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»Sie werden dir nicht gehorchen«, sagte die Königin zu der Frau. »Du solltest dich besser daran gewöhnen. Meine Leute werden tun, was sie können, um dich zu schützen, aber sie werden dich nicht Tag und Nacht bewachen. Der Rest liegt bei dir.«

Zwei Verräterinnen standen hinter der Königin. Als Savara sich abwandte, traten sie neben sie. Tyvara und Lorkin gesellten sich ebenfalls zu ihr.

»Wir sind hier fertig«, erklärte die Königin. »Zeit, alle zusammenzutrommeln und weiterzuziehen.« Sie schaute über ihre Schulter zu dem zerstörten Gebäude hinüber, und ihre Miene war grimmig. »Es wäre zu viel gehofft, dass alle Güter uns so wenige Probleme bereiten werden.«

Weitere Verräter trafen ein. Als das letzte Paar erschien, eilte eine der Frauen auf die Königin zu.

»Ich habe gerade gehört, dass Chivas Gruppe gegen vier Ashaki kämpfen musste – einen Vater und seine drei Söhne. Vinyi wurde getötet.«

Savara hielt inne, um die Frau entsetzt anzusehen. »Bereits ein Verlust.« Sie seufzte und ging zu den Haupttoren des Innenhofs hinüber. Als sie sie erreichte, blieb sie abrupt stehen.

Eine Gruppe von ungefähr zwanzig Sklaven – Exsklaven, korrigierte sich Lorkin – wartete draußen. Als sie Savara bemerkten, eilten sie herbei und blieben einige Schritte entfernt stehen. Nach der ehrfürchtigen Art, wie sie die Königin der Verräterinnen ansahen, erwartete Lorkin, dass sie sich vor ihr zu Boden werfen würden. Keiner tat es, obwohl einige den Eindruck erweckten, als müssten sie sich große Mühe geben, der Gewohnheit zu widerstehen; sie beugten sich vor und richteten sich dann abrupt wieder auf.

Niemand sprach. Die vorn stehenden ehemaligen Sklaven schauten einander an, dann streckte ein Mann der Königin die Handgelenke hin.

»Wir möchten Euch etwas geben … Wollt Ihr Macht von uns nehmen?«

Savara sog schnell die Luft ein. »Das ist noch nicht nötig, aber …«

»Nehmt sie«, murmelte Tyvara. »Dann werden sie das Gefühl haben, einen Anteil an dem Kampf für ihre Freiheit gehabt zu haben.«

Die Königin lächelte. »Es wäre mir eine Ehre.« Sie blickte auf das Messer an ihrem Gürtel hinab. »Aber nicht damit. Dies ist für unsere Feinde bestimmt.«

Einer der ehemaligen Sklaven trat vor. »Dann benutzt dies hier.«

In der Hand hielt er ein kleines Messer, das offensichtlich für eine häusliche Arbeit wie das Schneidern oder das Schnitzen von Holz bestimmt war. Savara nahm es und tastete die Klinge ab, um ihre Schärfe zu überprüfen. Dann nickte sie und gab es zurück. Der Mann wirkte verwirrt.

»Du musst den Schnitt machen«, sagte sie. »Ich werde nicht absichtlich meinem eigenen Volk schaden.«

Er strich mit der Klinge über seinen Daumen, dann hielt er ihr die Hand hin. Savara berührte die Schnittwunde sachte, schloss die Augen und neigte den Kopf. Der Mann schloss ebenfalls die Augen.

Eine kurze Zeit verstrich. Als Savara die Hand zurückzog, schaute sie zu den übrigen ehemaligen Sklaven auf. »Wir können nicht lange bleiben. Ich kann nicht von euch allen Macht nehmen.«

»Dann werden wir sie Euren Kriegern geben«, erklärte der erste Sprecher. Die Übrigen nickten und richteten ihre Aufmerksamkeit auf die anderen Verräter. Lorkin bemerkte, dass die Verräterinnen ihre eigenen Messer verteilten, da die Sklaven nicht genug eigene hatten. Als eine Frau Lorkin die Handgelenke hinhielt, blinzelte er überrascht.

»Ähm … Tyvara?«

Sie kicherte. »Du bist jetzt einer von uns«, sagte sie. »Besser, du gewöhnst dich daran.«

»Oh, das ist nicht das Problem.« Er legte die Hand an seinen Gürtel, an dem keine Scheide hing. »Ich habe kein Messer.«

Sie sah ihn an und lächelte. »Dann schätze ich, dass wir dir besser bei der ersten Gelegenheit eins besorgen. Für den Moment«, sie betrachtete den Mann, der mit ausgestreckter Hand vor ihr stand, »werden wir uns eins teilen müssen.«

Die Sonne schwebte über den Bergen, als Sonea und Regin sich dem ersten Landgut eines Ashaki näherten. Goldfarbenes Licht verlieh den Mauern die Farbe von altem Pergament. Im Gegensatz dazu war das Loch im Dach ominös schwarz.

Auf dem Gut wimmelte es von Menschen.

»Sklaven«, murmelte Regin. »Plünderer?«

Sonea schüttelte den Kopf. Sie konnte eine Reihe von Männern sehen, die Schutt aus dem Gebäude schleppten. »Aufräumarbeiten.«

Regin runzelte die Stirn. »Gewiss wären sie doch weggelaufen, als die Verräter angegriffen haben – und weggeblieben, jetzt, da sie frei sind?«

»Sie müssen irgendwo leben, und hier gibt es Proviant und ein Quartier. Ich frage mich: Wenn die Verräter siegen, werden sie die Güter übernehmen oder sie den Sklaven geben?«

»Hmm«, war Regins einzige Antwort. »Sie haben uns gesehen.«

Und tatsächlich, eine Gruppe von etwa einem Dutzend Sklaven war durch die Tore getreten und kam auf sie zu. Sonea malte sich aus, wie sie und Regin aussehen mussten. Ihre Roben kennzeichneten sie deutlich als kyralische Magier. Als Kyralier waren sie hier vielleicht nicht willkommen, aber sie bezweifelte, dass selbst jüngst befreite Sklaven es wagen würden, sie anzugreifen.

»Was wollt Ihr tun?«, fragte Regin.

Sonea blieb stehen. »Uns mit ihnen bekannt machen. Es ist besser, jetzt zu erfahren, wie wir aufgenommen werden, als später, wenn wir weiter von der Grenze entfernt sein werden.«

Ungefähr zwanzig Schritte entfernt kam die Gruppe zum Stehen.

»Wer seid Ihr? Warum seid Ihr hier?«, rief ein Mann.

»Ich bin Schwarzmagierin Sonea, und dies ist Lord Regin von der Magiergilde in Kyralia. Wir sind hier als Repräsentanten der Verbündeten Länder.«

»Wer hat Euch hierher eingeladen?«, fragte der Mann weiter.

»Wir haben uns vor zwei Tagen und drei Nächten mit Königin Savara getroffen.«

»Warum folgt Ihr ihr dann mit einem Abstand von einigen Tagen?«

»Um nicht in die Kämpfe verwickelt zu werden.«

Die Sklaven begannen darüber zu diskutieren. Osen hatte zugestimmt, dass Sonea und Regin den Verrätern nach Arvice folgten; sie sollten einen sicheren Abstand zu den Kämpfen wahren, damit die Gilde die Fortschritte der Verräter beobachten konnte. Osen hatte vorgeschlagen, dass Sonea den Vorwand benutzen sollte, dass sie sich davon überzeugte, ob der Weg für die Heiler der Gilde sicher war – aber nur wenn sie es tun musste. Je weniger Menschen von dem Handel wussten, umso geringer war die Chance, dass der sachakanische König davon erfuhr. Wenn die Verräter besiegt wurden, aber genug von ihnen überlebten und immer noch bereit waren, ihre Steine gegen Wissen zu tauschen, würde es leichter sein, die Heiler zu ihnen zu bringen, wenn der König nichts davon wusste.

Der Sklave, der gesprochen hatte, trat vor, und die anderen eilten hinter ihm her. Regin straffte sich und verschränkte die Arme vor der Brust, aber der Mann ignorierte ihn. Der Sklave an der Spitze blieb einige Schritte vor Sonea stehen und sah sie eindringlich und mit schmalen Augen an.

»Wir werden überprüfen müssen, ob das die Wahrheit ist.«

Sie nickte. »Natürlich.« Innerlich fluchte sie. Wenn sie es tatsächlich schafften, sich mit Savara in Verbindung zu setzen, würde die Königin erfahren, dass Sonea und Regin ihr folgten. Sie würde vielleicht versuchen, sie aufzuhalten.

Der Mann richtete sich auf. »In der Zwischenzeit müsst Ihr hierbleiben. Es wird bald Nacht sein, und wir Sachakaner sind stolz auf unsere Gastfreundschaft.«

Sie neigte den Kopf. »Es wäre uns eine Ehre. Bei wem werden wir unterkommen?«

Der Mann hielt inne und senkte den Blick; sein Selbstbewusstsein löste sich in Luft auf, als er plötzlich begriff, dass er sich unnötig feindselig gezeigt hatte. »Ich bin Farchi«, sagte er. Dann drehte er sich um, um die anderen vorzustellen. Zu viele Namen, um sie sich zu merken, befand Sonea. Sie prägte sich die Namen der Kühnsten ein und den Namen der einzigen Frau in der Gruppe.

Mit einer anmutigen Bewegung lud Farchi sie und Regin ein, ihn zu dem Gut zu begleiten. Während sie ihm folgten, überlegte Sonea, dass sie geradeso gut herausfinden konnte, was hier geschehen war.