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Nach diesen Worten blieb es in den sechs Telefonleitungen ziemlich lange still. Schließlich schnatterten und klapperten die Flamingos und Störche ungeduldig mit den Schnäbeln und fragten spitz: »Sprechen Sie noch?« »Unterstehen Sie sich, mich zu trennen!«, trompetete der Elefant. Dann brüllte er: »Paul! Theodor! Max! Reinhold! Ulrich! Gustav! Seid ihr plötzlich taubstumm geworden?« »Das nun nicht gerade«, meinte der Eisbär und wiegte nachdenklich den weißen Kopf, »es ist nur ein bisschen merkwürdig... Erst schimpfst du auf die Konferenzen, und dann...« »Paul hat ganz Recht«, schnarrte die Eule, »erst schimpfst du, und nun sollen wir selber so ein Ding abhalten!« »Hui!«, pfiff Max, die Maus. »Wir werden uns blamieren, passt auf!« »Den Teufel werden wir tun!«, donnerte Oskar. »Es liegt doch nicht an den Konferenzen, sondern an den Menschen! Habt ihr denn gar keine Selbstachtung, wie? Das wäre ja gelacht! Hört zu, ihr Angstmeier: Heute in vier Wochen versammeln sich sämtliche Abordnungen im Hochhaus der Tiere! Verständigt umgehend alle Gattungen und Arten! Termin – heute in vier Wochen! Treffpunkt – Hochhaus der Tiere! Da werden wir ja sehen, ob...«

»Die fünf Minuten sind um«, schnatterten die Telefonfräuleins im ägyptischen Hauptpostamt, »wir müssen trennen.« »Dumme Gänse«, brummte Oskar verärgert. »Gänse?«, riefen die Telefonfräuleins empört. »Erlauben Sie mal! Hier werden nur Störche und Flamingos beschäftigt!« »Dann also: Dumme Stelzfüßler!«, meinte der Elefant achselzuckend und hängte ein. Er war völlig erschöpft und musste sich die Stirn abtrocknen. (Sein Taschentuch war übrigens vier Meter lang und vier Meter breit.)

Der Nachrichtendienst klappte wie am Schnürchen. Die Hunde jagten wie der Wirbelwind durch die Städte und Dörfer. Die Wiesel raschelten durch die Gärten. Die Hirsche und Rehböcke galoppierten durch die Wälder, dass es dürre Zweige regnete. »Heute in vier Wochen Konferenz im Hochhaus der Tiere!«

Die Zebras donnerten wie ein Gewitter durch die Wüsten. Die Gazellen und Antilopen schössen wie Pfeile über die Steppen. Der Vogel Strauß und der Emu griffen aus, dass der Staub wie Wolken von der Erde aufstieg. »Heute in vier Wochen Konferenz im Hochhaus der Tiere!«

Die Rentiere trabten dampfend über die Tundra. Die Polarhunde sprangen bellend durch die Mittsommernacht. Die Möwen gellten es den Pinguinen ins Ohr: »Heute in vier Wochen Konferenz im Hochhaus der Tiere!«

Die Affen schwangen sich schreiend in den Urwäldern von Baum zu Baum. Die schillernden Käfer summten es. Die kleinen bunten Kolibris zirpten es. »Heute in vier Wochen Konferenz im Hochhaus der Tiere!«

Die Papageien und Kakadus plapperten es wie schnarrende Automaten, während sie sich in den Lianen wiegten. Die Spechte klopften es wie Morsezeichen gegen die hohlen, dröhnenden Baumstämme. »Heute in vier Wochen Konferenz im Hochhaus der Tiere!«

Die Frösche hockten aufgeplustert in den Sümpfen und Teichen und quakten die Nachricht unermüdlich in die Lüfte. »Heute in vier Wochen Konferenz im Hochhaus der Tiere!«

Die Schwalben saßen, wohin man blickte, auf den Telefondrähten der Überlandpost und meldeten die Neuigkeit in alle Länder der Erde. »Heute in vier Wochen Konferenz im Hochhaus der Tiere!«

Die Brieftauben schossen zu Tausenden über die Gebirge und Meere, und in den winzigen Kapseln, die sie am Halse trugen, stand es deutlich zu lesen: »Heute in vier Wochen Konferenz im Hochhaus der Tiere!«

Die Kängurus hüpften mit Riesensprüngen quer durch das Innere Australiens. Sie hatten, als wären sie Briefträger, die wichtige Post in ihren Beuteln. Und die Post lautete: »Heute in vier Wochen Konferenz im Hochhaus der Tiere!«

Und noch in die dämmrige Tiefe der Ozeane drang die Kunde zu den absonderlichen, fremdartigen Wesen, die dort unten hausen. Hier schrieben es die Tintenfische mit Riesenbuchstaben ins Wasser. »Heute Wochen Konferenz im Hochhaus der Tiere!«

Ja, sogar die Schnecke Minna kroch aufgeregt aus ihrem Einfamilienhaus heraus und schleppte sich, das Haus auf dem Rücken, vor lauter Atembeschwerden prustend und schnaufend, durch die Weinberge. Manchmal hielt sie inne, schnappte gierig nach Luft und rief heiser: »Heute in vier Wochen Konferenz im Hochhaus der Tiere!«

»Was erzählst du da?«, fragte der Regenwurm Fridolin, neben dem Minna zufällig verschnaufte. »Das ist ja hochinteressant!«, erklärte er ganz aufgeregt und begann sich auch schon in der Erde einzubuddeln. »Wo willst du denn so eilig hin?«, fragte die Schnecke. Fridolins Kopf war nur noch halb zu sehen. »Dumme Frage!«, brabbelte er. »Die Tiere auf der anderen Seite der Erde müssen es ja schließlich auch erfahren! Heute in vier Wochen Konferenz im Hoch...« Und schon war er verschwunden.

Ehe man sich's versah, wussten alle Tiere Bescheid, ob sie nun in der Wüste lebten oder im ewigen Eis, ob hoch in den Lüften oder auf dem Grunde des Ozeans. Sie hielten Versammlungen ab und wählten für jede Art und Gattung einen Delegierten. Es war fast wie damals vor der großen Sintflut, als Noah zu ihnen geschickt und sie gebeten hatte, paarweise in seine Arche zu kommen. Die Delegierten trafen auf der Stelle die notwendigsten Reisevorbereitungen. Reinhold, der Stier, lief zum Schuster und ließ sich die Hufe frisch besohlen.

Der Vogel Strauß ließ sich beim Friseur die Pleureusen schwungvoll ondulieren.

Der Büffel ließ sich die Stirnlocken mit der Brennschere rollen.

Und in der Nachbarkabine saß der Löwe Alois schwitzend unter der Haube, weil er für die Konferenz neue Dauerwellen haben wollte. »Diese Hitze!«, sagte er stöhnend zu dem Fräulein, das ihm währenddem die Krallen schnitt und feilte. »Die Hitze könnte mich rasend machen! Wenn ich nicht so blond wäre...« »Ich schwärme für blonde Mähnen«, meinte die Maniküre und lächelte ihn an. Daraufhin sagte Alois seinen berühmten Satz nicht zu Ende.

Der Pfau stolzierte zu einem berühmten Kunstmaler und ließ sich von ihm die Radfedern auffrischen.

Paul, der Eisbär, nahm ein heißes Bad in einem dampfenden Geysir. Er fand das fast kochende Wasser scheußlich. Aber hinterher sah er aus wie frisch gefallener Schnee, und seine Familie bewunderte ihn außerordentlich.

Oskars Frau bügelte den Sonntagsanzug ihres Mannes. Sie konnte sowieso seine zerknitterten Hosenbeine nicht leiden, und auf der Konferenz sollte er endlich einmal elegant wirken.

Oskar selber saß inzwischen beim Zahnarzt und ließ sich den linken Stoßzahn plombieren. Der Zahnarzt war ein Neger, schwarz wie Ebenholz, und hatte einen kleinen Sohn mit großen, runden Augen. »Dich nehm ich mit auf die Reise«, sagte Oskar zu dem Jungen. »Denn im Grunde halten wir ja die Konferenz nur wegen der Kinder...« »Wollen Sie bitte mal nachspülen«, meinte der Zahnarzt und hielt ihm einen Eimer voll Wasser hin.

Zu Hause packten die Tierfrauen die Koffer mit Reiseproviant voll. Und mit Wäsche und Thermosflaschen und Moos und Mais und gedörrtem Fleisch und Fisch und mit Hafer, Wabenhonig, Brathühnern und gekochten Eiern. Und dann zogen die Delegierten die Mäntel an, denn es war Zeit, zum Bahnhof zu gehen.

Es war sogar allerhöchste Zeit. Auf den Bahnhöfen in Afrika, Asien, Amerika, Europa und Australien standen schon die Schnellzüge unter Dampf. Die Lautsprecher brüllten: »Höchste Eisenbahn – alles Platz nehmen! Abfahrt zum Hochhaus der Tiere – Türen schließen!« Dann ruckten die Lokomotiven an. Oskar und Alois und Leopold und viele andere Delegierte hatten die Wagenfenster heruntergelassen und winkten mit ihren Taschentüchern. Und die Mütter mit den Elefäntchen und den anderen Tierkindern winkten zurück. »Blamiert euch nicht!«, rief Oskars Frau mit erhobenem Rüssel. »Keine Bange!«, schrie Oskar zurück. »Wir werden die Welt schon in Ordnung bringen! Wir sind ja schließlich keine Menschen!«