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»Richtig.« Pewter dachte über die gesellschaftlichen und politischen Ambitionen von Mims einziger Tochter nach. »Sie ist jetzt auch noch Vizebürgermeisterin.«

Jim Sanburne, der Ehemann von Mim, Vater von Little Mim, war der Bürgermeister, seit Mitte der 1960er Jahre. Seine Tochter hatte ihn bei der letzten Stadtwahl um den Bürgermeisterposten herausgefordert, aber sie hatten einen Kompromiss gefunden, und sie war Vizebürgermeisterin geworden, von ihrem Vater ernannt, vom Stadtrat gebilligt. Hätte sie die Kampagne durchgezogen, wäre die Gemeinde geteilt gewesen. So aber blieb die Harmonie gewahrt, und Little Mim war Bürgermeister-Lehrling.

»Geh zu O'Bannon«, empfahl Don. »Da gehen Künstler hin. Nicht nur Motorfreaks. BoomBoom Craycroft ist einmal die Woche dort und sichtet Altmetall.«

»Was?«

»Sie schweißt Kunstwerke. Meint, das baut sie auf.«

»Nicht zu fassen.« Harry verzog das Gesicht. »BoomBoom kann bei keiner Sache bleiben, und jede neue Betätigung ist ihre Rettung und soll obendrein jedermanns Rettung sein. Na, wenigstens ist sie raus aus ihrer Gruppentherapiephase.«

Don wechselte das Thema. »Schon Vorbereitungen für das Hartriegelfest nächstes Wochenende getroffen? Unseren Frühjahrsritus Mitte April?«

»Nein.« Sie schürzte die Lippen. »Diese verdammte Susan. Sie löchert mich ununterbrochen.«

»Was musst du denn diesmal machen?«

»Paradekoordination.«

»Hä?«

»Das heißt, ich muss alle am Startplatz an der Crozet Highschool aufstellen, sie richtig verteilen, das Megaphon benutzen und sie in Marsch setzen. Ist ganz einfach, bis man bedenkt, wer bei der Parade mitmarschiert. Der Kampf der Egos, unsere Version vomKampf der Titanen.«

Don lachte. »Besonders BoomBoom. Dein Liebling.«

Harry musste so lachen, dass sie kaum sprechen konnte.

»Sie führt eine Delegation von Krankheit-der-Woche an. Hab vergessen, welche Krankheit.«

»Letztes Jahr war es Multiple Sklerose.«

BoomBoom Craycroft, eine schöne und ehrgeizige Frau, wählte jedes Jahr eine wohltätige Einrichtung aus. Sie führte die Gruppe dann bei der alljährlichen Parade an, eine Feier für den Frühling und für Crozet. Es war nicht nur, dass sie Gutes tun und den Kranken helfen wollte, sie wollte zudem im Mittelpunkt stehen. Sie war entschieden zu alt, um oberste Cheerleaderin der Highschool zu sein, deswegen war dies ihr Ressort.

»Wir würden sicher nicht so lachen, wenn wir die Soundso-Krankheit hätten, aber ich kann nichts dafür. Echt nicht. Ich finde, sie sollte eine Truppe für Brustverkleinerung anführen.« Harry kicherte. BoomBoom schleppte oben eine Menge Gewicht mit sich herum.

Don keuchte. »Bloß nicht.«

»Typisch Mann. Du Trottel.« Sie formte mit Daumen und Zeigefinger eine Pistole und »erschoss« ihn. Sie ging zu dem großen Tresor hinüber. »Hast du deine Millionen hier drin?«

»Nee, bloß 'ne halbe Million.« Er lachte, dann überlegte er kurz. »Gib mir zwei Wochen für den Specht. Du hast mich in einer günstigen Zeit erwischt.«

»Super.« Sie klatschte ihn auf die Hand, sammelte ihre Brut ein, um sich zu O'Bannon zu begeben. »Wir sehn uns bei der Parade.«

3

Mit Ausnahme der Autobahnen waren die Straßen in Virginia überpflasterte Indianerpfade. Sie wanden sich durch die Berge, verliefen an Flussbetten und Bächen entlang, eine Freude für diejenigen, die das Glück hatten, einen Sportwagen zu besitzen.

Harry dagegen war stolze Besitzerin von zwei Transportern. Der eine, ein F350 Kombi, war wegen des starken Motors teuer im Verbrauch, aber sie brauchte ihn, um ihren Pferdeanhänger zu ziehen. Dank eines langfristigen Darlehens konnte sie sich die Abzahlungen leisten. Sie hatte noch drei Jahre lang abzubezahlen.

Für den täglichen Gebrauch fuhr sie ihren alten 1978er Ford Halbtonner; der lief wie eine Eins und war billig zu unterhalten und zu reparieren.

Heute kurvte sie in dem alten Supermann-blauen Ford um die Anhöhen und Täler; die zwei Katzen und Tucker fuhren fröhlich in der Fahrerkabine mit und gaben Kommentare zu der sich ausbreitenden Landschaft ab.

Don Clatterbucks Werkstatt lag gleich hinter der Kreuzung von Route 240 und Whitehall Road. Das Gelände von O'Bannon's Salvage befand sich östlich der Stadt ebenfalls an der Route 240, etwas abseits der Schnellstraße versteckt, als wollte man ungemein ästhetische Seelen nicht beleidigen. Zur weiteren Förderung der guten Beziehungen zur Gemeinde hatten die Brüder O'Bannon um die vier Morgen einen hohen, stabilen Zaun gezogen, eine immense Investition. An einem schmiedeeisernen Pfosten an der Einfahrt, gleich bei dem großen Flügeltor, schwang ein großes hübsches handgemaltes Schild. Auf schwarzem Grund stand mit weißen Buchstaben »O'Bannon's Salvage« geschrieben, eine rote Umrandung vervollständigte das Schild. Was jedoch jedermann auf das Gelände der O'Bannons aufmerksam machte, war nicht das Schild, sondern die Abrissbirne, die an einem neben dem Schild aufgestellten Kran hing. Jeden Morgen öffnete Sean oder Roger das schwere Maschendrahttor und jeden Abend schlossen sie es; der Kran mit der Abrissbirne stand da wie ein skelettartiger Wächter.

Als Posthalterin von Crozet, hier geboren und aufgewachsen, kannte Harry sämtliche Nebenstraßen und auch sämtliche Bewohner. Es gab keine Abkürzung zu O'Bannon. Sie musste durch die Stadt. Don hatte ihre Neugierde geweckt. Sie wollte Seans Neuerungen sehen.

Sobald sie nach Osten abgebogen war, kam sie am Supermarkt vorbei und erspähte auf dem Parkplatz Miranda Hogendobber, ihre Mitarbeiterin und Freundin. Ihre Papiertüten mit Lebensmitteln waren auf der Kühlerhaube des Ford Falcon abgestellt, einem antiken Vehikel, das Miranda täglich benutzte, da sie keinen Grund sah, Geld für ein neues Auto auszugeben, wenn das alte noch gut fuhr.

Miranda machte einen verstörten Eindruck. Harry bog auf den Parkplatz ein, fand eine Lücke und eilte zu ihrer Freundin, die Tiere hinterdrein.

»O Harry, ich bin so froh, dass Sie da sind. Schauen Sie. Schauen Sie sich das an!« Miranda zeigte auf ihre Reifen, die Radkappen waren weg. »So etwas ist mir noch nie passiert - und das am Supermarkt.«

»Nehmen Sie's nicht so schwer, Mrs. Hogendobber.« Mrs. Murphy rieb sich an ihrem Bein, überzeugt, dass das die Dame beruhigen würde.

»Was soll das Theater wegen einer Radkappe?« Pewter hob die Schultern.

»Das Auto ist von 1961. Wie kann sie Ersatz bekommen?«, erwiderte Tucker.

»Das Auto fährt auch ohne Radkappen.« Pewter hatte Mühe die Reaktionen der Menschen zu verstehen, da sie oft fand, dass ihnen das Wesentliche entging.

»Du kennst sie doch. Alles muss so sein und nicht anders. Kein Stängelein Unkraut in ihrem Garten. Sie mag nicht mit nackten Radmuttern rumkurven, verzeih den Ausdruck >nackt<.« Murphy ging um Miranda herum und rieb sich an dem anderen Bein.

»Haben Sie den Sheriff angerufen?«

»Nein. Ich bin eben erst herausgekommen.« Niedergeschlagen trat Miranda einen Schritt zurück, um noch einmal ihre nackten Räder zu betrachten.

»Ich sag Ihnen was, Sie bleiben hier und ich laufe zur Telefonzelle.« Harry setzte sich in Bewegung, dann blieb sie stehen. »Haben Sie was, das in den Gefrier schrank muss? Ich kann's mit nach Hause nehmen.«

»Nein.«

Harry rief im Sheriffbüro an, und ehe sie auflegte, um wieder zu Miranda zu gehen, kam Cynthia Cooper, eine Polizistin vom Sheriffrevier, auf den Parkplatz gefahren.

»Das ging ja schnell.« Harry lächelte die junge, attraktive Polizistin an.

»War gleich um die Ecke bei der Feuerwache; bin zum tausendsten Mal die Paradestrecke abgefahren.«

»Schauen Sie.« Miranda zeigte auf ihr Auto, als Cynthia mit dem Notizbuch in der Hand herüberkam.