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Die Verräterinnen kehrten jetzt eine nach der anderen zurück. Eine Frau trat aus dem Nebengang in der Nähe von Lorkin, und als er sich umdrehte, verdüsterte sich sein Herz. Kalia starrte ihn ausdruckslos an, dann machte sie einen großen Bogen um ihn.

Was … seltsam ist. Ich hatte zumindest einen wütenden Blick erwartet. Er schaute mit schmalen Augen auf ihren Rücken und konzentrierte sich.

Er fing keine Gedanken auf, nur ein vernichtendes Schuldgefühl.

»Es ist ihre Schuld«, stieß er hervor.

Niemand blickte auf. Sie hatten ihn nicht gehört. Im Raum war es zu laut. Als er sich umdrehte, sah er, dass Tyvara ihn anstarrte. Da ergriff jemand seinen Arm. Er schaute auf und stellte fest, dass Savara hinter ihnen stand, und ihre andere Hand lag auf Tyvaras Arm.

– Sag nichts, sandte sie. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt.

Lorkin schluckte einen Protest hinunter, nickte und folgte der Verräterkönigin hinaus auf die Straße.

Als Saral und Temi vor dem Tor stehen blieben und es mit Magie aufdrückten, stieß Sonea einen Seufzer der Erleichterung aus. Die Sonne war schon vor Stunden untergegangen, und sie hatte begonnen, sich zu fragen, ob die Eskorte beabsichtigte, die Nacht hindurch zu reisen. Die Verräter lenkten ihre Reittiere durch den Eingang. Während Sonea und Regin ihnen folgten, ließ Temi sich von seinem Pferd gleiten und ging hinüber, um die Tore wieder zu schließen. Bevor er sich zurückzog, schaute er die Straße entlang.

Saral saß ab und reichte Temi die Zügel ihres Pferdes, dann bedeutete sie Sonea und Regin, dass sie das Gleiche tun sollten.

»Wir müssen das Haus überprüfen«, sagte sie mit leiser Stimme. »Sieht so aus, als seien die Sklaven fort, aber es besteht immer die Möglichkeit, dass einige, die ihrem Herrn treu ergeben sind, geblieben sind. Obwohl der Ashaki sich höchstwahrscheinlich der Armee des Königs angeschlossen hat, könnte auch er zurückgeblieben sein, oder er könnte zurückgekehrt sein, um etwas zu holen, oder vielleicht hat er einen Freund geschickt, der über sein Haus wacht. Bleibt hier.«

Sonea nickte. »Braucht Ihr Hilfe?«

»Nein.«

Saral straffte sich und sah Temi an, dann stolzierte sie zu einer nahen Tür. Sie war unverschlossen, und Saral verschwand im Innern. Sonea blickte sich um. Es war vernünftig, bei Temi zu bleiben. Wenn sie angegriffen wurden, wäre es einfacher, alle unter einem einzigen Schild zu beschützen. Aber als sie auf ihn zuging, sah sie, dass er einen kleinen Gegenstand hochhielt. Sie spürte eine schwache Vibration in der Luft und begriff, dass er und die Pferde bereits in einem Schild waren. Der Gegenstand musste ein magischer Edelstein sein.

Also liegt es jetzt bei uns, uns mit einem Schild zu schützen. Warum Macht, die in einem Kampf gebraucht werden könnte, an zwei ungeladene Fremdländer verschwenden? Nun, ich nehme an, sie stehen kurz davor, in die Schlacht zu ziehen, und wir können auf uns selbst aufpassen. Seufzend ging sie auf den Schatten einer nahen Mauer zu. Im Schutz der Dunkelheit streckte sie ihre Barriere um Regin herum aus. Er sah sie an und rückte näher, sagte jedoch nichts.

Eine lange Wartezeit folgte. Temi schwieg, aber seine Furcht war unübersehbar. Die Pferde waren still und ließen müde die Köpfe hängen. Sie waren den ganzen Tag mit nur wenigen Pausen geritten. Länger und schneller, als wir zuvor gereist sind. Ich frage mich … sind wir jetzt in der Stadt? Die niedrigen Mauern und Häuser inmitten von Feldern hatten hohen Mauern Platz gemacht und Gebäuden, die recht nahe an der Straße standen. Die meisten Häuser waren einstöckig, aber gelegentlich hatte eins – wie auf dem Land – einen kleinen Turm, der aus dem Dach ragte. Sie hatte nicht sehen können, ob Felder dahinter verborgen oder wie groß die Grundstücke waren. Selbst jetzt konnte sie nur den Innenhof überblicken, in dem sie standen. Auf der anderen Seite der Gebäude könnte es ausgedehnte Felder geben oder ein weiteres Herrenhaus.

Es hört sich nicht wie eine Stadt an. Es ist zu still.

Regin verlagerte das Gewicht von einem Bein aufs andere, und seine Schulter streifte ihre und hinterließ einen Eindruck von Wärme. Sie spürte, wie ein Schock sie durchlief, der nicht völlig unangenehm war.

Lass das, sagte sie sich.

Zu ihrer Linken wurde eine Tür geöffnet, und Soneas Herz setzte einen Schlag aus. Dann erschien eine Lichtkugel, und sie sah zu ihrer Erleichterung, dass es Saral war, die zurückkehrte.

»Verlassen«, berichtete sie ihnen. »Die Ställe sind dort drüben.« Temi nickte und führte die Pferde in die Richtung, in die sie gedeutet hatte. Saral sah Sonea an. »Kommt herein.«

Sie betraten das Herrenhaus durch die Tür, die Saral zuerst benutzt hatte. Wie in so vielen sachakanischen Häusern führte ein kurzer Flur zu einem größeren Raum. Weitere Flure gingen zu beiden Seiten zu Zimmerfluchten ab, einem Badehaus, der Küche und anderen Arbeitsräumen.

»Wenn Ihr die später benutzt«, sagte Saral und deutete auf die Bäder, »haltet Euch nicht zu lange auf. Falls Tovira doch zurückkehren sollte, wollt Ihr dort nicht überrascht werden.«

»Nein«, stimmte Sonea zu. »Es wäre ziemlich peinlich, gegen einen Ashaki zu kämpfen, während man nackt ist.«

Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Regin eine Hand auf den Mund legte. Saral zögerte, dann wandte sie den Blick ab. »Und das Bad hat nur einen einzigen Eingang«, sagte sie.

Sonea konnte nicht erkennen, ob die Frau lächelte, und sie konnte keine Erheiterung in ihrer Stimme hören. Die Schlacht steht zu dicht bevor, um ein Gefühl für Humor zu bewahren. Als Nächstes gingen sie in die Küche, wo Saral sich etwas zu essen nahm und Sonea und Regin aufforderte, das Gleiche zu tun.

»Ihr macht Euch keine Sorgen, dass die Sklaven das Essen vergiftet haben könnten, in der Hoffnung, die Ashaki zu schwächen?«

Saral schüttelte den Kopf. »Wenn sie es getan hätten, hätten sie eine Warnung hinterlassen. Eine Glyphe, die unsere Spione benutzen. Also, ich gehe jetzt in den Turm hinauf. Ihr könnt hierbleiben, wenn Ihr wollt.«

»Ich werde Euch begleiten«, erklärte Sonea entschieden. »Ich will sehen, wo wir sind.«

Saral machte den Eindruck, als würde sie Einwände erheben wollen, doch dann schüttelte sie den Kopf. »Also schön, folgt mir.«

Der Weg zum Turm führte durch Räume, bei denen es sich um die Zimmerflucht des Ashaki gehandelt haben musste. Sonea bemerkte Frauenkleidung neben der eines Mannes.

»Ich frage mich, wo seine Frau ist.«

»Höchstwahrscheinlich hat er sie irgendwohin geschickt, wo es sicherer ist«, erwiderte Saral. »Wir befinden uns in den Außenbezirken. Ein zentralerer Ort wäre leichter zu verteidigen.«

Die Außenbezirke, überlegte Sonea. Also haben wir die Stadt erreicht.

Oben auf einer Wendeltreppe befand sich ein kleiner, runder Raum.

»Bleibt am Rand der Fenster, damit niemand Eure Umrisse sehen kann«, instruierte Saral sie. Sie trat von links an ein Fenster und spähte hindurch. Sonea schaute von der anderen Seite nach draußen. Dächer breiteten sich vor ihr aus. Irgendwo mehrere hundert Schritt links von ihnen brannte ein Gebäude. Eine größere Anzahl von zweistöckigen Gebäuden ragte direkt vor ihnen auf, und dahinter waren noch höhere Kuppeln zu erkennen.

»Willkommen in Arvice«, sagte Saral. »Savara hat uns den Befehl übermittelt, dass wir hierbleiben sollen, bis sie uns ruft. Es sei denn, wir würden gezwungen fortzugehen. Was sind Eure Befehle?«

Nichts so Konkretes, dachte Sonea. Aber da sie schon die Höflichkeit hatte zu fragen … »Ich werde mich erkundigen.«

Sie griff in die Tasche ihrer Robe, zog Osens Ring heraus und streifte ihn auf ihren Finger.

– Osen?

– Sonea.

– Wir sind in der Stadt eingetroffen und verstecken uns auf einem leeren Besitz, der einem Ashaki Tovira gehört. Der Ashaki ist nicht hier; wahrscheinlich hat er sich der Armee des Königs angeschlossen. Unsere Verrätereskorte sagt, wir müssten hier warten, bis Königin Savara uns ruft.