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– Wie spät ist es?

– Eine Stunde bevor hier die ersten Kurse beginnen.

Da die Sonne in Sachaka immer ein wenig früher aufging, war es mitten am Vormittag. War die Schlacht bereits geschlagen? Oder hatte sie noch nicht begonnen? Dannyl war erstaunt, dass er überhaupt hatte schlafen können. Aber andererseits waren er, Tayend und Merria lange aufgeblieben und hatten einiges von dem Weinvorrat des Gildehauses getrunken, um ihre Angst zu lindern, weil sie in einer Stadt im Krieg festsaßen und die Möglichkeit bestand, dass man sie aus Rache tötete oder um ihrer magischen Stärke willen.

– Ich habe gestern Nacht mit Sonea gesprochen, fuhr Osen fort. Sie und Regin halten sich in einem Haus am Rand der Stadt auf. Die Verräterinnen haben ihnen befohlen, dort zu bleiben, bis man sie ruft – was höchstwahrscheinlich passieren wird, wenn die Schlacht vorüber ist.

Das Wissen, dass Sonea nah war, war beruhigend, obwohl Dannyl sich nicht sicher war, warum. Vielleicht konnte sie zu seiner Rettung eilen, sollte das Gildehaus angegriffen werden.

– Bedauerlicherweise bedeutet das, dass sie nicht sehen wird, wie es Lorkin ergeht, oder wissen wird, wer als Sieger aus der Schlacht hervorgeht. Ich habe über die Warnung nachgedacht, die Achati und Euer ehemaliger Sklave Euch zukommen ließen, dass das Gildehaus zur Zielscheibe werden könnte. Könnt Ihr irgendwo anders hingehen?

– Irgendwohin, wo wir die Kämpfe beobachten könnten?

– Wenn sich das arrangieren lässt, ohne Eure Sicherheit und die von Merria und Tayend zu gefährden.

Dannyl dachte nach. Das Schiff, das Achati für sie aufgetrieben hatte, würde ein sicherer Ort sein, aber einer der Gründe dafür war der, dass der Hafen vom voraussichtlichen Schlachtfeld weit entfernt war – also kein guter Aussichtspunkt. Wo würde die Schlacht aller Voraussicht nach stattfinden? Am und im Palast, zu guter Letzt. Und von Achatis Haus hat man einen Blick auf die Parade, die Prachtstraße, die geradewegs zum Palast führt. Wenn wir aufs Dach stiegen, könnten wir vielleicht …

– Könnt Ihr sicher dort hinkommen?, fragte Osen.

Ein Frösteln überlief Dannyl bei der Erinnerung daran, dass seine Gedanken wegen des Blutrings für den Administrator offenlagen.

– Entschuldigung. Es fällt mir schwer, meine Ungeduld zu bezähmen. Merin will Neuigkeiten, und ich hatte gehofft, dass Ihr oder Sonea inzwischen kontaktiert worden wärt, sandte Osen.

Dannyl lächelte mitfühlend. Wenn der kyralische König direkten Druck auf den Administrator ausübte, bedeutete das, dass ihm die sachakanische Situation solche Angst machte, dass er sich nicht mit den Berichten des Hohen Lords Balkan begnügen wollte.

– Ich vermute, dass der Weg zu Achatis Haus der gefährliche Teil sein wird, aber wir werden feststellen, ob es sich machen lässt, sandte Dannyl zurück.

– Geht keine unnötigen Risiken ein. Oh, und Sonea wird einen meiner Blutringe tragen. Wir hoffen, dass sie ebenfalls in der Lage sein wird zu sehen, was Ihr seht.

– Und dass sie herkommt, um mich zu retten, falls etwas schiefgeht?

– Das würde ein weniger übles politisches Chaos anrichten als die andere Möglichkeit, nämlich dass sie Lorkin retten muss. Hmm. Es könnte eine Möglichkeit sein, die Verräterinnen dazu zu bewegen, ihr zu erlauben, die Stadt zu betreten. Es wird für sie schwerer zu rechtfertigen sein, Sonea davon abzuhalten, dem Gildebotschafter zu Hilfe zu eilen als ihrem Sohn.

Dannyls Herz setzte einen Schlag aus.

– Ihr wollt, dass ich mich in Schwierigkeiten bringe, damit sie einen Vorwand hat, um die Stadt zu betreten?

– Nein. Aber vielleicht könnten wir so tun, als hättet Ihr Schwierigkeiten … Nein. Nur wenn es unbedingt sein muss. Geht mit den anderen zuerst in Achatis Haus, dann werden wir weitere Ideen erwägen.

– In Ordnung.

– Viel Glück, Dannyl.

– Danke, Osen.

Dannyl streifte den Ring ab und zog schnell frische Roben an. Er hielt inne, um noch einmal den Raum zu betrachten. War da noch irgendetwas, das er mitnehmen sollte? Meine Notizen? Nein. Sie werden hier sicherer sein als bei mir. Falls ich getötet werde, wird man dieses Haus vielleicht plündern, aber niemand wird Notizbücher wollen. Später könnte jemand unsere Besitztümer sorgfältiger durchsehen. Hoffentlich ein Gildemagier, der ihren Wert erkennen wird. Vielleicht Achati … falls er überlebt.

Dannyl schob diesen Gedanken beiseite, drehte sich um und verließ seine Räume, um Merria und Tayend Bescheid zu geben.

Lorkin saß im Schneidersitz da, mit dem Rücken zur Wand. Das Herrenzimmer des Besitzes, auf dem sich die Verräter versammelt hatten, war überfüllt, aber sie achteten darauf, einen schmalen Pfad von Flur zu Flur freizuhalten, damit Boten sich schnell und ohne zu stolpern bewegen konnten.

Dies war das dritte Haus, in das Savaras Gruppe während der Nacht gegangen war. Das zweite war ein weiteres verlassenes Herrenhaus gewesen; dann, gegen Morgen, waren sie durch die stillen Straßen der Stadt zu diesem Haus geschlichen, das leichter zu verteidigen war. Hier wollten sie sich vor der letzten Konfrontation mit den Ashaki versammeln. Lorkin hatte nicht geschlafen und bezweifelte, dass irgendjemand sonst geschlafen hatte. Nicht, dass ich dazu in der Lage gewesen wäre, wenn ich es gewollt hätte. Außerdem hätte es kein Zimmer gegeben, in dem ich mich hätte niederlegen können. Eine Verräterin betrat den Raum und schaute zu Lorkin hinüber. Als er sich umdrehte, sah er, wer es war, und sein Herzschlag beschleunigte sich, als er Tyvara erkannte. Sie lächelte und kam auf ihn zu. Es war kein Platz für sie, um sich neben ihn zu setzen, daher stand er auf. Sie reichte ihm eine Weste.

»Die ist für dich«, sagte sie und hob die Stimme, damit er sie in dem Lärm, der im Raum herrschte, verstehen konnte.

Sein Magen vollführte einen kleinen Purzelbaum, als er die Weste in seinen Händen spürte. Alle Verräter trugen diese Westen. Sie waren bedeckt mit kleinen Taschen, in denen in Holz, in Stein oder kostbares Metall gefasste Edelsteine steckten. Er hatte angenommen, dass er ohne Steine kämpfen würde, da er keine Ausbildung darin hatte, wie man sie in der Schlacht benutzte.

»Sie ist einfacher zu benutzen, wenn du sie anziehst«, erklärte Tyvara.

»Gib mir einen Moment Zeit«, erwiderte er. Er schlüpfte in die Weste und stellte fest, dass sie ein wenig eng um die Arme war.

»Ich dachte mir, dass sie etwas zu klein sein würde«, sagte Tyvara und versuchte erfolglos, die Schnallen und Riemen an der vorderen Seite zu schließen. »Aber es ist die Einzige, die wir erübrigen konnten.«

»Nun, es kommt mehr auf das an, was darin steckt«, entgegnete er.

»Die Steine sind so arrangiert, dass man sie benutzen kann, ohne den Blick vom Feind abzuwenden. Aber du bist ja nicht vertraut mit ihrer Anordnung.« Sie seufzte und sah mit ernster Miene zu ihm auf. »Vergiss nur eins nicht: Die linke Seite ist für Verteidigungssteine, die rechte für Angriffssteine. Die stärkeren sind innen, die schwächeren außen. Sorge dafür, dass du die Weste, wenn du sie ausziehst, nicht mit aufgeknöpften Taschen nach unten hältst, denn wenn die Steine einmal herausgefallen sind, wirst du sie nicht mehr unterscheiden können.«

Lorkin wiederholte, was sie gesagt hatte. Er hatte die Verräter bis zu diesem Punkt nicht während des Kampfes Steine benutzen sehen. Er vermutete, dass sie sie für die Hauptschlacht aufhoben oder dass die Steine in einer größeren Konfrontation nützlicher waren. Die einzigen Steine, die er bisher im Gebrauch gesehen hatte, waren solche zur Verteidigung, wie die Barrieresteine, die Halana mit ihrem Trupp gerade ausgelegt hatte, als sie in den Hinterhalt geraten war.