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Ein Schauer überlief sie, und sie verlangsamte ihre Schritte.

Sie erkannte einige von ihnen; es waren Freunde von Bokkin. Zwei traten beiseite. Zuerst nahm sie an, dass sie es taten, um sie durchzulassen, aber ein vertrauter Schläger füllte die Lücke. Er grinste sie an, als sie sich der Treppe näherte.

»Was hast du hier zu suchen, Lilia?«, fragte er. »Der Ausguck liegt in dieser Richtung.« Er zeigte den Hügel hinauf.

Einige der Novizen kicherten. Sie kamen näher. Lilia würde sich durch sie hindurchzwängen oder um sie herumgehen müssen.

»Wir werden dich nicht hineinlassen«, erklärte Bokkin.

Lilia verkniff sich ein Lächeln. Idiot. Es ist so offensichtlich, was sie tun, er hätte es nicht laut auszusprechen brauchen. Und jetzt können sie nicht mehr so tun, als hätten sie nichts falsch gemacht.

Sie ging die ersten Stufen hinauf und blieb stehen.

»Seid ihr euch sicher?«, fragte sie und sah einem Novizen nach dem anderen in die Augen. »Schwarzmagier Kallen ist dort drin und wartet darauf, mich alle möglichen Geheimnisse zu lehren, die die schwarze Magie betreffen. Er wird vielleicht nicht allzu glücklich darüber sein, wenn ihr mich daran hindert, rechtzeitig zu seinem Unterricht zu erscheinen.«

Einige der Novizen runzelten die Stirn und tauschten zweifelnde Blicke.

»Kallen kann dich auch nur dazu bringen, so zu tun, als kämpftest du mit schwarzer Magie«, stellte Bokkin fest. »Mehr lernst du doch nicht. Du hast noch nicht einmal deinen Abschluss gemacht.«

»Ich habe gehört, dass du deinen Abschluss auch nicht mehr machen wirst«, fügte eines der Mädchen in Bokkins Nähe hinzu. »Es heißt, sie würden es dir nicht erlauben. Du wirst für immer eine Novizin sein.«

Lilia zuckte die Achseln. »Ich werde nächstes Jahr meinen Abschluss machen. Ich habe mehr zu lernen als der durchschnittliche Novize.« Um sicherzustellen, dass die Andeutung ankam, griff sie in ihre Robe und zog das kleine, schmale Messer hervor, das sie auf Kallens Empfehlung hin gekauft hatte. Sie hatte sich gefragt, warum er darauf bestanden hatte, dass sie eines brauche würde, obwohl sie doch schwarze Magie gar nicht benutzen sollte, und sie hatte den Verdacht, dass er nur ihren Kauf begutachten wollte. Er hatte ihr gesagt, dass sie etwas Schlichtes kaufen solle, das jedoch von guter Qualität war. Etwas Kultivierteres als ein Küchenmesser, aber nichts so geschmacklos Protziges wie die Messer, die die Sachakaner trugen. Sie hatte sich mit einigen Messerherstellern getroffen und ein elegantes, schlankes Messer mit einer Klinge ausgewählt, die sich nahtlos in einen Griff aus Ebenholz und Silber klappen ließ.

Sie unterdrückte ein Lachen, als mehrere der Novizen nach Luft schnappten. Aber sie konnte nicht einfach dastehen und mit einem Messer wedeln. Wenn ein Magier sie sah, würde sie genauso großen Ärger bekommen wie die anderen Novizen. Vielleicht mehr. In ihrer Tasche, unter den Büchern und Studiennotizen, war eine Pachi-Frucht. Jonna hatte sie dort hineingelegt, als klar gewesen war, dass Lilia keine Zeit haben würde, ihre Morgenmahlzeit zu beenden.

Lilia nahm die Frucht heraus, begann Scheiben von ihr abzuschneiden und aß sie.

»Kallen wird kommen und herausfinden, was mich aufhält«, erklärte sie kauend. »Ich würde nicht wollen …«

»Was geht hier vor?«, fragte eine neue Stimme. Lilia schaute auf und sah den Kopf eines Magiers hinter den Novizen erscheinen. »Sucht euch einen anderen Platz, um euch zu versammeln, und hört auf, die Türen zu blockieren.«

Sofort stoben die Novizen auseinander, und die, die dem Magier am nächsten waren, machten eine hastige Verbeugung. Bokkin war der Einzige, der enttäuscht wirkte, bemerkte Lilia. Die Übrigen wirkten erleichtert. Er grinste sie höhnisch an, als sie an ihm vorbei die Treppe hinaufging. Der Magier war ein Mann, an den sie sich aus ihrem zweiten Jahr erinnerte, ein Alchemist mittleren Alters.

»Guten Morgen, Lord Jotin«, sagte sie und verneigte sich.

»Lady Lilia.« Er nickte, dann schaute er sich um, um sich davon zu überzeugen, dass die Novizen nicht zurückkehren würden, bevor er wieder in den Flur verschwand. Lilia aß weiter von der Pachi-Frucht, während sie sich auf den Weg zu dem Raum machte, in dem Kallen seinen Unterricht abhielt, und sie ließ alle Gedanken an Bokkin hinter sich. An irgendeinem Punkt würde sie Kallen Anyis Frage stellen, und sie musste darüber nachdenken, wie sie das am besten machen sollte. Sie hielt inne, um das Messer abzuwischen und ihre Gedanken zu sammeln, bevor sie durch die Tür in den Raum trat.

»Guten Morgen, Lady Lilia«, begrüßte Kallen sie, und seine Lippen verzogen sich zu einem schwachen Lächeln.

»Schwarzmagier Kallen.« Sie verbeugte sich und nahm Platz, dann öffnete sie den Mund, um zu sprechen, brach jedoch ab, als sie die Gegenstände auf dem Tisch bemerkte. Eine Keramikschale stand neben einigen Glasröhren, wie die Alchemisten sie benutzten, wenn sie Glasgefäße von besonderer Form schaffen wollten.

»Heute werde ich Euch lehren, wie man Blutsteine macht«, sagte Kallen.

Erregung durchzuckte sie. Dies war ein Teil der schwarzen Magie, den die meisten als akzeptabel und sicher erachteten. Kallen griff nach einem Glasröhrchen und bedeutete ihr, seinem Beispiel zu folgen.

»Den Prozess kann man am leichtesten von Geist zu Geist übermitteln. Der ehemalige Hohe Lord hat es entdeckt, indem er einen alten Blutring untersucht hat. Ich habe diesen Ring ebenfalls gesehen und untersucht, und ich muss sagen, ich bin froh, dass ich das Rätsel nicht selbst lösen musste. Zuerst schmelzt Ihr etwas Glas und lasst es sich in der Luft drehen, damit es rund bleibt.«

Sie beschloss, Anyis Frage aufzuschieben, und befolgte seine Anweisungen. Als sie beide sich drehende Kugeln aus geschmolzenem Glas in der Luft hielten, wies er sie an, seine Hand zu nehmen und sich auf seine Gedanken zu konzentrieren. Sie beobachtete, wie er seine Magie formte und dem Glas seinen Willen aufdrückte; irgendwie veränderte er die Struktur des Glases, dann ließ er es sich abkühlen. Anschließend beobachtete er ihren Versuch, das Gleiche mit ihrem Glas zu tun.

Sie wiederholten dies einige Male, schmolzen und formten das Glas, bis er das Gefühl hatte, dass sie es hinreichend beherrschte, um zu versuchen, dem Glas Blut hinzuzufügen. Zu ihrer Überraschung bewirkte dies nicht mehr, als dem Glas eine bestimmte Identität zu verleihen.

»Der Blutstein funktioniert nur, wenn jemand ihn berührt«, erklärte er ihr. »Versteht Ihr den Unterschied in seiner Funktion in Bezug auf den Schöpfer des Steins und auf denjenigen, der den Ring berührt?«

»Der Schöpfer des Ringes kann sehen, was der Träger sieht, selbst wenn dieser es nicht will. Der Träger kann nicht sehen, was der Schöpfer des Ringes sieht, aber er kann Gedankenrede empfangen, ohne dass irgendjemand sonst die Gedanken hören kann.«

»Ja, aber der Edelstein übermittelt nicht nur, was der Träger sieht, sondern auch, was er denkt und fühlt. Es sei denn, der Träger hat einen Stein, der das verhindert.«

Sie blinzelte überrascht. Das war neu. »Was sind das für Steine?«

»Etwas, das die Verräter machen. Etwas, das wir vielleicht bald haben werden. Anstelle von Glas bestehen diese Steine aus Kristallen, die während des Wachstums dazu ausgebildet werden, eine magische Aufgabe zu erfüllen. Ein Blockadestein verhindert, dass man die Gedanken des Trägers lesen kann, und erlaubt ihm, die Gedanken zu projizieren, die er einem Gedankenleser zeigen will.«

Ein kalter Schauer überlief Lilia. »Nakis Ring.«

Er wirkte überrascht, dann trat ein entschuldigender Ausdruck in seine Züge. »Es tut mir leid. Ich habe vergessen, dass Ihr bereits mit einem Blockadestein zu tun hattet.«

Sie schüttelte den Kopf. »Macht Euch deswegen keine Gedanken. Was können diese Steine sonst noch tun?«

»Alles, was ein Magier tun kann.«

»Sogar ein Schwarzmagier.«