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»Er ist hergekommen, um mich zu besuchen?«

»Ja.« Die Krankenschwester sah sich um. »Die meisten dieser Blumen sind von ihm.«

Unglaublich.

»Ihre Eltern sitzen im Wartezimmer, Miss Dudash. Fühlen Sie sich wohl genug, um Besuch zu empfangen?«

»Natürlich.«

»Danke. Ich schicke sie dann herein.«

Junge, Junge, so bin ich noch in keinem Krankenhaus behandelt worden! dachte Ellen.

Ihre Eltern kamen herein und traten an ihr Bett. Sie waren beide aus Polen eingewandert und sprachen noch immer ein schlechtes Englisch. Ihr Vater war Automechaniker, ein stämmiger, grob-knochiger Fünfziger. Ellens Mutter war das einfache Bauernmädchen geblieben, als das sie auf die Welt gekommen war.

»Ich hab’ dir was Suppe mitgäbracht, Ellen.«

»Mom, im Krankenhaus kriegt man was zu essen.«

»Nicht meine Suppe, die kriegst du in keine Hospital. Du isst meine Suppe, damit du wirst schnäller gesund.«

»Hast du Zeitung geläsen?« fragte ihr Vater. »Hab’ ich dir mitgäbracht.«

Er gab ihr die Zeitung. Die Schlagzeile lautete: Fabrikarbeiterin riskiert Leben, um Boss zu retten!

Sie las die Story zweimal.

»War serrr tapfer, was du gemacht hast.«

Tapfer? Dämlich bin ich gewesen. Hätte ich ein bisschen Zeit zum Nachdenken gehabt, hätte ich mich selbst in Sicherheit gebracht. So was Dämliches hab ’ ich noch nie getan! Ich hätte dabei umkommen können!

Milo Scott besuchte Ellen etwas später an diesem Vormittag. Er brachte einen weiteren prächtigen Blumenstrauß mit.

»Die sind für Sie«, sagte er verlegen. »Der Arzt hat mir gesagt, dass Sie sich bald erholen werden. Ich. ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen bin.«

»Oh, das war nicht der Rede wert.«

»Es war die mutigste Tat, die ich je erlebt habe. Sie haben mir das Leben gerettet.«

Ellen versuchte, sich zu bewegen, aber dabei begann ihr Arm stark zu schmerzen.

»Alles in Ordnung?«

»Klar.« Unter dem Pflasterverband hatte sie jetzt stechende Schmerzen. »Was hat der Doc bei mir festgestellt?«

»Sie haben sich den Arm und drei Rippen gebrochen.«

Etwas Schlimmeres hätte er ihr kaum mitteilen können! Ihre Augen füllten sich mit Tränen.

»Was haben Sie plötzlich?«

Wie sollte sie ihm das sagen? Er würde sie nur auslachen. Sie hatte auf eine lange geplante Urlaubsreise nach New York mit einigen Mädels aus der Fabrik gespart. Diese Reise war ihr großer Traum gewesen. Jetzt kriege ich wenigstens vier, fünf Wochen lang keinen Lohn, weil ich nicht arbeiten kann. Lebwohl, Manhattan!

Ellen hatte seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr gearbeitet. Sie war stets wild entschlossen unabhängig und selbständig gewesen, aber jetzt dachte sie: Vielleicht übernimmt er einen Teil der Krankenhauskosten, wenn er so dankbar ist. Aber der Teufel soll mich holen, wenn ich ihn darum bitte! Sie fühlte sich schläfrig. Das muss an der Medizin liegen, die ich vorhin gekriegt habe.

»Danke für die vielen Blumen, Mister Scott. Und es war nett, Sie kennen gelernt zu haben.« Wegen der Krankenhausrechnung kann ich mir später Sorgen machen.

Ellen Dudash schlief.

Am nächsten Morgen betrat ein großer, distinguiert aussehender Mann Ellens Suite.

»Guten Morgen, Miss Dudash. Wie fühlen Sie sich heute?«

»Danke, besser.«

»Ich bin Sam Norton, der Pressechef der Firma Scott Industries.«

»Oh.« Sie hatte ihn noch nie gesehen. »Leben Sie hier?«

»Nein. Ich bin mit dem Flugzeug aus Washington gekommen.«

»Um mich zu besuchen?«

»Um Ihnen behilflich zu sein.«

»Wobei behilflich zu sein?« »Draußen wartet die Presse, Miss Dudash. Da Sie vermutlich noch nie eine Pressekonferenz gegeben haben, glaube ich, dass Sie etwas Unterstützung brauchen könnten.«

»Was wollen die Reporter?«

»Sie werden Sie vor allem bitten, ihnen zu schildern, wie und weshalb Sie Mister Scott gerettet haben.«

»Oh, das ist ganz einfach. Hätte ich erst darüber nachdenken können, wäre ich blitzartig abgehauen.«

Norton starrte sie an. »Miss Dudash.. das würde ich an Ihrer Stelle nicht sagen, glaube ich.«

»Warum nicht? Es ist die Wahrheit.«

Damit hatte Norton nicht gerechnet. Das Mädchen schien die Situation überhaupt nicht zu begreifen.

Etwas anderes machte Ellen Sorgen, und sie beschloss, offen darüber zu sprechen. »Kommen Sie demnächst mit Mister Scott zusammen?«

»Ja.«

»Würden Sie mir einen Gefallen tun?«

»Gewiss, wenn ich kann.«

»Ich weiß, dass der Unfall nicht seine Schuld gewesen ist, und er hat mich nicht gebeten, ihn wegzuschubsen, aber.« Ihre unabhängige Veranlagung ließ sie zögern. »Okay, schon gut.«

Jetzt kommt’s! dachte Norton. Was will sie als Belohnung rausholen? Bargeld? Einen besseren Job? Was sonst? »Bitte weiter, Miss Dudash.«

Die Worte sprudelten aus ihr hervor. »Die Wahrheit ist einfach, dass ich nicht viel Geld habe und wegen dieser Sache ein paar Wochen lang keinen Lohn kriegen werde und mir diese Krankenhausrechnung bestimmt nicht leisten kann. Ich möchte Mister Scott nicht belästigen, aber wenn er dafür sorgen könnte, dass ich einen Kredit bekomme, würde ich alles abstottern.« Sie deutete Nortons Gesichtsausdruck gründlich falsch. »Tut mir leid, wenn das geldgierig geklungen hat. Aber ich habe gerade auf eine Urlaubsreise gespart, und. na ja, jetzt ist eben alles im Eimer.« Sie holte tief Luft. »Aber das ist nicht sein Problem. Ich komme schon irgendwie zurecht.«

Norton hätte sie am liebsten geküsst. Wie lange ist’s her, dass ich zum letzten Mal wahre Unschuld erlebt habe? Das kann einem den Glauben an die Frauen wiedergeben!

Er legte seine professionelle Art ab, setzte sich auf Ellens Bettkante und griff nach ihrer Hand. »Ellen, ich habe das Gefühl, wir könnten gute Freunde werden. Ich versichere Ihnen, dass Sie sich keine Geldsorgen zu machen brauchen. Als erstes müssen wir dafür sorgen, dass Sie die Pressekonferenz gut überstehen. Ich möchte, dass Sie dabei gut rauskommen, damit.« Er machte eine Pause. »Ich will ganz ehrlich sein. Mein Job ist es, dafür zu sorgen, dass die Firma Scott Industries dabei gut rauskommt. Verstehen Sie das?«

»Ich glaube schon. Sie meinen, dass es nicht so gut wirken würde, wenn die Reporter von mir hören, dass es mir in Wirklichkeit gar nicht um Milo Scott gegangen ist. Dass ich lieber sagen sollte: Ich arbeite so gern bei Scott Industries, dass ich gewusst habe, dass ich versuchen musste, Milo Scott unter Einsatz meines eigenen Lebens zu retten. Stimmt’s, Mister Norton?«

»Ja.«

Ellen lachte. »Okay, wenn Ihnen damit geholfen ist. Aber ich will Ihnen nichts vormachen, Mister Norton. Ich weiß selbst nicht, weshalb ich’s getan habe.«

Er lächelte. »Das bleibt unser Geheimnis. Dann lasse ich jetzt die Leute herein.«

Rundfunksender, Zeitungen und Zeitschriften hatten über zwei Dutzend Reporter und Fotografen entsandt. Die Story war außergewöhnlich, und die Medien waren entschlossen, sie gründlich auszuschlachten. Schließlich kam es nicht jeden Tag vor, dass eine hübsche Arbeiterin ihr Leben riskierte, um ihren Boss zu retten. Und die Tatsache, dass ihr Chef Milo Scott war, erhöhte den Nachrichtenwert dieser Story noch.

»Miss Dudash, woran haben Sie als erstes gedacht, als Sie gesehen haben, dass diese Ladung Eisenteile auf Sie herabstürzen würde?«

Ellen sah kurz zu Sam Norton hinüber, bevor sie ernsthaft antwortete: »Ich habe mir gedacht: „Du musst Mister Scott retten! Du würdest dir nie verzeihen, wenn er umkäme.«