Sie stolperte und stieß mit einem Mann zusammen.
«Hey! Passen Sie doch auf, wohin Sie…«Der Amerikaner verstummte, musterte sie von oben bis unten und grinste.»Hallo, Schätzchen. Was für ein schöner Zufall, daß wir uns hier begegnet sind!«Was für ein tolles Weib!» Woher sind Sie, Schätzchen?«
«Aus dem siebten Sonnensystem der Plejaden.«
Er lachte.»Ich mag Frauen mit Humor. Wohin wollen Sie?«
Sie schüttelte den Kopf.»Das weiß ich nicht. Ich bin hier fremd.«
Jesus, daraus könnte was werden!» Haben Sie schon zu Abend gegessen?«
«Nein. Ich vertrage euer Essen nicht.«
Anscheinend leicht verrückt. Aber ‘ne echte Schönheit.»Wo wohnen Sie?«
«Ich wohne nirgends.«
«Sie haben kein Hotel?«
«Ein Hotel?«Was war das noch gleich? Ach ja: Unterkunftsboxen für reisende Erdenbewohner.»Nein. Ich muß einen Ort finden, um auszuruhen. Ich bin sehr müde.«
«Na, dafür kann Papa sorgen. Wollen wir nicht in mein Hotelzimmer gehen? Dort steht ein schönes, großes, weiches Bett. Würde Ihnen das gefallen?«
«O ja, sogar sehr.«
Er konnte sein Glück kaum fassen.»Wunderbar!«Ich möchte wetten, daß sie im Heu großartig ist.
Sie musterte ihn verwirrt.»Ihr Bett besteht aus Heu?«
Er starrte sie an.»Was? Nein, nein. Sie machen gern kleine Scherze, was?«
Sie konnte kaum noch die Augen offenhalten.»Könnten wir jetzt ins Bett gehen?«
Er rieb sich die Hände.»Mein Hotel ist gleich um die Ecke.«
Er führte sie in die Hotelhalle, holte seinen Schlüssel von der Reception, und dann fuhren sie mit dem Lift in den dritten
Stock. Als sie in seinem Zimmer angelangt waren, fragte der Amerikaner:»Wie wär’s mit ‘nem kleinen Drink?«Der löst Verkrampfungen.
Sie hätte nichts lieber getan, als etwas zu trinken — nur keine der Flüssigkeiten, wie sie Erdbewohner zu sich nahmen.»Nein«, sagte sie.»Wo ist das Bett?«
Hey, die geht vielleicht ran!» Dort drinnen, Schätzchen. «Er führte sie ins Schlafzimmer.»Weißt du bestimmt, daß du keinen Drink möchtest?«
«Ganz bestimmt.«
Er fuhr sich mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen.»Willst… äh… willst du dich nicht ausziehen?«
Sie nickte. Bei den Erdenbewohnern war das so üblich. Sie zog ihr schlichtes weißes Kleid über den Kopf. Darunter war sie nackt.
Der Mann betrachtete sie gierig.»Das wird eine wahre Glücksnacht für mich, Schätzchen«, sagte er zufrieden grinsend.»Und auch für dich.«Ich werd’ dich durchvögeln, wie du noch nie gevögelt worden bist.
Er riß sich die Kleider vom Leib und sprang zu ihr ins Bett.»Jetzt geht’s los!«kündigte er an.»Jetzt sollst du erleben, was Action ist!«Dann stutzte er.»Scheiße! Ich hab’ das Licht angelassen. «Er wollte aufstehen.
«Schon gut«, murmelte sie schläfrig.»Ich mach’s aus.«
Und dann wurde ihr Arm länger und länger, bis er quer durchs Zimmer reichte, und ihre Finger verwandelten sich in blättrige grüne Fühler, die den Lichtschalter streiften.
Das Licht erlosch, aber im selben Augenblick ertönte ein markerschütternder Schrei. Die Bewohner der angrenzenden Zimmer schreckten auf. Daß ein Mann so schreien konnte…
39
Sie waren auf der Autobahn nach Neapel unterwegs. In der letzten halben Stunde hatten sie schweigend nebeneinandergesessen. Beide hingen ihren eigenen Gedanken nach.
Schließlich brach Pier das Schweigen.»Wie lange möchtest du bei meiner Mutter bleiben?«fragte sie.
«Drei bis vier Tage, wenn das möglich ist.«
«Natürlich ist das möglich.«
Robert hatte nicht die Absicht, dort mehr als eine oder zwei Nächte zu verbringen. Aber er behielt seine Absichten für sich.
«Ich freue mich darauf, meine Familie wiederzusehen«, sagte Pier.
«Du hast nur einen Bruder?«
«Ja — Carlo. Er ist jünger als ich.«
«Erzähl mir von deiner Familie, Pier.«
Sie zuckte mit den Schultern.»Da gibt’s nicht viel zu erzählen. Mein Vater hat sein Leben lang im Hafen gearbeitet. Als ich fünfzehn war, ist er von einem Kran erschlagen worden. Meine Mutter ist krank gewesen, und ich habe sie und Carlo unterstützen müssen. Ein Freund in Cinecitta hat mir kleine Filmrollen verschafft. Die Gagen sind minimal gewesen, und ich habe mit dem Regieassistenten schlafen müssen. Dann habe ich gemerkt, daß auf der Straße mehr Geld zu verdienen ist. Jetzt arbeite ich mal hier, mal dort.«
«Pier., weißt du bestimmt, daß deine Mutter nichts dagegen hat, wenn du einen Fremden mit nach Hause bringst?«
«Natürlich hat sie nichts dagegen! Wir verstehen uns sehr gut. Mutter wird sich freuen, mich wiederzusehen. Liebst du sie sehr?«
Robert sah überrascht zu ihr hinüber.»Deine Mutter?«
«Die Frau, von der du im Schlaf gesprochen hast. Du hast in der Trattoria mit ihr telefoniert, nicht wahr?«
«Wie kommst du darauf, daß ich sie liebe?«fragte Robert brüsk.
Sie schwieg einen Augenblick. Dann sagte sie:»Versprichst du mir, nicht böse auf mich zu sein, wenn ich dir was erzähle?«
«Versprochen!«
Mit leiser Stimme sagte sie:»Ich bin dabei, mich in dich zu verlieben, glaub’ ich.«
«Pier.«
«Ich weiß, daß es dumm ist. Aber das hab’ ich noch zu keinem Mann gesagt. Ich will, daß du das weißt.«
Robert wußte nicht, was er sagen sollte.»Danke… Pier.«
«Du machst dich nicht über mich lustig?«
Er schüttelte den Kopf. Er sah auf die Benzinuhr.
Knapp eine Viertelstunde später bog Robert an einer Raststätte ab.»Wir müssen tanken«, sagte er.
«Und ich kann inzwischen daheim anrufen«, meinte Pier lächelnd,»und Mutter sagen, daß ich einen attraktiven Mann mitbringe.«
Robert hielt an einer Zapfsäule. »Pieno, per favore«, wies er den Tankwart an.
«Si, Signore.«
Pier küßte Robert auf die Wange.»Bin gleich wieder da!«
Robert beobachtete, wie sie Telefonmünzen kaufte. Sie ist wirklich sehr hübsch, überlegte er sich. Und intelligent. Ich muß aufpassen, daß ich sie nicht verletze.
Dann stand Pier am Wandapparat und wählte. Sie drehte sich nach Robert um und nickte ihm lächelnd zu. Als die Vermittlung sich meldete, flüsterte sie hastig:»Geben Sie mir Interpol. Subito!«
40
Seitdem Pier im Fernsehen das Fahndungsbild Robert Bellamys gesehen hatte, wußte sie, daß sie reich werden würde. Wenn Interpol nach Robert fahndete, würde für sachdienliche Hinweise bestimmt eine riesige Belohnung ausgesetzt sein. Und sie war die einzige, die wußte, wo er steckte! Deshalb stand die Belohnung ganz allein ihr zu. Daß sie Robert dazu überredet hatte, mit ihr nach Neapel zu kommen, wo sie ihn im Auge behalten konnte, war ein Geniestreich gewesen.
«Interpol-Außenstelle Rom«, meldete sich eine Männerstimme am Telefon.
Pier blickte rasch zum Wagen, um sich davon zu überzeugen, daß Robert noch an der Zapfsäule stand.»Sie fahnden nach einem Commander Robert Bellamy, stimmt’s?«
Am anderen Ende herrschte kurzes Schweigen.»Darf ich Sie um Ihren Namen bitten?«
«Der tut nichts zur Sache!«wehrte sie ab.»Sind Sie hinter ihm her oder nicht?«
«Augenblick, ich muß Sie weiterverbinden. Bleiben Sie bitte am Apparat?«