«Macht nichts«, wehrte Robert ab.
Sie kam auf ihn zu und blieb dicht vor ihm stehen.»Wirklich nicht?«
Ich könnte nicht mal, wenn ich wollte, Lady.»Nein.«
«Va bene.« Während sie sich anzog, fragte sie beiläufig:»Wer ist Susan?«
Ihre Frage traf ihn unvorbereitet.»Susan? Wie kommst du darauf?«
«Du redest im Schlaf.«
Robert erinnerte sich an seinen Traum, in dem Susan zu ihm zurückgekehrt war. Vielleicht war das ein gutes Omen.»Susan ist… meine Freundin.«Meine Frau. Eines Tages wird sie Moneybags satthaben und zu mir zurückkommen. Falls ich dann noch lebe…
Er trat ans Fenster, zog den Vorhang einen Spalt weit auf und blickte hinaus. Auf der Straße herrschte reger Verkehr, doch es war weit und breit nichts Verdächtiges zu sehen.
Er wandte sich wieder zu dem Mädchen um.»Pier, möchtest du eine kleine Reise mit mir machen?«
Sie betrachtete ihn mißtrauisch.»Eine Reise… wohin?«
«Ich muß geschäftlich nach Venedig, aber ich reise nicht gern allein. Kennst du Venedig?«
«Nein.«
«Um so besser! Ich zahle dir, was du sonst verdient hättest, und wir machen ein paar Tage Urlaub. «Er blickte wieder aus dem Fenster.
«Das kostet dich pro Tag tausend Dollar. «Sie hätte auch die Hälfte genommen.
«Einverstanden«, sagte Robert und gab ihr 2000 Dollar.»Das ist für die beiden ersten Tage.«
Pier zögerte noch. Irgendwie hatte sie ein schlechtes Gefühl bei dieser Sache. Aber der Drehbeginn des Films, in dem sie eine kleine Rolle spielen sollte, hatte sich verzögert, und sie brauchte dringend Geld.»Einverstanden«, sagte sie.
Unten beobachtete Pier, wie Robert mit den Augen vorsichtig die Straße absuchte, bevor er an den Randstein trat, um ein Taxi anzuhalten. Irgend jemand hat’s auf ihn abgesehen, dachte sie. Mit dem darfst du nicht zusammenbleiben.
«Hör zu«, sagte sie,»vielleicht ist’s besser, wenn ich doch nicht nach Venedig mitfahre. Ich…«
«Du wirst sehen, wir amüsieren uns herrlich!«versicherte Robert ihr hastig. Dann erblickte er ein Juweliergeschäft auf der gegenüberliegenden Straßenseite und hatte eine Idee.»Komm, ich kaufe dir was Hübsches.«
«Aber…«
Er führte sie über die Straße in das Juweliergeschäft.
«Buon giorno, Signorina. Signore«, sagte der Verkäufer lächelnd.»Haben Sie einen bestimmten Wunsch?«
«Ja«, antwortete Robert.»Wir suchen etwas besonders Hübsches für die junge Dame. «Er wandte sich an Pier.»Magst du Smaragde?«
«Ich. ja.«
«Haben Sie ein schönes Smaragdarmband?«fragte Robert den Verkäufer.
«Si, Signore. Wir haben ein besonders schönes Stück da. «Er trat an eine Vitrine, nahm ein Armband heraus und legte es ihnen vor.»Es kostet fünfzehntausend Dollar.«
Robert wandte sich an Pier.»Gefällt’s dir?«
Sie starrte ihn sprachlos an. Dann nickte sie.
«Gut, wir nehmen es«, entschied Robert und reichte dem Verkäufer seine ONI-Kreditkarte.
«Augenblick, bitte. «Der Verkäufer nahm das Schmuckstück mit und verschwand nach nebenan. Als er zurückkam, fragte er:»Soll ich’s einpacken, oder…?«
«Nein, meine Freundin trägt es gleich. «Robert legte Pier das Armband ums Handgelenk.
«Das macht sich in Venedig bestimmt gut, meinst du nicht?«fragte er sie.
Pier lächelte ihn strahlend an.»Und wie!«
Draußen auf der Straße sagte Pier:»Ich… ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll.«
«Ich will nur, daß du dich gut amüsierst«, behauptete Robert.»Hast du ein Auto?«
«Nein. Ich hatte eins, aber es ist mir gestohlen worden.«
«Hast du wenigstens deinen Führerschein bei dir?«
Pier starrte ihn verwundert an.»Ja — aber was nützt ein Führerschein ohne Auto?«
«Das wirst du gleich sehen. Komm, wir haben’s eilig!«
Er hielt ein Taxi an.»Via Po, bitte.«
Auf der Fahrt saß sie hinten neben Robert und beobachtete ihn aus dem Augenwinkel heraus. Warum legt er so großen Wert auf meine Gesellschaft? Dabei hat er mich noch nicht mal angerührt. Ob er etwa…?
«Halten Sie hier, bitte!«rief Robert dem Fahrer zu. Sie waren noch etwa hundert Meter von der Autovermietung Maggiore entfernt.
«Wir steigen hier aus«, erklärte Robert Pier. Er bezahlte den Fahrer und wartete, bis das Taxi außer Sicht war, bevor er Pier einen dicken Packen Geldscheine in die Hand drückte.»Ich möchte, daß du einen Wagen für uns mietest. Einen Alfa oder Fiat für vier bis fünf Tage. Du mietest ihn unter deinem Namen. Ich warte in der Bar dort drüben auf dich.«
Nur eineinhalb Kilometer von ihnen entfernt verhörten zwei Kriminalbeamte den aufgebrachten Fahrer eines roten LKWs mit französischem Kennzeichen.
«Va te faire chier!« schrie der Mann.»Woher soll ich wissen, wie die Scheißkarte auf meine Ladefläche gekommen ist? Wahrscheinlich hat sie irgendein verrückter Italiener draufgeschmissen.«»Die Hälfte aller Geheimdienstleute Europas fahnden nach ihm«, sagte General Hilliard zu Oberst Frank Johnson.»Bisher haben sie leider kein Glück gehabt.«
«Dazu werden sie mehr als Glück brauchen«, antwortete der schwarze Hüne.»Bellamy ist ein verdammt guter Mann.«
«Wir wissen, daß er in Rom ist. Der Hundesohn hat gerade mit seiner ONI-Kreditkarte ein Armband für fünfzehntausend Dollar gekauft. Wir haben ihm sämtliche Fluchtwege abgeschnitten. Aus Italien kommt er unmöglich raus. Wir wissen sogar, auf welchen Namen sein gefälschter Reisepaß lautet: Arthur Butterfield.«
Oberst Johnson schüttelte den Kopf.»Wie ich Bellamy kenne, weiß kein Mensch, welchen Namen er im Augenblick benützt. Bei ihm kann man sich nur darauf verlassen, daß er das tut, was man am allerwenigsten erwartet. Wir sind hinter einem Mann her, der zu den Top-Leuten seiner Branche gehört. Falls es eine Möglichkeit zur Flucht gibt, wird Bellamy sie nutzen, falls es ein sicheres Versteck gibt, wird er es finden. Ich glaube, wir sollten versuchen, ihn auszuräuchern. Vorerst kontrolliert er noch alle Spielzüge. Wir müssen ihm die Initiative entreißen.«
«Sie meinen, wir sollten an die Öffentlichkeit gehen? Die Medien informieren?«
«Richtig.«
General Hilliard schob die Unterlippe vor.»Das wird bestimmt schwierig. Unser wahres Motiv dürfen wir nicht preisgeben.«
«Das brauchen wir auch nicht. Wir geben eine Pressemitteilung heraus, daß er wegen Drogenschmuggels gesucht wird. Auf diese Weise können wir Interpol und sämtliche europäischen Polizeibehörden für uns einspannen, ohne den wahren Grund angeben zu müssen.«
General Hilliard dachte kurz nach.»Die Idee gefällt mir.«
«Gut, dann fliege ich jetzt nach Rom«, sagte der Oberst.
«Am besten nehme ich die Fahndung selbst in die Hand.«
Als Frank Johnson in seine Dienststelle zurückkam, war er äußerst nachdenklich. Er spielte ein gefährliches Spiel, das stand fest. Er mußte Commander Bellamy finden.
37
Robert Bellamy hielt den Telefonhörer an sein Ohr und lauschte. Am anderen Ende der Leitung klingelte es bereits zum fünften Mal. In Washington, D. C., war es jetzt gerade sechs Uhr morgens. Das ist schon das zweite Mal, daß ich den Alten wecke, dachte Robert.
Admiral Whittaker meldete sich nach dem sechsten Klingeln.
«Admiral, hier ist Robert Bellamy. Ihr Telefon wird vermutlich abgehört, daher muß ich mich kurz fassen. Ich möchte Ihnen nur sagen, daß Sie nichts von dem glauben dürfen, was über mich verbreitet wird. Ich möchte, daß Sie herauszukriegen versuchen, was überhaupt gespielt wird. Vielleicht brauche ich später Ihre Hilfe.«