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Lilias Augen weiteten sich in gespielter Entschuldigung. »Tatsächlich, jetzt, da du Bäder und Körpergeruch erwähnst …«

Obwohl sie es offensichtlich erwartete, schaffte sie es trotzdem nur mit knapper Not, Anyis Boxhieb auszuweichen. Kichernd schlüpfte sie außer Reichweite.

6

Erlaubnis erteilt

Die beiden Männer mittleren Alters waren noch in ihrer Zelle, als Lorkin vom zweiten Tag seiner Befragung zurückkehrte, aber das Paar war nicht mehr da. Erneut hatte man ihm Wasser hingestellt, aber kein Essen. Hunger hatte es ihm schwer gemacht zu schlafen, bis er wieder nachgab und ihn mit Magie vertrieb.

Es war unmöglich zu sagen, wie spät es war. Keine Fenster ließen Licht ein, um anzuzeigen, ob Tag oder Nacht war. Lorkin musste sich auf die Routine des Vernehmers und des Beobachters verlassen, um das Verstreichen der Tage zu messen. Als er erwachte, bemerkte er, dass der Beobachter noch da war und ihn mit wachsamen Augen, aber ausdruckslosem Gesicht betrachtete. Lorkin, der mit dem Rücken zur Wand saß, unterhielt sich mit Gedankenspielen und Erinnerungen.

Ein Geräusch erregte schließlich seine Aufmerksamkeit. Schritte warnten ihn, dass jemand näher kam. Der Beobachter wandte sich ab und stand dann auf. Lorkin seufzte leise, erhob sich und machte sich für einen weiteren Tag voller Fragen und Hunger bereit. Statt des Vernehmers erschien ein Sklave, der ein Tablett mit einer Schüssel, einem Stück Brot und einem Kelch brachte. Lorkin konnte nicht umhin zu spüren, wie sein Herz vor Hoffnung heftiger schlug, während der Beobachter die Dinge untersuchte und dann vortrat, um die Tür zu seiner Zelle zu öffnen.

Der Sklave hielt den Blick gesenkt, als er eintrat, dann stellte er das Tablett auf den Boden und verließ den Raum rückwärts wieder.

Der Beobachter hielt inne, um Lorkin nachdenklich zu betrachten, nachdem er die Zelle wieder verschlossen hatte. Lorkin wartete, bis der Mann zu seinem Platz zurückgekehrt war, bevor er sich dem Tablett näherte. Er hob es auf und trug es zum anderen Ende der Zelle.

Die Schale enthielt eine kalte, undurchsichtige Suppe, der Kelch Wein. Besteck fand sich keins auf dem Tablett.

Wenn irgendetwas davon vergiftet ist, werde ich es nicht wissen, bis ich es esse. Ich musste noch nie Gift heilen. Es wird mehr von Tyvaras Macht verschlingen als ein einfaches Unterdrücken von Hunger. Sollte ich es riskieren? Ist mein Hunger schlimm genug?

Die Partikel in der Suppe setzten sich auf dem Boden ab und machten den größten Teil der Flüssigkeit durchsichtig. Aber die wachsenden Rückstände bildeten keine flache Schicht. Sie lagerten sich an etwas an, das auf dem Boden der Schale lag. Etwas Quadratisches und Dünnes. Ein Kribbeln überlief ihn.

In dem Bewusstsein, dass der Beobachter jede seiner Bewegungen registrierte, zog er eine winzige Menge Magie in sich hinein und benutzte sie, um die Partikel sanft von dem Gegenstand zu schieben. Zuerst trübte sich die Suppe beim geringsten Rühren, aber schon bald setzte sie sich ab und ermöglichte es ihm zu bestätigen, was er bereits vermutet hatte.

Bei dem Gegenstand handelte es sich um ein Stück Papier.

»Suppe kochen, um sie genießbar zu machen. Brot gut. Wein schlecht.«

Darunter war ein Kringel. Es hätte eine schwungvolle Unterschrift sein können oder hastig geschriebene Initialen, aber Lorkin erkannte ihn als eins der Codezeichen, nach denen Ausschau zu halten die Verräterinnen ihm aufgetragen hatten.

Sie wissen, dass ich hier bin, dachte er, und ihm wurde leichter ums Herz. Sie werden mich hier rausholen. Aber noch während ihm der Gedanke durch den Sinn ging, wusste er, dass er so viel nicht erwarten konnte. Das Gefängnis befand sich unter dem Palast und wurde bewacht von Ashaki und der unabhängigen, bedingungslos loyalen Palastgarde.

Es war jedoch schön zu wissen, dass die Verräterinnen versuchten, ihm zu helfen. Er zog mehr Magie in sich hinein und brachte die Suppe zum Sieden. Das erklärte dem Aufpasser zumindest, warum er die Suppe so aufmerksam angestarrt hatte. Er trank sie trotzdem langsam und achtete auf seinen Körper, für den Fall, dass die Notiz eine geschickte Lüge war. Das Brot war altbacken, also tauchte er es in die Suppe, um es aufzuweichen.

Den Wein rührte er nicht an. Würde der Vernehmer oder wer immer den Wein vergiftet hatte, sich fragen, wieso Lorkin gewusst hatte, dass er den Wein stehen lassen musste, oder würde er annehmen, dass Lorkin einfach nicht wollte, dass seine Sinne während des nächsten Treffens benebelt waren?

Nicht lange nachdem er seine Mahlzeit beendet hatte, kehrte der Sklave zurück, um das Tablett zu holen. Lorkin hielt es dem Mann hin. Der Sklave hob den Blick, um ihm in die Augen zu schauen.

»Lord Dannyl sagt, König Merin will, dass Ihr ihnen alles erzählt«, erklärte der Mann wispernd.

Lorkin nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte, und wandte sich ab, damit der Beobachter sein Lächeln nicht sah.

Als würde ich das glauben! Sie müssen mich für dumm halten, wenn sie denken, ich würde einen Befehl von irgendjemand anderem als Dannyl selbst annehmen. Und sogar dann … ich müsste in Betracht ziehen, dass man Dannyl erpresst oder bedroht hat.

Administrator Osen hatte Lorkin ebenfalls ein Codewort gegeben für den Fall, dass die Sachakaner etwas Derartiges versuchten. Nachdem er das Lächeln aus seinen Zügen verscheucht hatte, lehnte Lorkin sich wieder an die Wand und wartete auf das Eintreffen des Vernehmers und den Beginn des Verhörs für diesen Tag.

Die Speisehalle vibrierte beinahe vor Lärm, obwohl das Mittagsmahl vor einiger Zeit beendet worden war. Lilia widerstand der Versuchung, die Augen zu verdrehen, als sie die anderen Novizen betrachtete. Die plötzliche Ankündigung, dass der Unterricht am Nachmittag ausfallen würde und die ganze Gilde zu einer Versammlung zusammengerufen wurde, hatte aufgeregte Spekulationen über die Ursache des Treffens hervorgerufen.

Lilia kannte den Grund dafür bereits, aber niemand fragte sie, und sie hatte wichtigere Dinge, um die sie sich Gedanken machen musste. Wie zum Beispiel die Notwendigkeit, Cery, Gol und Anyi mit Essbarem, Lampenöl und Kerzen zu versorgen. Lilia war zu dem Schluss gekommen, dass Jonna, Soneas Dienerin, der Schlüssel dazu war. Sie musste einen Weg finden, die Frau dazu zu bewegen, mehr Vorräte in Soneas Räume zu bringen, ohne dass es verdächtig klang.

Es war leicht genug, kleine Gegenstände in die Tunnel zu schmuggeln. Die lackierten Behältnisse, die Diener benutzten, um Mahlzeiten auszutragen, konnten mit Hilfe von Magie durch die Lücke in der Wand von Soneas Zimmer hinabgelassen werden. Größere Gegenstände wie ganze Möbelstücke passten jedoch nicht in den kleinen Zwischenraum. Vielleicht konnten sie andere Eingänge zu den Tunneln benutzen. Sie hatte gehört, dass es in der Universität einige davon gab.

Selbst wenn sie einen anderen Weg hinein fand, waren die meisten Möbel in der Gilde alt und wertvoll, so dass man sie wahrscheinlich vermissen würde. Die Möbel der Diener waren vielleicht weniger kostbar, aber sie lebten und arbeiteten abseits der Bereiche, die von Magiern und Novizen aufgesucht wurden. Wenn Lilia zu den Dienstbotenquartieren hinüberwanderte oder sich auch nur in die Küche neben der Speisehalle stahl, würde sie auffallen wie – wie ihre Mutter sagen würde – »ein Prinz auf einem Bettlerball«.

Ich muss abgelegte Stücke finden, die niemand benutzt. Sie werden wahrscheinlich defekt sein, aber ich nehme an, wir können versuchen, sie zu reparieren. Wir müssen sie vielleicht ohnehin auseinandernehmen und wieder zusammensetzen, um sie in die Tunnel zu bringen. Ich müsste an Holz und Nägel herankommen – und an Werkzeug. Hm, wenn ich das tue, könnten wir vielleicht Holz hineinschmuggeln und selber Möbel bauen.

»Sieh mal, die schwarze Novizin.«

Die Worte waren unüberhörbar. Lilia schaute auf und blickte in die Augen des Sprechers. Es war Bokkin, ein hochgewachsener Novize – ein Prolli, der gern Schwächere schikanierte. Keiner der Prollis unternahm etwas dagegen, weil er den Mumm hatte, sich Schnösis ebenso vorzuknöpfen wie seinesgleichen.