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Das Geräusch von zwei Paar Schritten näherte sich ihm von hinten, und er drehte sich um. Gol verdrehte die Augen, als er die Tür sah.

»Du kannst kein Rätsel ungelöst lassen, wie?«, murrte er.

Cery zuckte die Achseln. Gol verdrehte abermals die Augen, dann trat er vor die Tür und legte die Hand auf den Griff. Er zog einmal, hielt inne, um den Mechanismus zu untersuchen, dann nahm er wieder den Griff.

»Sei vorsichtig: Du willst dir diese Wunde nicht aufreißen«, mahnte Anyi.

Gol trat von dem Griff zurück, dann blickte er sich um. Er ging ein kurzes Stück durch den Gang zurück und hob etwas auf. Als er wiederkam, sah Cery, dass es ein Ziegelstein war.

»Das wird eine Menge …«

Das Klirren, das den Gang erfüllte, als Gol auf den Mechanismus einschlug, war schmerzhaft laut.

»… Lärm machen«, beendete Anyi ihren Satz.

Aber der Schlag schien bewirkt zu haben, was Gol beabsichtigt hatte: Er hatte das Siegel des alten Öls durchbrochen. Der Griff drehte sich unter seiner Hand. Cerys Herz schlug ein wenig schneller, als die Tür aufschwang. Sie war schwer: Die andere Seite war mit dünnen Ziegelsteinen und Mörtel bedeckt. Die Tür bildete die Rückwand einer Nische.

Als das Licht der Lampen die Dunkelheit durchdrang, erhellte es alte hölzerne Schränke und Tische. Cery wurde mutlos vor Enttäuschung. Er war sich nicht sicher, worauf er gehofft hatte. Verborgene Schätze vielleicht? Ein besseres Versteck?

Sie traten in den Raum. Als das Licht aller drei Lampen den Raum ausfüllte, verdrängte Furcht Cerys früheres Gefühl freudiger Erwartung. Der Raum war sauber. Da waren weder Staub noch Schutt. Cery trat vor einen der Tische. Er war bedeckt mit kleinen Töpfen. Jeder enthielt Erde und eine winzige Pflanze.

»Sind wir in der …«, hob Gol zu sprechen an.

»Still!«, stieß Anyi hervor.

Als Cery und Gol sich umdrehten, sahen sie, dass Anyi eine schmale Treppe hinaufspähte. Sie traten näher, und als sie ebenfalls an der Treppe waren, hörten sie von oben Stimmen. Das Knarren eines Griffs, der gedreht wurde, erklang.

Ohne ein weiteres Wort flohen sie zurück in den Tunnel, und Gol zog die Tür hinter sich zu. Cerys Herz hämmerte so schnell, dass seine Brust schmerzte. Anyi drückte ein Auge gegen das Guckloch, und Gol legte ein Ohr an die Tür. Erheitert zog Cery sanft eine stumm protestierende Anyi beiseite und nahm ihren Platz am Guckloch ein.

Im Raum dahinter war es nicht länger dunkel. Etwas Helles kam die Treppe herunter. Er verspürte beinahe Erleichterung, als er eine magische Lichtkugel erscheinen sah, und im nächsten Moment tauchten zwei Magier auf: eine alte Frau und ein junger Mann.

»Was passiert da?«, murmelte Anyi.

»Magier. Sie sehen sich im Raum um. Kannst du sie hören, Gol?«

»Schwach«, antwortete der massige Mann. »Einer hat gesagt, er glaube, er habe etwas gehört. Die andere Person hat ihm recht gegeben.«

Die beiden Magier schüttelten den Kopf und gingen zu den Tischen. Der Mann griff nach einer Pflanze und stellte sie dann verärgert wieder hin.

»Die alte Frau hat irgendetwas gefragt. Der junge Mann sagt, er sei sich sicher«, vermeldete Gol. Er hielt inne, und Cery konnte das schwache Geräusch von Stimmen hören. Er bedeutete ihnen Stillschweigen, dann presste er das Ohr gegen die Tür.

»Wir sind also überlistet worden«, sagte die Frau. Sie klang nicht überrascht.

»Ja, wie Ihr es vermutet habt«, erwiderte der jüngere Magier. »Wenn Ihr dieses … dieses gemeine Gartenkraut … geraucht hättet, hättet ihr davon nichts anderes bekommen als Kopfweh.«

»Nun, wir wussten, dass es nicht leicht sein würde, an Feuel heranzukommen.«

Feuel? Cery spürte, wie etwas Heißes durch seine Adern raste. Die Gilde will Feuel anbauen?

»Wir werden es einfach weiter versuchen müssen«, fuhr die Frau fort. »Skellin muss es irgendwo anbauen – und er muss eine Menge anbauen. Irgendwann wird ihn jemand verraten, wenn wir genug Geld bieten.«

»Alles, was wir brauchen, sind einige Saatkörner.«

»Ich wünschte, wir würden auch die nicht brauchen.«

Die Stimmen wurden leiser. Cery drückte das Auge erneut auf das Guckloch und beobachtete, wie die beiden Magier die Treppen hinaufgingen und das magische Licht sich vor ihnen erhob. Als abrupt alles Licht verschwand, vermutete er, dass die Tür über der Treppe geschlossen worden war. Er entfernte sich von dem Guckloch und beschrieb Anyi und Gol, was er gehört hatte.

»Wozu will die Gilde Fäule?«, fragte Anyi, die stirnrunzelnd die Tür betrachtete.

»Vielleicht hat sie Potenzial als Heilmittel«, schlug Gol vor.

»Vielleicht«, wiederholte Cery. »Vielleicht sind jetzt mehr als nur einige wenige Gildemagier süchtig danach, und sie wollen Skellin die Kontrolle über ihre Vorräte aus der Hand nehmen.«

»Vielleicht wollen sie Skellin aus dem Geschäft drängen«, sagte Gol. »Dann, wenn sie den gesamten Handel kontrollieren, werden sie aufhören, es anzubauen.«

Anyi starrte ihn entsetzt an. »Was ist mit all den Leuten aus dem gemeinen Volk, die süchtig danach sind? Es wäre … die Leute würden verrückt werden!«

»Die Gilde hat die Unterwelt nie daran gehindert zu erwerben, was sie wollte«, rief Cery ihr ins Gedächtnis.

Seine Tochter wirkte nicht beruhigt. »Es wird niemals weggehen, nicht wahr?«, fragte sie mit großen Augen, als sie begriff. »Feuel wird uns auf ewig erhalten bleiben.«

»Wahrscheinlich«, stimmte Cery zu.

Gol nickte. »Aber wenn die Gilde etwas davon in die Hand bekommt und es studiert, werden sie vielleicht eine Möglichkeit finden, dafür zu sorgen, dass es nicht mehr so schnell süchtig macht.«

Anyi wirkte immer noch düster. »Ich schätze, als Fluchtroute ist das hier nicht besser als die Idee, in die Universität zu fliehen?«

Cery betrachtete die Tür. »Wir wissen nicht, ob die Räume über diesem Keller ständig von Magiern besetzt sind. Irgendjemand wird den Raum vermutlich bewachen, falls sie mehr Saatkörner bekommen und es noch einmal versuchen, aber das könnten auch ein oder zwei Diener sein.«

»Skellin würde uns eher dorthin folgen als in die Universität«, fügte Gol hinzu. »Also wäre es vielleicht ein guter Plan, dort unsere Falle zu stellen.«

»Könnte sein. Aber lass uns der Gilde nicht verraten, dass wir wissen, dass sie versuchen, Feuel anzubauen, bis wir unser Wissen unbedingt preisgeben müssen.«

»Böse Erinnerungen?«

Sonea sah Regin überrascht an. War es so offensichtlich? Seit die Kutsche ihren langsamen Aufstieg in die Berge begonnen hatte, hatte Sonea dunkle und düstere Gefühle beiseitegedrängt. Zuerst hatte sie sie als Erschöpfung und Sorge abgetan, aber dann sah sie irgendetwas – einen Baum oder Fels – und war davon überzeugt, dass sie ihn bereits bemerkt hatte, als sie das letzte Mal über diese Straße gereist war. Aber gewiss spielte der Verstand ihr nur Streiche. Meine Erinnerung kann nicht so gut sein.

Da sie sich nicht sicher war, ob sie Regins Frage beantworten sollte, zuckte sie die Achseln. Er nickte und wandte den Blick ab. Sie hatte zuerst gedacht, dass ihre Gespräche deshalb immer wieder verstummten, weil die Aussicht draußen ihn ablenkte. Im Gegensatz zu ihr hatte er diese Straße noch nie zuvor bereist. Jetzt fragte sie sich, ob das Schweigen ihre Schuld war. Ihr war schon seit einer ganzen Weile nicht mehr nach Reden zumute.

Ist das die Stelle, wo wir haltgemacht haben? Eine Lücke hatte sich zwischen den Bäumen aufgetan und entblößte Felder und Wege, die sich bis in die Ferne erstreckten, geteilt von Flüssen, Straßen und anderen von Menschen gemachten Begrenzungen. Die Bäume wirkten jedoch klein. Gewiss wären sie in den letzten zwanzig Jahren größer geworden. Aber Gegenstände neigen dazu, in unserer Erinnerung größer zu sein. Obwohl … ich dachte, das gelte nur für Gegenstände, die man aus seiner Kindheit in Erinnerung hat, weil man damals kleiner war.