»Sie sind für ein heißes Getränk«, erklärte Sonea. »Ich werde es später zubereiten.«
»Wie Raka?«, fragte einer von ihnen.
Sonea schüttelte den Kopf. »Die gleiche Idee, eine andere Pflanze.« Die Vorräte, die man ihnen im Fort mitgegeben hatte, hatten keinen Raka beinhaltet.
»Wir haben Raka.«
Sonea richtete sich auf. »Tatsächlich?«
Savara lachte leise. »Es ist ein gutes Getränk als Begleitung zu einem Gespräch. Oder zu einer Verhandlung.«
Das Essen wurde herumgereicht, und jeder nahm sich eine Portion. Sonea fügte den Bohnen und dem Getreide Gewürze hinzu, als sie fertig waren. Die Verräter hatten eine besondere Vorliebe für die Süßigkeiten. Savara bereitete eine Kanne Raka zu, und überraschend kleine Tassen wurden herumgereicht, damit sie sie füllte. Soneas eigener Becher kehrte kaum halb voll zu ihr zurück, aber als sie daran nippte, begriff sie, warum das so war. Der Raka war so stark, dass er wie Sirup war, und nach wenigen Schlucken hatte sie das Gefühl, als summten ihre Ohren.
Jeder der Verräter, der seine Tasse bekam, stand auf und ging davon, bis nur noch Savara übrig blieb. Es war jetzt vollends Nacht, und mehr Lichtkugeln erschienen, während diejenigen, die gegangen waren, sich in einer Entfernung von einigen Schritten in kleineren Gruppen versammelten. Savara kam näher, so dass sie einen kleineren Kreis bildeten.
»Wir sind später eingetroffen, als wir gehofft hatten, und Ihr müsst begierig darauf sein, nach Kyralia zurückzukehren, also lasst uns ohne Verzögerung beginnen.« Sie sah Lorkin an. »Es war der Wunsch unserer verstorbenen Königin, Zarala, dass Lorkin heute die Verhandlungen führt. Seid Ihr damit einverstanden?«
Sonea blickte ihren Sohn an, der den Eindruck machte, als halte er ein Grinsen zurück. »Ja, Euer Majestät. Ich habe den Blutring von Lord Osen dabei, dem Administrator der Gilde. Habt Ihr etwas dagegen, wenn ich ihn trage?«
»Nein.« Savara sah Lorkin an. »Beginnt, Lord Lorkin.«
Sonea streifte Osens Ring über.
– Osen?
– Sonea.
– Wir werden jetzt mit den Verhandlungen beginnen.
Lorkin holte tief Luft. »Königin Zarala hat mich gebeten, ein Treffen zwischen den Verrätern und den Verbündeten Ländern zu arrangieren, um ein Bündnis auszuhandeln.«
Sonea nickte. »Über welche Art von Bündnis reden wir? Ist es der Wunsch der Verräterinnen, sich den Verbündeten Ländern anzuschließen? Das verlangt eine Anerkennung der vereinbarten Kernregeln, die für alle gelten, mit einigen Besonderheiten für jedes Land.«
»Was sind das für Kernregeln?«, hakte Savara nach.
»Kein Angriff auf andere Länder des Bündnisses. Befolgung einer Reihe von Gesetzen zum Handels- und Strafrecht sowie zur Magie. Militärische Unterstützung zur Verteidigung der Verbündeten Länder. Ein Verbot der Sklaverei.«
»Dem ersten und letzten Punkt stimmen wir von ganzem Herzen zu.« Savaras Lippen wurden schmal. »Was ist mit den Gesetzen, von denen Ihr sprecht?«
Sonea listete sie mit Osens Hilfe auf. Savara hörte zu und nickte von Zeit zu Zeit. Als Sonea fertig war, verschränkte die Königin die Finger.
»Einige dieser Gesetze sind unseren eigenen ähnlich, andere nicht. Es ist Eure Kontrolle von Magiern, gegen die meine Leute vielleicht Einwände hätten. Vor allem Eure Einschränkungen, was das Wissen um und die Benutzung von Höherer Magie betrifft …«
»Ihr habt Einschränkungen, mit denen wir ebenfalls nicht einverstanden sind. Ich glaube, Magie wird nur weiblichen Verrätern beigebracht, es sei denn, der Mann ist ein natürlicher Magier.«
»Ja, aber auf dem Geschlecht beruhende Einschränkungen sind in den Verbündeten Ländern bereits akzeptiert. Das Volk der Lonmar unterrichtet nur Männer in Magie. Wenn das Bündnis ihre Traditionen berücksichtigt, könnte es nicht auch unsere berücksichtigen?«
»Wahrscheinlich. Schwarze Magie dagegen ist eine schwierigere Frage.«
Savara lächelte und deutete auf Sonea. »Und doch hat die Gilde Schwarzmagier.«
»Nur so viele, wie unserer Meinung nach für unsere Verteidigung notwendig sind.«
Der Gesichtsausdruck der Königin wurde ernst. »Denkt Ihr wirklich, drei sind genug?«
Sonea hielt dem Blick der anderen Frau stand. Dies war nicht die Zeit, um Zweifel einzugestehen.
»Ja.«
Savara zog die Augenbrauen hoch. »Ich hoffe, dass es niemals zu einer Situation kommt, die dies auf die Probe stellt. Meine Leute wären nicht glücklich darüber, ihre Sicherheit in die Hände einiger weniger zu legen. Wir werden keinem Bündnis zustimmen, das von uns verlangt aufzuhören, unsere Töchter in Höherer Magie zu unterrichten.«
»Das haben wir erwartet.« Sonea lächelte, während der Blick der Königin sich schärfte. »Wir sind bereit, im Fall der Verräter eine Ausnahme zu machen, unter bestimmten Bedingungen.«
»Was sind das für Bedingungen?«
»Ihr habt keine Einwände gegen unser Gesetz erhoben, dass alle Magier von der Gilde ausgebildet werden«, erklärte Sonea.
»Nein.« Savara wirkte erheitert. »Es wäre eine Chance, die abzulehnen töricht von uns wäre.«
»Die Bedingung ist folgende: Eure Magier dürfen schwarze Magie erst erlernen, nachdem sie ihren Abschluss gemacht haben, und die Unterweisung in schwarzer Magie muss durch die Verräter erfolgen, in Sachaka.«
Eine kleine Linie erschien zwischen Savaras Brauen. Dann nickte sie langsam. »Das könnte akzeptabel sein.«
»Natürlich wird König Amakira, wenn er von einer Übereinkunft zwischen uns erfährt, uns beiden Probleme machen. Er wird versuchen, Eure Novizen daran zu hindern, uns zu erreichen.«
Savara machte eine wegwerfende Handbewegung. »Oh, das wird kein Problem sein.«
»Sobald sie in Kyralia sind, wird es schwerer sein zu verbergen, was geschieht. Wir könnten sie als Elyner ausgeben.«
»Das wird nicht notwendig sein.«
– Sie scheint mir in dieser Hinsicht ein wenig zu selbstgewiss zu sein, bemerkte Osen.
– In der Tat.
»Vielleicht glaubt Ihr, dass König Amakira keine Gefahr für Euch ist, weil er nicht weiß, wo das Sanktuarium liegt, aber wenn Ihr wollt, dass die jungen Frauen, die Ihr uns zur Ausbildung schickt, sicher sind, solltet Ihr Euch besser daran erinnern, dass er durchaus weiß, wo Imardin liegt«, warnte Sonea.
Savara lächelte. »Es wird keine Notwendigkeit für Heimlichtuerei geben. Bis wir bereit sind, Magierinnen zur Gilde zu schicken – falls wir uns dafür entscheiden –, werden König Amakira und die Ashaki kein Problem mehr darstellen.«
Sonea hörte, wie Regin nach Luft schnappte. Sie starrte die Königin an. Ein Schauder überlief sie, gefolgt von einem Stich der Furcht.
– Sie haben die Absicht, die Ashaki anzugreifen!, rief Osen aus.
Savara beugte sich vor. »Ihr sagtet, ein Bündnis schlösse militärische Unterstützung zur Verteidigung der Verbündeten Länder ein. Ich schätze, dass offensive militärische Unterstützung eine andere Frage ist. Trotzdem, Ihr seid alte Feinde des sachakanischen Reiches. Daher lade ich die Verbündeten Länder ein, sich uns anzuschließen bei dem Versuch, Sachaka von den Ashaki und der Sklaverei zu befreien. Ihr werdet vielleicht nicht in der Lage sein, viele Kämpfer anzubieten, da so wenige von Euch Höhere Magie erlernen, aber Eure Stärke und Eure Fähigkeiten als Heiler wären von unschätzbarem Wert.« Sie lehnte sich wieder zurück. »Werdet Ihr uns helfen?«
17
Ein Eingeständnis
Lorkin beobachtete seine Mutter genau. Obwohl ihr Blick noch immer auf Savara ruhte, schien sie eher durch die Königin hindurchzusehen. Er betrachtete den Ring an ihrem Finger. Sie unterhielt sich mit Osen. Er bemerkte einen weiteren Ring, den er zuvor nicht gesehen hatte. Auch dieser Ring war mit einem Edelstein versehen, aber die Fassung war dekorativ und deutete an, dass es bloßer Schmuck war.