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Savara machte einen Schritt vorwärts, dann noch einen. Lorkin sah, wie Tyvara sich anspannte. Er drehte den Ring mit dem Lagerstein so, dass er die Finger darum legen konnte, bereit, Macht in sich hineinzuziehen, wenn er sie brauchte. Savara hielt inne.

»König Amakira«, rief sie.

Die Ashaki rührten sich nicht. Lorkin suchte unter ihnen nach dem König. Das Schweigen zog sich in die Länge.

»Ihr seid besiegt«, fuhr Savara fort. »Tretet vor, oder seid Ihr zu feige, Euer Gesicht zu zeigen?«

Jetzt waren leise Stimmen von den Ashaki zu hören, und einen Moment später sah Lorkin eine Bewegung.

»Ihr erwartet von mir, dass ich mich ergebe

Lorkin schauderte, als er die Stimme hörte. Eine Erinnerung an einen alten Mann auf einem Thron stieg in ihm auf, gefolgt von dem Palastgefängnis, dem Sklavenmädchen … Er blinzelte die Erinnerungen weg und konzentrierte sich auf das, was vor ihm passierte. Die Ashaki machten Platz, und der König trat vor.

»Wir ergeben uns keinem Verräter«, sagte er.

Während er sprach, ließ er die Hand zu seinem Gürtel sinken und schloss sie um den Griff eines Messers. Juwelen glitzerten im Sonnenlicht, als er die Klinge zog. Er streckte den Arm aus und deutete auf Savara. Dann ließ er das Messer los. Es schwebte in der Luft. Sein Arm fiel herunter.

Im nächsten Moment, in einer Bewegung, die beinahe zu schnell war, um sie zu verfolgen, drehte sich das Messer um, schoss rückwärts und bohrte sich in seine Brust.

Lorkin schnappte nach Luft und hörte Aufkeuchen überall um sich herum. Nun, das habe ich nicht erwartet, dachte er, als der König fiel und von den Ashaki hinter ihm aufgefangen und zu Boden gelegt wurde. Hat er gerade Selbstmord begangen, oder hat er einen der Ashaki gebeten …?

Die übrigen Ashaki traten hastig zurück, während helles Licht den Körper des Königs einhüllte. Ein scharfes Krachen, gefolgt von einem Tosen wie ein Feuer, das von einem Windstoß aufloderte, hallte zwischen den Gebäuden wider. Die verbliebene Macht des Königs, freigelassen, als seine Kontrolle versagte. Lorkin schauderte.

Das Licht verschwand, und alles, was übrig blieb, war Asche.

Dann begann die Luft vor Savara zu vibrieren. Lorkin sah, dass die Blicke der verbliebenen Ashaki auf sie gerichtet waren. Als sie begriffen, dass die Männer ihre Königin attackierten, griffen die Verräter an. Lorkin zuckte zusammen bei den dumpfen Geräuschen von zu Boden stürzenden Leibern und dem Brechen von Knochen, als der letzte Ashaki vor dem Ansturm fiel. Sie haben sich nicht mehr die Mühe gemacht, sich zu beschirmen. Sie haben den Rest ihrer Magie in einem letzten vergeblichen Versuch verbraucht, die Verräterkönigin zu töten und sicherzustellen, dass sie sterben würden.

Die Angriffe der Verräter endeten so schnell, wie sie begonnen hatten, und eine andere Art von Stille senkte sich herab. Eine Stille, die ebenso voller Erleichterung wie voller Entsetzen war. Savaras Schultern hoben und senkten sich, und sie neigte den Kopf. Sie schaute nicht auf oder sprach, und während sich die Zeit in die Länge dehnte, begannen die Verräter, die Stirn zu runzeln und Blicke zu tauschen. Als Tyvara vortrat, Besorgnis in den Augen, folgte ihr Lorkin, aber er blieb einige Schritte hinter ihr, bereit zu helfen.

Savara sah Tyvara an und schüttelte den Kopf. »Ashaki und Verräterinnen. Wir sind so unterschiedlich. Und doch sind wir gleich. Die Verräter sind nicht mehr. Wir werden bald zerstört haben, wogegen wir rebelliert haben. Wir sollten uns jetzt Sachakaner nennen.«

»Wir sind nicht gleich«, widersprach ihr Tyvara. »Die Ashaki sind nicht mehr.«

Savara sah Lorkin an. »Was denkt Ihr? Sind wir gleich?«

Lorkin schüttelte den Kopf. »Nein. Ja, Ihr seid entschlossen, aber das allein ist nichts Schlechtes. Nur eine stärkere Entschlossenheit, ihre Macht zu beenden, konnte die Entschlossenheit der Ashaki überwinden, an ihrer Macht festzuhalten.«

Savara zog die Augenbrauen hoch. »Eine interessante Beobachtung von einem Kyralier und ehemaligen Gildemagier.«

Er zuckte die Achseln, dann brachte er ein Lächeln zustande. »Aber erzählt mir nicht, Ihr hättet Erfolg gehabt, wo die Gilde versagt hat, bis Ihr es geschafft habt, hier für einige Jahrzehnte an der Macht zu bleiben – und bis Ihr es getan habt, ohne so skrupellos zu werden wie die Ashaki.«

Ein schwaches Lächeln umspielte ihre Lippen, dann straffte sie sich und schaute in die Runde der Verräter. »Die Schlacht ist geschlagen«, rief sie laut. »Jetzt beginnt die harte Arbeit. Ihr wisst, was zu tun ist.«

Lorkin sah erschöpfte Mienen, als der Kreis der Verräter auseinanderbrach. Die Sprecherinnen traten vor, und Savara ging auf sie zu. Die übrigen Verräter teilten sich in Gruppen auf. Lorkin, der eine Gruppe in seiner Nähe belauschte, hörte, wie die Anführerin fragte, wie viele Steine übrig waren. Während sie zählten, bat sie um einen Freiwilligen, der Nachrichten zu den ehemaligen Sklaven brachte und ihnen sagte, dass es sicher war, in die Stadt zurückzukehren.

Er spürte, wie ihm etwas in die Rippen stieß, und als er sich umdrehte, sah er, dass Tyvara mit dem Kopf auf Savara deutete. Die Königin und die Sprecherinnen gingen davon. Er lief neben ihr her, als sie ihnen folgte. Savara wird noch einige Zeit bewacht werden müssen, begriff er. Dann schüttelte er den Kopf. Irgendwie bin ich als königlicher Leibwächter geendet. Das hätte ich nie vorhergesehen.

»Es gibt viele tote Sklaven im Palast«, sagte Sprecherin Shaya. »Ich kann nicht abschätzen, wie lange es dauern wird, die Leichen wegzuschaffen. Selbst wenn wir sie heute Nacht wegbringen könnten, werden wir erst wissen, dass wir fertig sind, wenn wir alle Räume durchsucht haben.«

»Und die freien Diener?«

Shaya schüttelte den Kopf. »Die meisten haben sich uns widersetzt. Die restlichen sind geflohen.«

»Sie wurden dazu erzogen, loyal zu sein«, bemerkte Savara. »Und im Gegensatz zu den Sklaven hatten sie etwas zu verlieren. Wir hätten sie niemals für uns gewinnen können.« Sie seufzte. »Wir brauchen eine sichere Basis, von der aus wir uns organisieren können. Irgendeinen zentralen Ort. Wie wäre es mit einem dieser Häuser?«

Shaya blickte sich um. »Ich werde Mannschaften hineinschicken, die Nachforschungen anstellen.«

29

Eine neue und beängstigende Freiheit

Trotz der Art, wie die Seeleute umhereilten, schien auf einem Schiff nichts schnell zu gehen, überlegte Lilia. Aber während das Boot auf den Hafen zuglitt, sah sie Anyi an und kam zu dem Schluss, dass es ihr nichts ausmachte. Rothen hatte befohlen, dass Essen und Wasser gebracht wurden, und obwohl Anyi immer noch sehr müde war, hatte sie ein wenig Farbe bekommen und konnte sich aufrecht hinsetzen.

Anyis Gesichtsausdruck war distanziert und gequält, und Lilias Herz tat vor Mitgefühl weh, aber dann schüttelte ihre Freundin den Kopf, und ihre Züge verhärteten sich entschlossen. Sie hat mehr Selbstbeherrschung, als ich in ihrer Situation jemals gehabt hätte, dachte Lilia. Plötzlich kann ich Cery in ihr sehen. Er hatte die gleiche Angewohnheit gehabt, abgelenkt zu wirken und sich dann jäh zu konzentrieren, wurde ihr bewusst. Sie hatte einfach nicht verstanden, warum.

Er hat wahrscheinlich den Verlust seiner Familie betrauert, wenn er allein war oder mit Gol zusammen. Lilia runzelte die Stirn. Sein Verlust wird Anyi irgendwann einholen. Ich werde für sie da sein, wenn es so weit ist, selbst wenn ich mich aus der Gilde schleichen muss.

Sie beobachteten schweigend, wie die letzten Manöver unternommen wurden, um das Schiff anzulegen. Rothen stand neben dem Kapitän und unterhielt sich leise mit ihm. Die beiden Magier, die er am Hafen rekrutiert hatte, wachten über die Mannschaft von Skellins Schiff. Es hatte sie erstaunt zu sehen, dass sie seine Befehle ausführten, ohne Fragen zu stellen. Magier waren im Allgemeinen nicht so fügsam. Aber dann sah sie Respekt in ihren Mienen und erinnerte sich daran, dass Rothen nicht nur ein Höherer Magier war, sondern auch der Vormund und Lehrer von Schwarzmagierin Sonea gewesen war und keine geringe Rolle bei dem Kampf während der Ichani-Invasion gespielt hatte.