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Nachdem das Tragflügelboot in Capri angelegt hatte, ging Robert ans Kassenhäuschen der Standseilbahn, in dem ein älterer Mann Fahrkarten verkaufte.

«Geben Sie mir ‘ne Karte!«verlangte Robert in aggressivem Tonfall.»Aber ‘n bißchen dalli! Ich hab’ nicht den ganzen Tag Zeit! Sie sind sowieso zu alt für diesen Job. An Ihrer Stelle würd’ ich lieber daheimbleiben. Bestimmt treibt’s Ihre Frau tagsüber mit sämtlichen Nachbarn.«

Der sprachlose Kassierer wäre wohl am liebsten auf Robert losgegangen. Passanten bedachten Robert mit vorwurfsvollen Blicken. Robert nahm seine Fahrkarte und zwängte sich noch in die bereits überfüllte Seilbahnkabine. An mich erinnern sie sich todsicher! dachte er grimmig. Er hinterließ eine Fährte, die kein Fahnder übersehen konnte.

Sobald die Bahn oben angekommen war, drängte Robert sich ungestüm durch die Menge und ging auf der gewundenen Via Vittorio Emmanuelle zum Hotel Quisisana.

«Ich möchte ein Einzelzimmer«, erklärte er dem Angestellten an der Reception.

«Tut mir leid«, entschuldigte sich der junge Mann,»aber wir sind völlig ausgebucht. Vielleicht.«

Robert legte ihm 50000 Lire Trinkgeld hin.»Mir wäre jedes Zimmer recht.«

«Hmmm, das dürfte zu machen sein, Signore. Wenn Sie sich bitte eintragen wollen?«

Robert unterschrieb mit Commander Robert Bellamy.

«Wie lange bleiben Sie bei uns, Commandatore?«

«Eine Woche.«

«Gut, das läßt sich machen. Darf ich um Ihren Paß bitten?«

«Der ist in meinem Gepäck. Es wird in ein paar Minuten gebracht werden.«

«Ich lasse Ihnen von einem Pagen Ihr Zimmer zeigen.«

«Danke, nicht jetzt. Ich muß noch einmal weg. Aber ich bin in einer Viertelstunde wieder da.«

Robert trat aus der Hotelhalle auf die Straße hinaus. Die Erinnerungen schmerzten wie eine niemals richtig verheilte Wunde.

Hier war er damals mit Susan gewesen. Sie hatten die Blaue Grotte besucht und morgens Kaffee auf der Piazza Umberto getrunken. Sie waren mit der Seilbahn nach Anacapri hinaufgefahren, auf Eseln zu Tiberius’ Villa Novice geritten und im smaragdgrünen Wasser der Marina Piccolo geschwommen.

Robert ging zur Seilbahnstation an der Piazza Umberto zurück, mischte sich unauffällig unter die Fahrgäste und fuhr wieder nach unten. Als er dort die Station verließ, achtete er darauf, nicht von dem Kassierer, den er beleidigt hatte, gesehen zu werden. Er trat ans Kassenhäuschen auf dem Kai und fragte auf spanisch: »Cuando es el proximo barco a Ischia?«

«Trenta minuti«, erwiderte der Mann an der Kasse auf italienisch.

«Bueno. Gracias.« Robert kaufte eine Fahrkarte.

Er ging in eine Bar am Hafen, setzte sich in den hintersten Winkel und trank langsam einen Scotch. Unterdessen mußte der Leihwagen aufgefunden worden sein, wodurch das Jagdgebiet sich verkleinert hatte. In Gedanken breitete er eine Europakarte vor sich aus. Wo könnte ich am besten an Bord der Halcyon gehen? Am besten natürlich in einer ruhigen HafenstadtViterbo. Ich muß nach Viterbo.

Robert ließ sich vom Besitzer der Bar Telefonmünzen geben und ging ans Telefon. Diesmal dauerte es fast zehn Minuten, bis das Gespräch zustande kam.

Susan war am Apparat.

«Wir haben schon darauf gewartet, daß du dich wieder melden würdest.«Wir.»Die Motoren sind repariert. Wir könnten morgen früh in Neapel sein. Wo sollen wir dich an Bord nehmen?«

«Erinnerst du dich an das Palindrom?«fragte Robert.»Wir sind in den Flitterwochen dort gewesen.«

«Das was

«Ich habe eine scherzhafte Bemerkung darüber gemacht, weil ich so erschöpft gewesen bin.«

Am anderen Ende entstand eine kurze Pause. Dann sagte Susan leise:»Ja, ich erinnere mich.«

«Kann die Halcyon mich morgen dort abholen?«»Augenblick!«

Er wartete.

Susan kam wieder ans Telefon.»Ja, das geht.«

«Gut. «Robert zögerte.»Ich weiß, daß ich viel von dir verlange. Falls es jemals rauskäme, daß du mir geholfen hast, könntest du in schreckliche Gefahr geraten.«

«Mach dir deswegen keine Sorgen. Wir holen dich dort ab. Und paß gut auf dich auf!«

«Danke«, sagte Robert und legte auf.

Im Nachrichtenraum der SIFAR-Zentrale in Rom wurde das Telefongespräch von vier Männern mitgehört. Der Fernmeldetechniker sagte:»Wir haben es aufgezeichnet, falls Sie’s noch mal hören wollen, Colonnello

Oberst Cesare warf Frank Johnson einen fragenden Blick zu.»Bitte. Mich interessiert vor allem der vereinbarte Treffpunkt. Wenn ich richtig gehört habe, hat er >Palindrom< gesagt. Ist das irgendwo in Italien?«

Francesco Cesare schüttelte den Kopf.»Nie davon gehört. Aber das läßt sich nachprüfen. «Er wandte sich an seinen Adjutanten.»Stellen Sie fest, wo das liegt. Und überwachen Sie die Nachrichtenverbindungen der Halcyon weiter.«

«Wird gemacht, Colonnello

In dem ehemaligen Bauernhaus am Stadtrand von Neapel klingelte das Telefon. Pier wollte aufstehen, um den Hörer abzunehmen.

Aber einer der Männer kam ihr zuvor.»Hallo?«Er hörte kurz zu, knallte den Hörer auf die Gabel und wandte sich an seinen Kollegen.»Bellamy ist mit dem Schiff nach Capri gefahren. Komm, wir haben’s eilig!«

Pier sah den beiden nach, als sie hastig das Haus verließen, und dachte dabei: Gott hat ohnehin nie gewollt, daß ich soviel Geld kriege. Hoffentlich erwischen sie ihn nicht!

Als die Fähre nach Ischia anlegte, mischte Robert sich unauffällig unter Menschen, die an Bord gingen, wobei er sorgfältig jeglichen Blickkontakt vermied. Nachdem das Boot in Ischia angelegt hatte, ging er zum Kassenhäuschen auf dem Kai. Auf einer Anzeigetafel war zu sehen, daß die Fähre nach Sorrent in zehn Minuten abfahren würde.

«Eine Rückfahrkarte nach Sorrent«, verlangte Robert.

Eine Viertelstunde später war Robert Bellamy nach Sorrent auf dem italienischen Festland unterwegs. Jetzt stellen sie wahrscheinlich alles in Capri auf den Kopf, dachte er.

Auf dem Lebensmittelmarkt in Sorrent herrschte reges Treiben. Bauern aus der Umgebung hatten Obst, Gemüse und frisches Fleisch in die Stadt gebracht.

Robert sprach einen stämmigen Mann mit fleckiger Schürze an, der einen Lastwagen belud. »Pardon, Monsieur…« Robert Bellamy sprach nun mit perfektem französischen Akzent Italienisch.»Fahren Sie zufällig in Richtung Viterbo?«

«Schon möglich«, antwortete der Mann ausweichend.

«Ich würde gern fürs Mitfahren bezahlen.«

«Wieviel?«

Robert drückte ihm 100000 Lire in die Hand.

«Dafür könnten Sie schon fast nach Rom fliegen, ist Ihnen das klar?«

Robert merkte sofort, daß er einen Fehler gemacht hatte. Er sah sich nervös um.»Um ganz ehrlich zu sein: Meine Gläubiger lassen den Flughafen überwachen. Deshalb wär’s mir lieber, wenn Sie mich mitnehmen würden.«

Der Mann nickte.»Ah, ich verstehe. Gut, steigen Sie ein. Wir können gleich abfahren.«

Robert gähnte.»Ich bin tres fatigue. Wie sagt man? Sehr müde. Haben Sie was dagegen, wenn ich hinten auf der Ladefläche schlafe?«

«Dort werden Sie ziemlich durchgeschüttelt werden, aber wenn Sie’s so wollen.«

«Merci.«

Die Ladefläche stand voller Kisten und Kartons. Giuseppe ließ Robert hinaufsteigen und schloß die Bordwand hinter ihm. Hinter einigen Kisten fand Robert ein gutes Versteck. Plötzlich merkte er, wie erschöpft er war. Diese Verfolgungsjagd war verdammt anstrengend. Wie lange hatte er nicht mehr geschlafen? Er dachte an Pier und wie sie nachts zu ihm gekommen war und bewirkt hatte, daß er sich wieder ganz, wieder als Mann fühlte. Hoffentlich hatte sie keine Schwierigkeiten bekommen! Mit diesem Gedanken schlief Robert ein.