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Einen Blutstein! Lilia verkniff sich ein Lächeln; sie wollte nicht zu erpicht erscheinen, mehr über etwas zu lernen, was einst verbotene Magie gewesen war. Sie erhob sich, als Kallen aufstand, und folgte ihm zur Tür.

»Soll ich Euch hier treffen?«, fragte sie.

Er nickte und deutete auf den Flur. »Ja. Dann bis morgen.«

Sie verneigte sich und machte sich auf den Weg zu den äußeren Räumen der Universität und zu ihrer nächsten Unterrichtsstunde, außerstande, ein Gefühl der Erregung zu unterdrücken.

Zum ersten Mal fühlt sich die Kenntnis von schwarzer Magie nicht wie eine … eine Strafe an – oder eine Krankheit. Die Gilde will, dass ich sie erlerne. Und es ist tatsächlich interessant.

Während die Morgensonne höher stieg und heller wurde, begannen die Farben des Ödlands zu verblassen. Sonea schlang die Hände um ihre Knie und erinnerte sich sehnsüchtig daran, dass sie früher einmal in der Lage gewesen war, die Knie ganz anzuziehen. Es war lange her, seit sie so biegsam gewesen war. Das Leben als Magierin – und das Tragen schwerer Roben – verlangte im Allgemeinen eine würdevollere Position, wenn man sich hinsetzte. Es waren kleine Verluste wie dieser, die ihr sagten, dass sie älter wurde.

Regin stand auf und ging zu ihren Reisebündeln, die ein wenig leerer aussahen als noch vor zwei Tagen, als sie am Abend am Treffpunkt der Verräter eingetroffen waren.

Ich habe die Anweisungen streng befolgt, sagte sie sich. Sie haben absolut Sinn ergeben. Regin stimmt mir zu. Wir müssen dort sein, wo wir sein sollten.

Und doch waren noch keine Verräter erschienen.

Sie schaute nach rechts, wo das Gebirge im Südwesten aufragte. Als sie und Akkarin zwanzig Jahre zuvor Sachaka betreten hatten, waren sie in diese Richtung gereist. Über die Hänge der Berge ohne Vorräte, ohne Heimat und gejagt von Ichani. Diesmal reisten sie und Regin nach Nordwesten, immer noch durch die raue Berglandschaft, aber mit reichlich Nahrungsvorräten; sie brauchten sich nicht um Ichani zu sorgen und hatten zu Hause eine Gilde, die darauf wartete, sie willkommen zu heißen.

Erstaunlich, welchen Unterschied einige grundlegende Dinge machen und der Umstand, dass man nicht um sein Leben zu fürchten braucht.

Trotzdem war das Ödland rau. Unter ihnen gingen die felsigen Hänge in Dünen über, die sich endlos bis zum Horizont hinzogen. An ihrem ersten Tag hier hatten sie beobachtet, wie im Norden ein Sandsturm über das Land getobt und alles in seinem Weg unkenntlich gemacht hatte. Sie hatten befürchtet, dass sie dem Sturm würden trotzen müssen, aber er war erstorben, als er auf die nördlichen Berge getroffen war. Sonea wandte sich nach links und betrachtete die Gipfel, die sich in gestaffelten Ketten bis in die Ferne erstreckten und die blasser wurden, je weiter sie weg waren.

Irgendwo hinter ihnen liegt das Sanktuarium, die Heimat der Verräterinnen. Nach allem, was Lorkin sagt, waren sie viel freundlichere Gefängniswärter als König Amakira.

Nicht dass irgendjemand ihr beschrieben hätte, wie Lorkins Gefangenschaft im Palast ausgesehen hatte. Sie war beinahe froh, dass sie nicht in der Lage gewesen war, durch ihren Blutstein seine Gedanken zu lesen. Sie schwankte zwischen dem Wunsch, alles zu wissen, und dem Gedanken, dass es vielleicht besser war, wenn sie es nie erfuhr. Wenn er gelitten hatte, war sie sich nicht sicher, was sie fühlen oder tun würde, aber sie war sich sicher, dass es nichts Gutes sein würde.

Er ist jetzt frei. Frei und lebendig. Ich muss aufpassen, dass nichts, was ich tue, daran etwas ändert.

»Sonea.«

Sie riss den Blick von der Aussicht los und drehte sich zu Regin um. »Ja?«

Er deutete auf die Taschen. »Sollen wir das Essen weiter rationieren?«

Sie nickte. Er fragte mehr als nur das, das wusste sie. Er fragte, ob sie hierbleiben oder aufgeben und bald in die Festung zurückkehren sollten. Wir könnten jagen, um uns mit Nahrung zu versorgen, wie Akkarin und ich es getan haben. Erinnerungen an eine Mahlzeit stiegen in ihr auf, gekocht und gegessen in einem kleinen, verborgenen Tal. Sie lächelte, als sie daran dachte, was an diesem Ort sonst noch passiert war.

»Zumindest haben wir jede Menge Wasser«, fuhr Regin fort und wandte sich um, um die Quelle zu betrachten. »Und es ist jetzt sauber.«

Sie folgte seinem Blick. Das Wasserrinnsal sickerte durch einen Riss in dem felsigen Boden und sammelte sich in einem kleinen, glatten Teich, bevor es in einen winzigen Bach überfloss. Das Wasser hatte offensichtlich Tiere angelockt. Als sie angekommen waren, hatten sie Vogelkot wegwaschen müssen. Der Bach war nicht lang und wurde von einer Felsspalte in dem steinigen Boden verschluckt.

Wenn wir uns verstecken, werden vielleicht Vögel kommen, um zu trinken. Wir könnten sie fangen und essen.

Sie stand auf, ging zu dem Teich hinüber und betrachtete ihn. Offensichtlich hatte das Ödland ein wenig Wasser, aber selbst hier, direkt an der Quelle, war kein Leben. Sie hockte sich daneben und tauchte die Hand in den Teich. Dann konzentrierte sie sich und suchte nach der Energie, die von den allgegenwärtigen, winzigen Lebensformen darin kam.

Nichts.

Sie runzelte die Stirn. Als sie angekommen waren, hatte sie überprüft, ob das Wasser gefahrlos zu trinken war. Trotz des Vogelkots war das Wasser rein gewesen. Was … seltsam war.

Vielleicht ist kurz vor unserer Ankunft ein Verräter vorbeigekommen und hat alle Energie herausgezogen. Je kleiner und einfacher ein Lebewesen war, desto schwächer war seine natürliche Barriere gegen magisches Eindringen. Selbst Bäumen konnte man Magie abziehen, ohne ihre Borke zu zerschneiden, obwohl die Magie langsam kam und es nie so viel war wie bei einem Tier oder einer Person.

Das Töten der kleinen Lebensformen macht das existierende Wasser trinkbar, aber das Süßwasser sollte schnell zusätzliche winzige Lebensformen anziehen. Sie streckte die Hand nach dem Rinnsal aus, das den Teich speiste. Dann schöpfte sie etwas Wasser und konzentrierte sich abermals.

Dort. Wie winzige Nadelstiche aus Licht.

Sie ließ das gesammelte Wasser in den Teich fallen. Es konnte nur eine Erklärung geben. Irgendetwas tötete alles Leben, sobald es in den Teich gelangte.

Ihr Magen krampfte sich in jäher Furcht zusammen. War der Teich vergiftet? Sie hatten seit einigen Tagen davon getrunken. Was konnte kleine Lebensformen sofort töten, sich aber nicht auf Menschen auswirken?

Das Becken war glatt. Es konnte von der Zeit geformt worden sein, von Menschen oder von Magie. Als sie wieder in das Wasser griff, strich sie mit der Hand langsam über die Oberfläche des Steins. Sie erwartete nicht, etwas zu spüren. Wenn man Gift innerhalb eines Körpers aufspüren musste, suchte man nach dessen Wirkung – das Gift selbst war kaum wahrnehmbar. Ihre Finger trafen auf einen Höcker in der Oberfläche. Sie erkundete ihn mit den Fingerspitzen, dann sandte sie ihren Geist aus.

Etwas zupfte an ihren Sinnen. Sie zog ein wenig Magie in sich hinein und ließ sie aus ihren Fingern sickern. Sie wurde sofort abgesaugt.

Ihr Blut wurde kalt.

Sie richtete sich auf und starrte den kleinen Höcker in der ansonsten glatten Oberfläche der Senke an. Es ist nicht Teil des Felsens. Wenn es tut, was ich denke, ist es dort angebracht worden, um das Wasser zu reinigen. Aber wenn es tut, was ich denke …

»Regin.«

Sie spürte die Kühle seines Schattens auf ihrem Rücken.

»Ja?«

»Könntet Ihr mir ein Messer geben oder etwas anderes zum Meißeln?«

»Warum benutzt Ihr keine Magie? Oh … natürlich. Ihr wollt sie nicht verbrauchen.«

Er ging zu den Bündeln. Während er beschäftigt war, zog sie Magie in sich hinein und benutzte sie, um das Wasserrinnsal von dem Teich wegzuleiten. Dann leerte sie den Teich mit einer kurzen Kraftanstrengung. Die Oberfläche begann sofort zu trocknen, und als Regin zurückkam, war der Höcker als ein dunklerer Fleck im Stein zu sehen.