Выбрать главу

einen Hexenrat einberufen, dann will ich dich prüfen. Die Prüfung wird aber nicht leicht sein."

„Ich danke dir!" sagte die kleine Hexe, „ich danke dir!"

Sie versprach, bis zum nächsten Jahr eine gute Hexe zu werden. Dann schwang sie sich auf den Besen und wollte nach Hause reiten. Da aber sagte die Wetterhexe Rumpumpel zur Oberhexe:

„Willst du das kleine, freche Ding nicht bestrafen?" Bestrafe es!" hetzten die anderen Wetterhexen.

„Bestrafe es!" riefen auch alle übrigen. „Ordnung muß sein! Wer zum Hexentanz reitet, obwohl es ihm nicht erlaubt ist, der muß einen Denkzettel kriegen!"

„Wir könnten die freche Kröte zur Strafe ein bißchen ins Feuer werfen", meinte die Muhme Rum-pumpel.

„Wie wäre es", riet eine Knusperhexe, „wenn wir sie einige Wochen lang einsperren würden? Ich habe daheim einen Gänsestall, der steht leer..."

Eine Sumpfhexe sagte: „Da wüßte ich etwas Besseres! Gebt sie mir, und ich stecke sie bis an den Hals in ein Schlammloch!"

„Nein", widersprachen die Kräuterhexen, „wir sollten ihr ordentlich das Gesicht zerkratzen!"

„Das außerdem!" fauchten die Windhexen. „Aber sie muß auch gehörig Schläge bekommen!"

„Mit Weidenruten!" zischten die Berghexen.

„Nehmt doch den Besen dazu!" riet die Muhme Rumpumpel.

Der kleinen Hexe wurde es angst und bange. Das konnte ja gut werden!

„Aufgepaßt!" sagte die Oberhexe, als alle anderen Hexen gesprochen hatten. „Wenn ihr verlangt, daß die kleine Hexe bestraft werden soll..."

„Wir verlangen es!" lärmten die Hexen im Chor, und am lautesten lärmte die Muhme Rumpumpel.

„dann schlage ich vor", rief die Oberhexe, „daß wir ihr einfach den Besen wegnehmen und sie zu Fuß auf den Heimweg schicken! Drei Tage und Nächte lang wird sie zu laufen haben, bis sie in ihren Wald kommt — das reicht."

„Das reicht nicht!" schrie die Wetterhexe Rumpumpel; aber die anderen meinten, das könne man hingehen lassen. Sie nahmen der kleinen Hexe den Besen weg, warfen ihn lachend ins Feuer und wünschten ihr eine gute Reise.

Rachepläne

Das wurde ein langer, beschwerlicher Heimweg! Drei Tage und drei Nächte brauchte die kleine Hexe dazu. Mit wunden Füßen und durchgelaufenen Schuhsohlen kam sie am Morgen des vierten Tages zu Hause an.

„Daß du nur endlich zurück bist!" empfing sie der Rabe Abraxas. Er saß auf dem Schornstein des Hexenhauses und hatte besorgt nach ihr Ausschau gehalten. Als er die kleine Hexe erspäht hatte, fiel ihm ein Stein von der Rabenseele. Er spreizte die Flügel und flatterte ihr entgegen.

„Du machst mir ja schöne Geschichten!" krakeelte er. „Tagelang treibst du dich in der Welt herum, und ich sitze daheim und bin ratlos!" Er hüpfte von einem Bein auf das andere. „Wie du nur aussiehst! Von oben bis unten voll Staub! Warum humpelst du übrigens? Bist du zu Fuß gekommen? Ich dachte, du hättest den Besen mit!"

„Hatte ich", seufzte die kleine Hexe.

„Hatte ich?" krächzte Abraxas. „Was heißt das?"

„Das heißt, daß er futsch ist."

„Der Besen...?"

„ ... ist futsch", wiederholte die kleine Hexe.

Nun ging dem Raben ein Licht auf. Er legte den Kopf schief und meinte:

„Sie haben dich also erwischt? Das war ja vorauszusehen. Es hätte mich sehr gewundert, wenn sie dich nicht erwischt hätten! Aber du hast's ja nicht anders verdient."

Der kleinen Hexe war alles einerlei. Schlafen! dachte sie, schlafen! Sie humpelte in die Kammer und ließ sich aufs Bett fallen.

„He!" rief Abraxas entrüstet. „Willst du nicht wenigstens deine staubigen Kleider ausziehen?"

Aber sie schnarchte schon.

Wie ein Murmeltier schlief sie, bis weit in den anderen Morgen hinein. Als sie aufwachte, hockte Abraxas auf ihrem Bettpfosten.

„ Ausgeschlafen?"

„So ziemlich", sagte die kleine Hexe und gähnte.

„Dann wird man wohl endlich erfahren dürfen, was los war?"

„Erst frühstücken!" brummte die kleine Hexe. „Mit leerem Magen erzählen, das ist nichts."

Sie frühstückte reichlich und ausdauernd. Als sie beim besten Willen nicht weiter konnte, schob sie den Teller fort und berichtete.

„Da hast du bei allem Leichtsinn noch Glück gehabt!" sagte der Rabe zum Schluß. „Nun vergiß aber nicht, bis zum nächsten Jahr eine gute Hexe zu werden!"

„Ich werde mir Mühe geben", versprach sie. „Von nun an will ich nicht sechs, sondern sieben Stunden am Tage üben. Und außerdem werde ich noch etwas anderes tun — etwas ebenso Wichtiges ..."

„Was denn?"

Die kleine Hexe verzog das Gesicht. Sie schaute sehr grimmig drein. Dann erklärte sie, Silbe für Silbe betonend:

„Ich — wer-de — mich — rä-chen!"

„An wem?"

„An der Muhme Rumpumpel! Das Biest ist doch schuld an der ganzen Geschichte! Sie hat mich den anderen Hexen verraten, nur sie! Ihr verdanke ich's auch, daß ich wunde Füße und durchgelaufene Schuhsohlen habe! Wer hat denn die anderen gegen mich aufgehetzt? Wer hat als allererste gefordert, daß mich die Oberhexe bestrafen soll? Nicht einmal das mit dem Besen hat ihr genügt. Sie hat immer noch weitergezetert."

„Gewiß", sprach der Rabe, „das war eine ausgemachte Gemeinheit von ihr. Aber Rache nehmen...?"

„Ich werde ihr einen Schweinsrüssel anhexen!" zischte die kleine Hexe. „Und Eselsohren und Kälberfüße! Unter das Kinn einen Ziegenbart — und als Anhängsel hintendran einen Kuhschwanz!"

„Kuhschwanz und Ziegenbart?" dämpfte Abraxas. „Als ob du die alte Rumpumpel mit so etwas ärgern könntest! Sie ist eine Hexe wie du — und sie wird sich im Handumdrehen das Zeug wieder weghexen."

„Meinst du?" — Die kleine Hexe sah ein, daß mit Eselsohren und Kälberfüßen in diesem Fall nichts zu machen war, und entgegnete: „Laß mal! Mir wird schon noch etwas Besseres einfallen! Etwas, womit auch die Muhme Rumpumpel nicht ohne weiteres fertig wird. Glaubst du das?"

„Möglich", versetzte Abraxas. „Ich fürchte nur, daß du es bitter bereuen wirst, wenn du der Wetterhexe Rumpumpel was Böses antust..."

„Wie das?" rief die kleine Hexe verwundert.

„Weil du der Oberhexe versprochen hast, eine gute Hexe zu werden. Und gute Hexen dürfen nichts Böses anrichten, meine ich. Laß dir das mal durch den Kopf gehen!"

Unsicher blickte die kleine Hexe den Raben an. „Ist das dein Emst?"

„Allerdings", sprach Abraxas. „Ich würde an deiner Stelle darüber nachdenken."

Führen Sie Besen?

Was tut eine kleine Hexe, die wundgelaufene Füße hat? Sie braut eine Salbe aus Kröteneiem und Mäusedreck, rührt eine Handvoll gemahlene Fledermauszähne darunter und läßt sie am offenen Feuer gar kochen. Wenn sie die wunden Stellen mit dieser Salbe bestreicht und dabei einen Spruch aus dem Hexenbuch murmelt, heilen die Füße in wenigen Augenblicken.

„So, das hätten wir nun!" sagte die kleine Hexe erleichtert, als Salbe und Hexenspruch ihre Wirkung getan hatten.

„Brauchst du jetzt nicht mehr zu humpeln?" fragte Abraxas.

„Sieh selbst!" rief die kleine Hexe und tanzte auf bloßen Füßen durchs Hexenhaus. Danach zog sie Schuhe und Strümpfe an.

„Willst du ausgehen?" staunte der Rabe.

„Ja, du kannst mitkommen", sagte die kleine Hexe. „Ich gehe ins Dorf."

„Das ist weit", sprach Abraxas. „Vergiß nicht: du hast keinen Besen mehr, du mußt laufen!"

„Das ist es ja eben! Ich möchte nicht länger zu Fuß gehen müssen. Und weil ich nicht länger zu Fuß gehen möchte, so muß ich ins Dorf gehen."