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Vor der Schlacht

Als Lilia sich der Tür zu Soneas Räumen näherte, beschleunigte sie ihre Schritte. Die Tage, seit Skellin Anyi entführt hatte, waren unerträglich lang gewesen. Es war hart, so zu tun, als sei nichts geschehen. Hart, sich so zu benehmen, als spielten ihre Lektionen noch eine Rolle. Noch härter, sich genug zu konzentrieren, um irgendetwas zu lernen. Am härtesten von allem war es, in Kallens Nähe zu sein, wenn sie nicht umhinkonnte zu denken, dass Cery, wenn Kallen Skellin gefunden hätte, wie er es hatte tun sollen, noch am Leben wäre und Anyi in Sicherheit.

An der Tür angekommen griff sie eifrig nach der Klinke. Sobald sie in ihrem Zimmer war, konnte sie aufhören, den Schein zu wahren. Schon jetzt spürte sie das Prickeln von Tränen kommen. Jeden Tag hatte sie sich, sobald die Notwendigkeit, ihre Gefühle zu verbergen, nicht länger bestand, auf ihrem Bett zusammengerollt und geweint.

Es ist alles meine Schuld. Wenn ich früher gekommen wäre, hätte ich Cery vielleicht retten können. Ich hätte Skellin daran hindern können, Anyi mitzunehmen.

Gol und Jonna behaupteten etwas anderes. Gol hatte die Minenfeuerfalle erklärt, die er und Cery eingerichtet hatten. Sobald sie seine Knochen geheilt hatte, und trotz ihrer Warnung, dass er sie noch nicht belasten solle, war er aufgestanden und zu den Wänden auf beiden Seiten gegangen, um Pulverrohre aus Löchern zu ziehen und zu fluchen.

»Warum hat es nicht funktioniert?«, hat er gesagt, wieder und wieder, erinnerte sie sich. Dann hat er mich gebeten, meine Lichtkugel näher heranzubringen. Hat mir gezeigt, dass das Papier nasse Flecken hatte. Feuchtigkeit war in die Mauern eingedrungen und hatte die Fallen ruiniert. Nicht alle, aber er und Cery hatten nur zwei von ihnen angezündet, und sie hatten sich zwei von den nassen ausgesucht.

Lilia vermutete, dass Cerys Herz schon seit langem schwach gewesen war. Es hätte jeden Moment stehen bleiben können. Wenn sie da gewesen wäre, um zu helfen, als es geschah, hätte er überlebt. Sie hatte Gol das gesagt und gehofft, dass er sich dann etwas weniger schuldig fühlen würde.

Jonna hatte lamentiert, dass sie Lilia nicht schnell genug gefunden hatte. Sie hatte erzählt, dass ein Magier sie aufgehalten hatte, besorgt, weil sie so erregt gewirkt hatte. Als sie ihm gesagt hatte, dass sie nach Lilia suche, hatte er sie in das falsche Klassenzimmer geschickt. Es war leicht, so einen Fehler zu machen. Lilias Stundenplan hatte sich in letzter Zeit häufig geändert. Er hatte wahrscheinlich eine Vermutung angestellt, in der Hoffnung, helfen zu können.

Lilia drehte den Griff, öffnete die Tür und trat hindurch. Als sie Rothen im Raum stehen sah, blinzelte sie die drohenden Tränen weg und schluckte hörbar.

»Lord Rothen«, sagte sie und verneigte sich. Gol saß auf einem der Stühle; Jonna stand hinter ihm. Sie und Jonna hatten Cerys Leibwächter, verkleidet als Dienstbote, in Soneas Räume hinaufgeschmuggelt, in der Nacht nach Skellins Angriff.

Jonna hatte Lilia dazu überredet, Rothen alles zu erzählen. »Ihr braucht einen Magier als Verbündeten«, hatte sie gesagt. »Rothen kann man ein Geheimnis anvertrauen. Er hat im Laufe der Jahre viele Geheimnisse Soneas gehütet.« Zu Lilias Erleichterung war Rothen genauso diskret und hilfreich gewesen, wie Jonna es versprochen hatte. Er hatte Kallen ins Vertrauen ziehen wollen, bis Gol Skellins Behauptung wiederholte, er habe Quellen in der Gilde.

Als Lilia die Tür schloss, verzog Rothen den Mund zu einem mitfühlenden Lächeln. »Lady Lilia.« Er sah Jonna an, dann schaute er auf den Tisch. Als Lilia seinem Blick folgte, machte ihr Herz einen Satz. Ein Stück Papier lag dort, und darauf war ihr Name gekritzelt.

»Ist es …?«

»Von Skellin?« Rothen verzog das Gesicht. »Wahrscheinlich. Wir haben es nicht geöffnet. Wir haben vermutet, dass Ihr es als Erste lesen wollt. Setzt Euch hin, bevor Ihr es tut.«

Sie ließ sich auf einen Stuhl gleiten, und Jonna und Rothen setzten sich ebenfalls. Mit zitternden Händen griff sie nach der Nachricht und drehte sie um. Das Siegel war, bemerkte sie, eine schlichte Krone, die über einem Messer schwebte. König der Diebe. Abscheu und Zorn gaben ihr Halt. Sie brach das Siegel auf und faltete das Papier auseinander. Ihr Blick wanderte über die Worte. Als ihre Bedeutung klar wurde, legte Lilia den Zettel wieder auf den Tisch.

»Es ist eine Adresse«, berichtete sie. »Da steht ›morgen‹ und eine Uhrzeit. Und er sagt, ich soll es niemandem erzählen und allein kommen.«

»Keine Überraschungen«, murmelte Gol.

»Wo ist die Adresse?«, fragte Jonna.

»Auf der Nordseite.« Cerys altes Territorium. Er reibt es uns unter die Nase. Sie sah Rothen an. »Ich muss gehen. Ich muss versuchen, Anyi zu retten.«

Er nickte. Seine Zustimmung brachte seltsame Wut mit sich.

»Solltet Ihr mir nicht sagen, dass ich es nicht tun kann?«, fragte sie. »Ihr wisst, was er will. Es ist schlimm genug, dass wir einen wilden Magier haben, der über die Unterwelt herrscht. Ein wilder schwarzer Magier wird noch viel schlimmer sein.«

»Es ist vielleicht nicht das, was er will. Er könnte bereits ein Buch über schwarze Magie gefunden und es selbst gelernt haben, obwohl das unwahrscheinlich ist. Falls es weitere Bücher gibt, werden sie gut versteckt sein.« Rothen seufzte. »Trotzdem, wir Höheren Magier haben darüber nachgedacht, was wir tun sollen, falls er doch schwarze Magie erlernt.« Er lächelte verkniffen. »Es wird nicht bedeuten, dass wir ihn nicht einfangen können, es wird nur ein wenig dramatischer abgehen, wenn wir es tun.«

»Aber bevor Ihr es tut, werden noch viel mehr Menschen sterben. Und wir wissen nicht einmal, ob Anyi noch lebt.« Ihre Kehle schnürte sich zu, und sie musste wieder gegen Tränen ankämpfen.

»Er wird sie nicht getötet haben«, versicherte Gol ihr. »Er weiß, dass Ihr verlangen werdet, sie zu sehen, bevor Ihr ihm irgendetwas beibringt.«

Lilia atmete einige Male tief durch, um sich zu fassen. »Selbst wenn sie noch lebt, woher weiß ich, ob er sie gehen lassen wird, nachdem ich ihn unterrichtet habe?«

»Ihr müsst sicherstellen, dass sie fliehen kann, bevor Ihr ihm irgendetwas beibringt«, sagte Rothen.

»Es wäre einfacher, wenn ich einen weiteren Magier mitnehmen könnte.«

»Das wird er Euch niemals erlauben«, warf Jonna ein. »Ihr könnt nicht einmal einen als Diener verkleideten Magier mitnehmen. Er hat gesagt, Ihr müsst allein sein.«

Rothen nickte. »Wenn er hier Quellen hat, würde eine Verkleidung vielleicht ohnehin nicht funktionieren.« Er seufzte. »Wären diese Quellen nicht, würde ich vorschlagen, dass wir zu den Höheren Magiern gehen. Sie könnten Kallen einen Blutring machen lassen, damit wir Lilia mit seiner Hilfe im Auge behalten können. Wenn die Begegnung einen schlimmen Verlauf nimmt, werden wir nahe genug sein, um zu helfen.«

Lilia schaute überrascht zu ihm auf. Ein Blutring! Warum ist mir das nicht eingefallen? »Ich kann selbst Blutringe machen. Kallen hat es mir beigebracht.«

Seine Augen weiteten sich. »Wirklich? Nun, dann …« Er richtete sich auf und rieb sich die Hände. »Wir könnten den Ansatz eines Plans haben.«

Gol wandte den Blick ab. »Bittet mich nicht zu helfen. Der letzte Plan, den ich gemacht habe, war nicht sehr gut.«

»Du hast getan, was du mit den wenigen Mitteln, die dir zur Verfügung standen, tun konntest«, entgegnete Rothen. »Es war beeindruckend kühn. Ich hatte noch nie zuvor von Minenfeuer gehört. Faszinierendes Zeug. Wenn deine Falle funktioniert hätte, hättest du uns Skellin sozusagen frei Haus geliefert.« Er lächelte kurz. »Ich würde deinen Rat zu schätzen wissen, Gol. Du kennst die Unterwelt und die Stadt besser als wir.«

Gol runzelte die Stirn. »Nun … diese Idee, einen Blutstein zu benutzen … Wenn ich richtig verstehe, wie sie arbeiten, wird uns das nur dann etwas nutzen, wenn Ihr die Orte aussuchen könnt, die Ihr durch den Blutring zu sehen bekommt«, bemerkte Gol. »Was ist, wenn Ihr nicht wisst, wo sie sind? Was, wenn man Euch die Augen verbindet?«