»Insofern, als sie Macht in sich hineinziehen und speichern können? Ja – aber das müsst Ihr für den Moment noch für Euch behalten.«
Lilia stieß einen leisen Pfiff aus. »Sagt mir, dass wir uns mit diesen Verrätern anfreunden. Sie klingen nicht nach Leuten, die wir jemals zu Feinden haben sollten.«
Kallen runzelte die Stirn. »Wir arbeiten darauf hin und hoffen, die Kenntnisse der Herstellung von Steinen gegen etwas anderes eintauschen zu können.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich werde Euch ein andermal mehr darüber erzählen. Wichtig ist, dass die Herstellung von Steinen schwarze Magie erfordert.«
Prickelnde Erregung durchlief sie. »Ich werde lernen, diese Steine zu machen?« Das würde bedeuten, dass sie einer der ersten Gildemagier sein würde, die in der Lage wären, diese neue Magie zu benutzen.
»Vielleicht.«
»Werde ich nach Sachaka reisen müssen?«
»Nein.« Aber die Art, wie er innehielt, und sein nachdenklicher Blick weckten in ihr die Vermutung, dass diese Antwort nicht die ganze Wahrheit war. Er schüttelte den Kopf. »Nun, das ist für heute Morgen alles. Habt Ihr irgendwelche Fragen?«
Ihr Herz setzte einen Schlag aus, als sie sich an Anyis Frage erinnerte. »Ja. Würde die Gilde Cery und seinen beiden Leibwächtern erlauben hierzubleiben?«
Kallen zog die Augenbrauen herunter. »Ist seine Situation schlimmer geworden?«, fragte er.
»Möglicherweise. Dürfen sie bleiben?«
»Ich werde die Zustimmung der Höheren Magier einholen müssen, aber es ist wahrscheinlich, dass sie sie gewähren werden. Wann würde er hierherkommen?«
»Bald.« Dann begriff sie, dass das alles bedeuten konnte, und drückte sich genauer aus. »In einigen Tagen.«
Er nickte. »Ich werde es Euch wissen lassen, sobald ich kann.« Er lächelte dünn. »Wir haben es geschafft, einige Samen von einem Parfümhersteller zu bekommen, was wir Euch verdanken. Die Pflanzen sind noch nicht groß genug, um zu bestätigen, dass es sich um Feuel handelt, aber es wird nicht lange dauern. Wenn Cery bereit ist, uns zu helfen, Skellin zu fangen, werden wir das vielleicht bald tun können.«
Sie nickte. Da war wieder dieses »bald«.
»Er wird überaus bereitwillig sein«, erwiderte sie. »Da bin ich mir sicher.«
Als Anyi und Lilia in die Dunkelheit verschwanden, um in die Magierquartiere und zu Soneas Räumen zurückzukehren, sah Gol Cery an und zog die Augenbrauen hoch.
»Ja«, antwortete Cery mit bewusst leiser Stimme. »Erzähl mir, was du herausgefunden hast.«
Gol beugte sich vor. »Alles hat sich geändert. Der Rest der Diebe … nun, sie nennen sich nicht länger so. Sie nennen sich ›Prinzen‹. Skellin nennen sie ›König‹.«
»Natürlich.« Cery verdrehte die Augen. »König der Unterwelt. Was denken die Leute auf der Straße?«
»Dass sie alle größenwahnsinnig geworden sind. Aber niemand spricht es laut aus. Die Menschen haben Angst. Sie wissen, dass Skellin ein wilder Magier ist und seine Mutter die Jägerin der Diebe. Beide haben Menschen, die nicht tun wollten, was sie befohlen haben, üble Dinge angetan.« Gol verzog das Gesicht. »Die gute Sache ist, dass ihn jetzt alle hassen.«
»Was denken sie von mir?«
Gol zuckte die Achseln. »Sie denken, du seist tot.«
»Und wenn sie wüssten, dass ich mich verstecke?«
»Ich habe es angedeutet, und einige Leute meinten, sie hofften, dass es so sei. Sie hoffen, dass du eine Möglichkeit findest, Skellin loszuwerden.«
»Niemand hat gedacht, dass ich meine Arbeiter im Stich gelassen habe?«
»Niemand hat es mir gegenüber ausgesprochen. Die interessante Sache ist die: In einem Bolhaus haben die Leute, mit denen ich geredet habe, darüber gestritten, ob du dich bei der Gilde versteckst oder nicht. Derjenige, der es bezweifelte, meinte, es könnte nicht so sein, weil die Gilde mit Skellin zusammenarbeite.«
Cery runzelte die Stirn. »Das könnte bloß ein Gerücht sein.«
»Eins, das helfen würde, dafür zu sorgen, dass die Menschen sich weiter vor Skellin fürchten.«
»Wenn sie wüssten, dass es nicht wahr ist, würden sie sich nicht zu sehr fürchten.«
Gol schüttelte den Kopf. »Sie hätten immer noch zu große Angst, um etwas zu unternehmen.«
»Was ist mit dem Lieferanten?«
»Saski ist immer noch da. Bietet nach wie vor sein Minenfeuer feil. Er hat versucht, ein neues Werkzeug zu verkaufen, mit dem das Feuer benutzt werden kann. Eine Art Blasrohr, vor dem die Leute mich gewarnt haben. Es explodiert ebenso oft, wie es funktioniert. Sein beliebtestes Produkt sind kleine Päckchen, die die Leute ins Feuer werfen, um einen Knall und einen Blitz zu erzeugen. Die Leute haben die Knaller gemocht, aber sie sehen nicht viele andere Verwendungszwecke für das Minenfeuer, solange Magier dieselben Effekte hervorrufen können.«
»Sie sehen nicht, dass es gewöhnlichen Menschen erlauben würde, Dinge zu tun, die Magier tun können?«
»Nicht die Art von Dingen, die sie tun wollen, wie heilen oder schweben oder Dinge aus der Ferne bewegen. Wer muss schon hier in der Stadt Dinge explodieren lassen? Und Saski hat mit all seinen Warnungen, wie gefährlich und unberechenbar es ist, die Kunden verschreckt. Magie klingt erheblich sicherer.«
Cery nickte. »Allerdings. Es ist nicht nur so, dass Minenfeuer explodieren könnte, wenn wir es nicht wollen, sondern dass es vielleicht nicht explodiert, wenn es notwendig ist. Bist du dir sicher, dass diese Falle funktionieren wird?«
»Größtenteils. Als ich mich seinerzeit mit Saski angefreundet habe, hat er oft beschrieben, dass Minenfeuer hoch oben im Norden in den Minen benutzt wurde. Wir werden die gleiche Methode anwenden.«
»Wie werden wir es kaufen? Könnten wir ein Straßenkind dazu bringen, diese Knaller für uns zu beschaffen?«
Gol nickte. »Das wäre klug. Saski scheint mir nicht der Typ zu sein, der davonläuft und uns an Skellin verkauft, aber wer weiß? Es wäre eine Versuchung. Er kann nicht viel Geld verdienen.«
»Aber Skellin muss herausfinden, wo wir sind.«
»Nicht über Saski. Dann würde Skellin wissen, dass wir Minenfeuer gekauft haben, und er würde sich fragen, was wir hier unten treiben. Er müsste nicht lange nachdenken, um dahinterzukommen, dass wir ihm eine Falle stellen.«
»Stimmt.« Cery schaute sich im Raum um. »Nun, du wirst die Dinge hier einrichten müssen, ohne dass Anyi Verdacht schöpft, dass etwas Merkwürdiges vor sich geht.«
»Sobald ich die Rohre erst in den Mauern habe, werden sie nicht mehr allzu auffällig sein, vor allem, wenn wir sie durch die Löcher und Hohlräume im Mörtel führen.«
»Aber du wirst es tun müssen, während sie nicht hier ist.«
»Du willst nicht warten, bis sie sicher sind, dass es sich bei den Pflanzen um Feuel handelt? Sobald wir die Falle gestellt haben, besteht immer die Gefahr, dass sie losgeht, bevor wir so weit sind.«
Cery schüttelte den Kopf. »Nicht nach dem, was Lilia darüber gesagt hat, dass die Höheren Magier bereit seien, uns in der Zwischenzeit in der Gilde leben zu lassen. Anyi war zu versessen darauf, es zu tun. Zu bereitwillig, mit mir darüber zu streiten.« Er schüttelte erneut den Kopf. »Irgendetwas sagt mir, dass sie langsam die Geduld verliert. Oder dass sie etwas weiß, das wir nicht wissen.«
»Wie zum Beispiel, ob die Pflanzen Feuel sind?«
»Vielleicht.«
Gol zuckte die Achseln. »Aber sie hat recht. Wir brauchen nicht das Risiko einzugehen, Lilia in Schwierigkeiten zu bringen, weil sie uns hier versteckt.«
»Aber wenn die Gerüchte, die du gehört hast, zutreffend sind und jemand in der Gilde mit Skellin zusammenarbeitet, könnten wir auf diese Weise direkt in seine Arme rennen. Der Betreffende wird sicherstellen, dass die Gilde nicht mit uns zusammenarbeitet, um Skellin zu fangen, oder er wird sicherstellen, dass etwas schiefgeht und wir getötet werden. Anderenfalls könnten wir sein schmutziges kleines Geheimnis enthüllen.«
Gol schaute zur Decke empor. »Nun, wenn Anyi recht hat und wir uns unter den Gärten zwischen der Universität und den Magierquartieren befinden, wird unsere Falle Skellin der Gilde definitiv offenbaren.«