»Ich beklag mich ja nicht. Ich will bloß wissen, wie weit«, fauchte sie zurück.
»Zehn Minuten.« Tucker schob sich durch den Roggen.
Sie liefen schweigend weiter, bis sie auf die Farmstraße trafen. Die ausgefahrenen Furchen kamen Tucker diesmal noch tiefer vor. Nicht weit entfernt konnten sie einen Traktor heulen hören.
»Hört sich nicht gut an, was?«, bemerkte Pewter.
»Nein.« Tucker erspähte den Tabakschuppen weiter vorn und legte Tempo zu. Sie umrundete das Gebäude; der beißende Rauchgeruch von Jahrzehnten war noch deutlich wahrnehmbar.»Was!«
Die zwei Katzen rempelten sie fast um.
»Und? Wo ist der Transporter?«, stichelte Pewter.
»Er war hier. Ich schwöre es!«
»Hört sich an, als ob der Traktor feststeckt. Los, wir suchen ihn«, schlug Mrs. Murphy vor.»Vielleicht zieht Booty ihn ja mit dem Transporter raus.«
Booty zu finden erwies sich als einfach, nicht nur wegen des Heulens des Traktors, sondern weil Booty unflätig fluchte. Die Tiere bekamen Worte zu hören, die sie noch nie gehört hatten.
Der Traktor war in ein Schlagloch gerutscht, das vom Fahrersitz aus wohl nicht zu erkennen gewesen war. Die Hinterräder steckten zu einem Viertel bis zu den großen gelben Radkappen hinauf im Schlamm. Booty, dessen Arbeitsanzug von frischem Matsch glänzte, legte Steine, alles was er finden konnte, vor die Räder, dann schwang er sich wieder auf den Sitz, um es noch einmal zu versuchen.
Abraham, ein Bluetick-Jagdhund, sah traurig zu, wie sein Mensch Zustände kriegte. Abraham, der zwei Jahre älter war als Gott, litt an vermindertem Hörvermögen, steifen Hüften und schwindendem Sehvermögen, aber sein Geruchssinn war noch gut.
»Abraham«, rief Tucker ihm laut zu, als sie näher kamen, »wiegeht's denn so?«
»Tucker, wer ist bei dir? Sind das Chihuahuas?« Er blinzelte.
»Das verbitte ich mir«, brauste Pewter auf.
»Pewter, er ist fast so alt wie Booty.« Mrs. Murphy versetzte der grauen Katze einen Stoß, um sie in die Schranken zu weisen.
»Mrs. Murphy und Pewter sind bei mir«, antwortete Tucker.
»Hallo, Mädels«, grüßte Abraham sie mit ausgesuchter Höflichkeit.»Ich entschuldige mich für meinen Menschen, aber wie ihr vermuten könnt, kämpft er mit den Elementen, und wenn meine Nase was taugt, dann sind wir binnen einer halben Stunde nass. Er wird einen zweiten Traktor brauchen, um diesen rauszuziehen. O je.« Er stieß einen langen, langen Seufzer aus.
»Für einen Menschen muss man sich doch nicht entschuldigen. «
Tucker lachte.
»Mit dem Regen hat er Recht«, flüsterte Pewter Mrs. Murphy zu.»Ich fühl ihn kommen. Wenn ich nass werde, brauche ich Stunden zum Trocknen. Ich kann es nicht ausstehen, wenn meine Haare zusammengedrückt werden. Murphy, hörst du überhaupt zu?«
»Hör auf zu quengeln.« Sie rückte an Abraham heran und rieb sich an seiner Brust.
»Mrs. Murphy, du riechst nach Muskat.« Er kicherte.
»Pewter.«
»Hier bin ich.« Pewter rieb sich auch an ihm.
»Wir hoffen, dass du uns helfen kannst.« Tucker setzte sich, während Booty fluchte, was das Zeug hielt.»Hinter dem Räucherschuppen steht ein Farmwagen. Ich kam zufällig vor nicht ganz anderthalb Stunden vorbei, und jetzt, wo ich zurück bin, ist er weg. Vielleicht weißt du, wo er abgeblieben ist?«
»Nein. Ich hab nicht gehört, dass der Wagen weggefahren wurde, aber ich hab ja auch nicht mehr so gute Ohren.«
»Ich kann mich nicht erinnern, dass Booty mal mit dem Transporter in die Stadt gefahren wäre«, meinte Mrs. Murphy.
»Farmwagen. Wie soll der's denn bis in die Stadt schaffen und zurück, ehrlich«, antwortete Abraham.
»Als ich vorbeikam, dachte ich, Booty wär mit seinem Pferdegespann draußen«, wunderte sich Tucker.»Und ich dachte nicht, dass er einen Traktor besitzt.«
»Gutes Gedächtnis, Tee Tucker. Er hat mit den Pferden auf dem kleinen Feld gearbeitet, Gartenbeetfeld sage ich dazu, aber dann hat Dimples ein Hufeisen verloren. Darauf hat er die Pferde ausgespannt und wollte das andere Paar einspannen, du weißt doch, er bat die jungen Gäule, die er eingewöhnt, ein schönes Gespann, beide gleich, ah, aber ich schweife ab. Also, er hat nach dem Wetter geguckt und gedacht, er bringt Marcus Durant seinen Traktor zurück. Er hatte ihn sich geliehen, um Löcher für Zaunpfähle zu graben. Marcus hat jedes Zusatzgerät, das in den Vereinigten Staaten hergestellt wird, und Booty kommt langsam in die Jahre, er hatte einfach keine Lust, Zaunlöcher mit der Hand zu buddeln. Damit ist er zum Glück fertig geworden, die Erde ist weich, die Zaunpfähle muss er freilich noch setzen, und er wollte den Traktor zurückbringen. Jetzt muss er die jungen Gäule einspannen, um den Traktor rauszuziehen, und er sollte den Traktor auch noch waschen. Der Regen wird ihm dabei helfen.« Er atmete aus, und beim Atmen zitterten seine Lefzen.
»Abraham, würdest du mir einen großen Gefallen tun?« Tuckers rosa Zunge hing ein bisschen heraus.
»Wenn ich kann. Ich möchte eine Lady ungern enttäuschen. «
»Gehst du mit uns zum Räucherschuppen und untersuchst die Erde, wo der Transporter gestanden hat? Deine Nase ist besser als meine.« Tucker schmeichelte dem Bluetick, aber in der Tat waren die Nasen von Jagdhunden das Beste vom Besten.
»Oh, mit dem größten Vergnügen, wenngleich ich überzeugt bin, dass deine Nase so gut ist, wie sie nur sein kann.« Er stellte sich auf alle viere, streckte sich und begab sich zum Schuppen, froh, von Nutzen zu sein. Jagdhunde müssen sich nützlich machen, sonst versinken sie in Apathie.
Booty drehte sich um und sah die vier Tiere fortgehen.
»Abraham, Abraham, du bist so unnütz wie Titten an einem Eber«, zischte er, weil er seine Wut an irgendwem auslassen musste.
»Taub werden hat seine Vorteile.« Abraham kicherte.
Beim Schuppen angekommen, senkte er seine Nase auf die Erde und bewegte sich in kleinen Kreisen um die Stelle, wo der Transporter gestanden hatte.»Schmiere. Benzin. Also das ist seltsam. Die Pumpe ist unten beim Schuppen. Und ...« Er hob den Kopf, sog frische Luft ein, um seine Nasengänge zu säubern, senkte dann die Nase wieder auf die Erde.»Etwas, etwas, eine Chemikalie? Tucker, komm mal her.«
Tucker senkte ihre Nase ebenfalls auf die Erde; die Katzen sahen zu. Ein steifer Wind kam plötzlich auf und blies ihnen das Fell zu den Köpfen hin.
»Ist kein Dünger, riecht aber organisch. Die von Menschen gemachten Chemikalien sind scharf. Das hier ist - hmm, normal.«
Abraham tat noch einen tiefen Atemzug.»Säurehaltig. Natürlich. Ah, ich hab 's. Ja, Gerbsäure. Ja. Wird manchmal auf den Rückseiten von neuen Orientteppichen verwendet, damit sie alt aussehen. Wird auch an Fellen verwendet. Das ist es.«
»Irgendein Hinweis auf einen Menschen?«, fragte Mrs. Murphy. Sie hielt dabei den Kopf gesenkt, weil der Wind beträchtlich zunahm.
»Don.« Abraham nickte langsam.»Vermutlich hat er sich den Transporter geliehen. Aber komisch, er hat sein Auto nicht dagelassen. Ich kann mir niemand anderen mit diesem Geruch denken. Die Feuchtigkeit konserviert ihn gut. Ich weiß nicht, ob Don den Transporter gefahren hat, aber das hier ist ganz sicher Gerbsäure.«