Quail Ridge Farm.« Fair kurbelte das Fenster herunter. »Gehst du am Wochenende mit mir ins Kino?«

»Klar«, erwiderte Harry.

Das Postamt war nur fünfzehn Gehminuten vom Friedhof entfernt, aber Harry war lieber zusammen mit ihren alten Freunden im Auto gefahren. Als sie zum Hintereingang hineinging, erspähte sie die zwei Katzen, die mit den Pfoten in den Rückseiten der Postfächer angelten. Sie sprangen herunter, als Harry die Hintertür zumachte und dann hinüberging, um die Rolltür - einem kleinen Garagentor ähnlich - aufzuschließen, die den Publikumsbereich vom Arbeitsbereich des Postamts trennte.