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»Ich denke, meine Freundinnen kennen vielleicht einige Händler, die nach Osten reisen.«

»Könntet Ihr sie für mich fragen?«

Sie nickte. »Das mache ich. Aber … glaubt Ihr, dass die Möglichkeit besteht, dass die Ashaki die Verräter bald angreifen? Oder dass die Verräter die Ashaki angreifen?«

Dannyl blinzelte angesichts des plötzlichen Themenwechsels. »Warum? Habt Ihr Gerüchte gehört?«

»Nichts Konkretes. Aber meine Freundinnen diskutieren oft über die Möglichkeit, und König Amakira war so entschlossen, Informationen aus Lorkin herauszuholen.«

Dannyl gefror das Blut in den Adern. Und Lorkin könnte ihm diese Informationen gegeben haben. »Ich weiß es nicht.«

»Es wäre eine Ironie, wenn die Verräter tatsächlich angriffen und die Ashaki besiegten. Alle Bemühungen des Königs und Lorkins Weigerung zu sprechen werden umsonst gewesen sein, denn es wird keine Rolle mehr spielen, ob der Standort des Sanktuariums offenbart wurde.«

Dannyl schüttelte den Kopf. »Sie werden nicht angreifen. Es wäre ein zu großes Risiko. Was, wenn sie scheiterten? Sie würden alles verlieren.«

Merria nickte. »Ihr habt natürlich recht. Wie dem auch sei, ich schätze, Ihr werdet jetzt weitere Kopien von Euren Notizen anfertigen. Lasst es mich wissen, wenn Ihr Hilfe braucht. Ich werde morgen eine Kopie zu meinen Freundinnen bringen, wenn Ihr sie bereit habt.«

»Danke.«

Als sie den Raum verlassen hatte, gingen Dannyl ihre Worte noch einmal durch den Sinn: »… wird es keine Rolle mehr spielen, ob der Standort des Sanktuariums offenbart wurde.« War das der Grund, warum Lorkin nachgegeben und dem König gesagt hatte, was er wissen wollte? Aber das würde bedeuten …

Schaudernd zog Dannyl die beiden Notizbücher mit seinen Forschungsergebnissen hervor und dazu ein leeres und begann eine weitere Kopie anzufertigen.

Regin bemerkte die Verräter als Erster. Von ihrem Ausguckspunkt beobachteten er und Sonea, wie die kleine Gruppe zwischen den Dünen und felsigen Hügeln hindurchging und ihre Schatten länger wurden, während die Nachmittagssonne sank. Der kühle Schatten der Berge wuchs in die Höhe, und nachdem sie ihn erreicht hatten und sich die Abenddämmerung übers Land gelegt hatte, wurde es langsam schwieriger, die Gestalten auszumachen. Schon bald waren kleine Lichtpunkte zu sehen, dicht am Boden und immer näher. Als schließlich Geräusche das Erscheinen der Fremden ankündigten, ließ Sonea Osen wissen, dass sie gleich ankommen würden, dann stand sie auf und machte sich bereit, sie zu begrüßen.

Die erste Person war eine Frau, die sich mit der würdevollen Haltung einer Anführerin bewegte, was sie größer erscheinen ließ, obwohl sie ungefähr so groß war wie Sonea. Ihre Gesichtszüge waren so sachakanisch, dass Sonea für einen kurzen Moment das Blut in den Adern gefror. Sie hatte die gleiche breite Stirn, die hohen Wangenknochen und die schrägen Augen wie die Ichani, die Kyralia überfallen hatten. Aber jene Männer und die einzige Frau unter ihnen waren schwerer gebaut gewesen. Die Verräter waren kleiner und anmutiger.

Wenn sie richtig vermutet hatte, war die erste Frau Savara, die Königin. Die Frau war nicht anders gekleidet als der Rest der Gruppe. Alle zwölf hatten ein Bündel bei sich und trugen schlichte Kleidung. Acht Frauen und vier Männer. Soneas Blick glitt zu dem größten der Männer, und ihr Herz machte einen Satz. Lorkin!

Er lächelte, als sie ihn sah. Sie widerstand dem Drang, loszulaufen und ihn zu umarmen, weil sie sich Sorgen machte, dass jede Bewegung in Richtung der Verräter sie dazu bringen könnte, abwehrend zu reagieren. Und Lorkin würde es vielleicht nicht schätzen, wenn sie sich vor diesen Menschen übermäßig zärtlich zeigte.

Also zügelte sie sich und begnügte sich damit, ihn genau anzusehen. Er wirkt gesund, wenn auch müde. Die Art, wie er die Frau an seiner Seite betrachtete und dann wieder zu Sonea hinüberschaute, machte klar, dass dies Tyvara war, die Verräterin, die ihm das Leben gerettet hatte. Die Frau, für die er bereit gewesen war, sich im Sanktuarium einsperren zu lassen.

Sie ist sehr attraktiv, dachte Sonea. Die junge Frau erwiderte Soneas Blick mit Neugier und einem Anflug von Berechnung. Zweifellos schätzt sie mich genauso ab wie ich sie. Das war jedoch nicht alles, was Sonea in ihrem Benehmen wahrnahm. Es war nicht direkt Selbstbewusstsein. Mehr eine grimmige Entschlossenheit. Dieses Mädchen hat viel mehr gesehen als jede Kyralierin in ihrem Alter. Ich würde wetten, dass sie auch mehr erlebt hat … Natürlich, sie hat sich als Sklavin ausgegeben, als sie Lorkin gerettet hat, und das bedeutet gewiss, dass sie eine Menge Schmerz und Demütigung erdulden musste.

Sonea wandte den Blick von Tyvara ab und sah wieder die Anführerin an, die ihr Tempo verlangsamte, als sie die letzten Schritte auf Sonea und Regin zumachte. Als sie stehen blieb, folgten die anderen hinter ihr ihrem Beispiel.

»Schwarzmagierin Sonea?«, fragte sie und lächelte Sonea an.

Sonea nickte. »Ja.«

»Ich bin Savara, Königin der Verräterinnen.« Sie drehte sich um, um die übrigen Mitglieder ihrer Gruppe vorzustellen. Keiner hatte einen Titel. Nun, Lorkin hat gesagt, dass sie alle gleich behandeln – zumindest dem oberflächlichen Anschein nach. »Euren Sohn brauche ich Euch natürlich nicht vorzustellen«, kam Savara schließlich zum Ende. »Es ist mir ein Vergnügen, Euch und Euren Sohn wiederzuvereinen und Euch endlich kennenzulernen.«

»Das Vergnügen ist ganz meinerseits, Euer Majestät«, erwiderte Sonea. Dann deutete sie auf Regin. »Dies ist Lord Regin, mein Assistent.«

Regin neigte den Kopf. »Es ist mir eine Ehre, Euch kennenzulernen, Königin Savara, Euch und Eure Leute.« Er legte eine Hand aufs Herz. Savaras Augenbrauen zuckten in die Höhe, dann neigte sie anmutig den Kopf.

»Wir wollen uns setzen.« Sie deutete auf den flachen Boden neben der Quelle. »Wir sind einen weiten Weg gegangen und brauchen Ruhe, um zu essen und zu trinken.«

Sie drehte sich um und nickte den anderen zu, von denen einige an ihr vorbei auf die Quelle zugingen. Sonea dankte im Stillen Regin, der daran gedacht hatte, den Edelstein in den Teich zurückzulegen. Osen hatte vorgeschlagen, dass sie das Wissen um die Edelsteine für sich behalten sollte, es sei denn, es ließe sich ein Vorteil daraus gewinnen.

Die Gruppe begann, Bündel abzulegen. Sie bildeten einen Kreis und ließen eine Lücke für Sonea und Regin. Lorkin setzte sich neben Sonea, und Tyvara nahm auf seiner anderen Seite Platz. Irgendjemand schuf eine kleine Lichtkugel und ließ sie in der Mitte leuchten, direkt über dem Boden. Essen wurde gebracht und in die Mitte gestellt. Es bestand aus schlichter Reisekost: hartem, flachem Brot, getrocknetem Fleisch, Obst und Nüssen.

Sonea nahm die Reste ihrer eigenen Vorräte heraus – Pachi-Früchte, Getreide und getrocknete Bohnen, die man in Wasser kochen konnte, Gewürze, Sumi und harte Süßigkeiten – und bot sie an. Sie wurden ohne ausgesprochenen Dank entgegengenommen, aber mit anerkennendem Nicken und Lächeln. Sie beobachtete fasziniert, wie einer der Männer eine Metallscheibe mit einem Edelstein in der Mitte auf einen flachen Felsen legte, den Stein berührte und dann einen breiten Topf voller Wasser darauf stellte. Schon bald kochte das Wasser, und er gab das Getreide und die Bohnen hinein. Offensichtlich ist es Männern nicht verboten, Magie zu benutzen. Das bedeutet, dass ihr Gesetz dagegen, dass Männer Magie erlernen, nicht so restriktiv ist, wie es auf den ersten Blick scheint, obwohl sie es trotzdem den Frauen überlassen, die Steine herzustellen. Ich frage mich, ob sie eine Erlaubnis brauchen, sie zu benutzen.

Einer der Verräter untersuchte erstaunt den Beutel mit Sumi-Blättern.