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Pewter ging nicht mit. Sie machte sich nicht viel aus Mäusefangen oder aus Roger O'Bannon. Vögelfangen, das war ihr Zeitvertreib, und sie war immer noch sauer, weil Harry den Specht für Don Clatterbucks Kunst gerettet hatte. Sie wollte die Federn rausrupfen. Ehrlich gesagt hatte Pewter noch nie einen Vogel getötet, aber sie klaubte die auf, die tot oder aus dem Nest gefallen waren. Sie riss zu gerne die Federn aus. Sie wollte keinen Vogel fressen. Pewter fraß nichts, was nicht gründlich gekocht war, ausgenommen Sushi. Das Schwirren und Flitzen der Vögel reizte sie, und sie träumte davon, den Blauhäher zu töten, der in dem Ahornbaum hauste. Eines Tages würde der arrogante Bengel zu nahe fliegen, seinen Schnabel zu voll nehmen. Sie wusste, ihr Tag würde kommen und dann würde sie seinen üblen Schmähungen ein Ende bereiten. Doch für den Augenblick war sie es zufrieden, zu Harrys Füßen zu sitzen und sich die Geschichte von den Radkappen anzuhören.

»Meine Radkappen!« Miranda griff nach dem einzigen Satz Ford Falcon-Radkappen an dem Seil.

»Hören Sie, Mrs. H. wenn Sie den Diebstahl anzeigen, muss ich die Radkappen als Beweismittel sicherstellen. Wenn Sie keine Anzeige erstatten, können Sie sie gleich an Ihren Wagen montieren«, riet Cynthia ihr.

»Nein!« Miranda schüttelte ungläubig den Kopf.

»So ist das Gesetz.«

»Wie lange wird das dauern?«

»Das hängt davon ab, ob wir den Verdächtigen finden oder nicht. Wenn wir ihn finden und es zu einer Vernehmung und dann zu einem Gerichtsverfahren kommt, kann das Monate dauern - viele Monate.« Cooper seufzte, denn die geballten Verhandlungen zermürbten sie ebenso wie ihre Kolleginnen und Kollegen. Sie dachte sich oft, dass die Menschen viel besser dran wären, wenn sie versuchten, Probleme unter sich zu lösen, statt zum Sheriff oder einem Anwalt zu rennen, damit die das für sie erledigten. Irgendwie war den Amerikanern die Fähigkeit abhanden gekommen, sich hinzusetzen und miteinander zu reden, zumindest schien es ihr so.

»Ach du liebe Zeit, was werden die Mädels in der Kirche sagen?« Es bekümmerte Miranda, sozusagen unbekleidet herumzufahren. »Hm ...«

»Vielleicht kommen wir zusammen zu einer Lösung.«

Cynthia wandte sich an Sean, der jetzt die Radkappen von dem Seil nahm. »Die nahe liegende Frage: Wer hat Ihnen die Radkappen verkauft?«

»Normalerweise kümmert Roger sich in der Firma um die Sachen, die mit Autos zu tun haben, aber er ist im Moment nicht hier«, sagte Sean. »Ich war zufällig grade draußen, als ein Bursche mit den Radkappen vorgefahren kam.«

»Kennen Sie ihn?«

»Nein. Den hab ich noch nie im Leben gesehn. Ich wusste, dass Falcon-Radkappen rar sind, deshalb hab ich fünfzig Dollar dafür bezahlt, Großhandelspreis. Ich hab sie mit hundertzwanzig ausgezeichnet und gleich an das Seil gehängt. Wenn ich mir einen Augenblick Zeit zum Überlegen genommen hätte, wäre mir vielleicht klar geworden, dass es Mirandas waren, aber der Bursche sagte, sie wären von dem Falcon seiner Großmutter, der den Geist aufgegeben hat.«

»Wie sah er aus?«

»Schmächtig. Anfang zwanzig. Rötliche Haare, eine jämmerliche Andeutung von einem Schnurrbart.« Sean protzte mit einem roten Schnauzer und einem streng gestutzten Bart von üppiger Dichte, aber die Haare auf seinem Kopf waren schwarz und lang. Er band sie im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammen, den Harry hinter seinem Rücken als Schniepel bezeichnete.

»Irgendwelche charakteristischen Merkmale? Erinnern Sie sich an seine Kleidung oder sein Auto?«

»1987er GMC-Transporter. Grau. Virginia­Kennzeichen. Ah, eine Dallas-Cowboys-Windjacke, vielleicht so alt wie der Wagen und - ja, er hatte ein charakteristisches Merkmal. Sein linkes Auge war nach unten gesackt, eine alte Verletzung. Es war halb zu, und eine schmale rote Narbe verlief von oberhalb der Braue bis unters Auge.«

»Schniefnase? Fahrig?« Cynthia versuchte ein vollständigeres Bild von dem Täter zu bekommen.

»Nein. Ruhig. Hab auch keinen Alkohol gerochen.«

Miranda zog ihr Scheckbuch hervor; Harry hielt die Radkappen, die Sean ihr gereicht hatte. Die ältere Frau kramte in den Tiefen ihrer Handtasche. »Ich hab einen Stift hier drin, ich weiß es genau.«

»Stecken Sie's weg«, schalt Sean sie milde. »Ich lasse Sie nicht bezahlen für etwas, das Ihnen gehört.«

»Aber Sie haben den Dieb bezahlt.«

»Mein Problem. Im Ernst, Miranda. Stecken Sie sofort das Scheckbuch weg.«

Cynthia überlegte kurz. »Warum machen wir's nicht so? Sie schrauben die Radkappen an Ihr Auto. Ich schreibe den Bericht und sehe zu, ob ich den Burschen finde. Wenn Rick Shaw« - sie sprach von ihrem Chef, dem Sheriff - »die Beweismittel besichtigen will, schicke ich ihn zu Ihnen. Ich sehe keinen Sinn darin, dass Ihre Radkappen beschlagnahmt werden und dann Gott weiß wie lange irgendwo rumliegen. Lassen Sie mich nur machen.«

»Ich möchte nicht, dass Sie Ärger bekommen.« Miranda wusste Cynthia Coopers Anteilnahme zu schätzen. Sie hatte sich im Laufe der letzten Jahre mit der jungen Polizistin angefreundet.

»Ein bisschen Ärger wird mir nicht schaden.« Sie lächelte.

»Mir tut diese Geschichte Leid.« Wie die meisten Menschen in Crozet hatte Sean Miranda aufrichtig gern.

»Die Zeiten ändern sich, und wie es scheint, nicht zum Besseren. Sie hatten nichts damit zu tun.« Miranda lächelte ihn an.

»Wenn Sie mich nicht mehr brauchen, gehe ich wieder ins Lager. Samstags ist immer am meisten los.« Er ging ein paar Schritte, dann blieb er stehen. »Sie kommen doch alle auf den Abbruchball, ja? Am ersten Samstag im Mai. Das ist unsere Wohltätigkeitsveranstaltung für das Projekt >Bauen für das Leben< zugunsten armer Leute, die ein Heim brauchen.«

»Das möchte ich nicht versäumen.« Cynthia klappte ihr Notizbuch zu.

»Mein Ex-Mann hat mich schon vor Monaten auf Ihren Ball eingeladen.« Harry lachte. »Es ist Abfohlzeit, und ich muss damit rechnen, dass mitten im Tanz sein Pieper losgeht. Die Risiken der Veterinärmedizin.«

Fair Haristeen, Harrys einstiger Ehemann, war ein sehr gefragter Pferdearzt. Er hatte sich eine schöne Praxis eingerichtet und eine moderne Klinik mit einem Operationssaal gebaut, »Ungeziefer ausrotten. Ha«, keckerte Pewter, die versuchte, Harry zu ihren pelzigen Freundinnen zu dirigieren.

Harry sah auf die graue Kanonenkugel von einer Katze hinunter. Sie hätte sie ja hochgehoben, aber sie hatte die Arme voll mit Radkappen.

Miranda pfiff nach Tucker.

Ein Jaulen sagte ihnen, wo Tucker war, und auch, dass der Hund keine Eile hatte, sich wieder zu den Menschen zu gesellen.

»Ich bring die Radkappen zu Ihrem Wagen, Miranda. Ich montiere sie auch, aber zuerst sollte ich lieber die zwei holen. Was dagegen?«

»Natürlich nicht. Ich nehme Ihren Samstagnachmittag in Anspruch.«

»Ich wollte sowieso hierher, ehrlich.« Harry ging flugs zu dem Falcon, der vor dem neuen Hauptgebäude parkte. Sie stapelte die Radkappen neben der Fahrertür.

»Hey, ich montiere die Radkappen. Woher wollen wir wissen, dass kein anderer sie mitnimmt oder zu verkaufen versucht?« Cynthia kam herüber. »Hol du die Mädels.«

Harry setzte Pewter in die Fahrerkabine des Transporters, vergaß nicht, das Fenster ein Stück herunterzukurbeln, auch wenn es gar nicht so warm war, nur um die elf Grad. Dann lief sie zur Werkstatt. »Tucker!«

»Ich hab 'ne Ratte!«, jubelte Tucker.

»EinRattenloch. Du musst dich schon exakt ausdrücken«, korrigierte Mrs. Murphy den Hund, doch auch sie wusste, dass eine Ratte in dem Loch war, und sie plusterte den Schwanz ein bisschen auf. Eine Ratte konnte ein furchterregender Feind sein, mit Zähnen, die ohne weiteres einen dicken Brocken Fleisch aus einem rausreißen konnten.