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Aber was, wenn sie keine war? Er hatte Angst zu entdecken, dass das Mädchen nicht gewusst hatte, dass das Wasser vergiftet war. Es war viel einfacher, mit seiner Entscheidung zu leben, wenn er glauben konnte, dass sie absichtlich den Tod gewählt hatte.

Falls es sich so anfühlt, jemanden getötet zu haben, der es so wollte, wie wird es sich erst anfühlen, wenn der Krieg beginnt und ich Menschen töte, die es nicht wollen? Vielleicht würde es nicht so schwierig sein, wenn er daran dachte, dass sie andere Menschen versklavt, gefoltert und getötet hatten.

Er betrachtete die Verräter. Ihre Mienen waren grimmig und entschlossen. Die Gespräche waren bis auf ein leises Murmeln hier und da verstummt. Inzwischen hatten sie die Ebene erreicht und gingen auf die Gebäude in der Ferne zu. Die ersten Menschen, auf die sie trafen, waren zwei Sklaven, die eine kleine Reber-Herde bewachten. Beides Jungen, die herbeigeeilt kamen, um sich vor Savara auf den Boden zu werfen. Sie ließ sie aufstehen und sagte ihnen, dass sie sich nie wieder vor einem anderen Mann oder einer anderen Frau niederwerfen sollten.

»Ist es Zeit?«, fragte einer von ihnen und sah eifrig zu ihr auf.

»Ja«, antwortete sie, dann deutete sie mit dem Kopf auf die Gebäude. »Ihr wisst, was zu tun ist?«

»Wir sollen außer Reichweite bleiben«, erwiderte er. »Uns von der Stadt entfernen. Aber viel weiter als hierher kommen wir nicht.«

»Nein. Haltet euch einfach von dem Haus fern, bis wir fertig sind.«

Er runzelte die Stirn. »Wenn ich zurückgehe, kann ich den anderen sagen, dass sie das Haus verlassen sollen.«

»Das wäre sehr mutig. Du darfst aber nicht zulassen, dass die Ashaki Verdacht schöpfen, dass wir auf dem Weg sind.«

»Das werden wir nicht. Wir haben das alle seit Jahren geplant.«

»Dann geh.«

Während der Junge zu den Gebäuden hinüberlief, richtete Savara sich auf und gab den Verrätern ein Zeichen. Sie gingen weiter und beschleunigten ihre Schritte. Ein Prickeln der Erregung und der Furcht überlief Lorkin. Einige dieser äußeren Anwesen wurden von Sklavenmeistern geleitet, die das Vertrauen ihrer Herren genossen, daher würden sie vielleicht gar keinem Ashaki begegnen. Oder die Ashaki konnten außer Haus sein, um Besuche zu machen oder Geschäften nachzugehen. Aber der Junge hätte es Savara gesagt, wenn es so gewesen wäre.

Es besteht nur eine geringe Chance, dass wir nicht auf dem Weg zu unserem ersten Kampf sind.

Allzu bald waren sie nur noch wenige hundert Schritt von den Gebäuden entfernt; dann traten sie durch ein Tor in der niedrigen Mauer, die sie umgab. Während die Verräter sich verteilten, in Zweier- und Dreiergruppen, um sich den Gebäuden von verschiedenen Seiten zu nähern, tauchten Sklaven auf. Sie beeilten sich, einige rannten, vorbei an den Eindringlingen und der niedrigen Mauer und hinaus auf die Ebene, wo sie sich in alle Richtungen zerstreuten.

Sie verteilen sich; auf diese Weise müssen die Ashaki, wenn sie Magie benutzen, um sie zurückzuholen, mehr Magie einsetzen und mehr Zeit opfern, um sie alle einzusammeln. Einige könnten trotzdem entkommen.

Tyvara nahm Lorkin an der Hand und zog ihn zu einem Gebäude hinüber, das nach einem Stall aussah.

»Bleib bei mir.« Sie zupfte an ihrer Weste. »Ich habe jede Menge Steine bei mir, aber wir sollen es vermeiden, sie zu benutzen, bis die große Schlacht beginnt. Unsere eigene Macht kann ersetzt werden, aber die meisten Steine sind nur zur einmaligen Benutzung geschaffen.« Sie sah ihn an. »Ich werde dafür sorgen, dass du für die Entscheidungsschlacht deine eigenen Steine bekommst.«

Sobald sie im Stall waren, sah er, dass die Boxen mit Bänken möbliert waren, auf denen Decken lagen. Mit Erschrecken begriff er, dass dies der Ort war, wo die Sklaven lebten. Mehrere versteckten sich jetzt dort, und sie wirkten verwirrt. Tyvara schickte sie hinaus und sagte ihnen, dass sie weglaufen und in einigen Stunden zurückkommen sollten. Eine hochschwangere Frau wich in ihre Box zurück und schüttelte den Kopf. »Komm«, sagte Tyvara, streckte die Hand aus und lächelte. »Wir werden dich beschützen. Es wird nicht lange dauern.«

»Was geht hier vor?«, erklang eine Stimme.

Als sie sich umdrehten, sahen sie einen Sklaven aus einem anderen Gebäude treten; er hatte ein rotes Tuch um die Stirn gebunden. Nach dem Rauch zu schließen, der aus einem Schornstein aufstieg, befanden sich in diesem Bau die Küche und vielleicht noch weitere Wohnräume. Lorkin krampfte sich der Magen zusammen, als er sah, dass der Mann eine kurze Peitsche in der Hand hielt.

Von irgendwo hinter dem Gebäude, aus dem der Mann gekommen war, ertönte ein Knall. Sie alle zuckten zusammen und schauten auf; Bruchstücke von etwas, das vielleicht Dachziegel waren, flogen durch die Luft.

Der Mann drehte sich wieder um und starrte Lorkin und Tyvara an. Seine Augen weiteten sich. »Ist es Zeit?«, fragte er.

»Ja«, antwortete Tyvara.

Er grinste und warf die Peitsche auf einen Haufen Feuerholz. »Endlich.« Dann wandte er sich von ihnen ab und ging von den Gebäuden weg.

Lorkin betrachtete Savara in der Erwartung, dass sie ihn aufhalten würde, aber sie lächelte nur.

»Wo immer wir das konnten, haben wir die Sklavenmeister wissen lassen, dass wir, wenn sie nicht unnötig grausam waren, erwägen würden, ihnen einige der Güter ihrer Ashaki zu geben, wenn wir die Macht übernehmen.«

Weitere Sklaven huschten aus den Gebäuden, und einige wirkten verängstigt. Tyvara drehte sich noch einmal nach der schwangeren Frau um, dann wandte sie sich wieder an Lorkin. »Wir werden hierbleiben und Wache halten für den Fall, dass der Ashaki ihnen folgt.«

Lorkin tat wie geheißen, aber die nächste Person, die herauskam, war eine Verräterin, Adiya. Die Frau sah sich um, bemerkte Lorkin und Tyvara und eilte auf sie zu.

»Es ist vollbracht«, sagte sie.

Tyvara nickte und schaute über ihre Schulter zu der schwangeren Sklavin hinüber. »Du bist jetzt frei. Unsere Arbeit hier ist getan. Schon bald werden die anderen zurückkommen und sich dir anschließen. Sie werden dich beschützen.«

Die Frau starrte sie an und sagte nichts, aber sie wirkte jetzt etwas weniger verängstigt. Tyvara ging auf das Herrenhaus zu, aus dem Adiya gekommen war. Lorkin folgte ihr hinein und durch die übliche Folge von Fluren bis in einen Raum, der früher das Herrenzimmer gewesen sein musste. Das Dach war weggesprengt, und die Mauern neigten sich nach außen oder lagen in Trümmern.

Ein Sachakaner mittleren Alters lag in sich zusammengesunken auf dem Boden, und Blut sickerte aus einer flachen Schnittwunde an seinem Arm.

Tot? Ja. Lorkin betrachtete die Leiche und dachte an den Ashaki, bei dem er und Dannyl gewohnt hatten, als sie nach Sachaka gekommen waren. Der Mann war freundlich und großzügig gewesen. Vielleicht war auch dies ein guter Mann gewesen. Vielleicht hatte er die Sklaven nur deshalb gehalten, weil mächtige Sachakaner wie er das schon immer getan hatten. Vielleicht hätte er sich ergeben, wenn man ihm die Chance gelassen hätte. Gewiss verdiente er es nicht, so zu sterben?

Es ließ sich unmöglich sagen. Die Verräter konnten nicht alle Ashaki einkerkern und vor Gericht stellen, um zu entscheiden, ob der Tod eine angemessene Strafe war. Ihre Einkerkerung hätte die Verräter viel Zeit und Energie gekostet.

Die Verräter führen Krieg gegen eine Lebensart, nicht gegen einzelne Personen, aber alle Personen werden den Preis bezahlen. Er hatte jedoch den Verdacht, dass viele der Ashaki sich weigern würden, ihren Lebensstil zu ändern, selbst wenn man ihnen eine Wahl ließe.

Er blickte sich um und sah, dass Tyvara durch den Raum zu einer der eingestürzten Wände gegangen war. Er folgte ihr, und sie halfen einander über einen Haufen Schutt in einen Innenhof. Dort stand eine kostbar gewandete Frau und funkelte Savara an. Ihr Gesicht war tränenüberströmt.

»Die Ehefrau des Ashaki«, murmelte Tyvara. »Wir hoffen, dass es nicht notwendig sein wird, die Frauen und Kinder zu töten.«