Выбрать главу

Die Pressekonferenz verlief reibungslos, und als Norton sah, dass Ellen müde zu werden begann, verabschiedete er die Reporter. »Meine Damen und Herren, das war’s für heute. Vielen Dank.«

»Hab’ ich alles richtig gemacht?«

»Sie sind großartig gewesen, Ellen. Ruhen Sie sich jetzt ein bisschen aus.«

Sie schlief unruhig. Sie träumte, sie stehe in der Eingangshalle des Empire State Buildings und dürfe den Aufzug nicht betreten, weil sie nicht genug Geld für ein Ticket bei sich habe.

Milo Scott besuchte Ellen an diesem Nachmittag. Sie war überrascht, ihn zu sehen. Soviel sie wusste, lebte er in New York.

»Die Pressekonferenz ist sehr gut verlaufen, habe ich gehört. Sie sind eine richtige Heldin.«

»Mister Scott, ich. ich muss Ihnen etwas sagen. Ich bin keine Heldin. Ich habe nicht daran gedacht, Sie zu retten. Ich. ich hab’s einfach getan.«

»Ja, ich weiß. Sam hat’s mir erzählt.«

»Na ja, dann.«

»Ellen, es gibt alle möglichen Arten von Heldentum. Sie haben nicht überlegt, ob Sie mich retten sollten; Sie haben’s instinktiv getan, anstatt sich selbst in Sicherheit zu bringen.«

»Das wollte ich Ihnen nur sagen.«

»Sam hat mir auch erzählt, dass Sie sich Sorgen wegen der Krankenhausrechnung machen.«

»Nun, ich.«

»Die wird natürlich bezahlt. Und was Ihren Lohnausfall betrifft.« Er lächelte. »Miss Dudash, Sie wissen vermutlich gar nicht, wie viel ich Ihnen schuldig bin.«

»Sie sind mir überhaupt nichts schuldig.«

»Der Arzt sagt, dass Sie morgen bereits entlassen werden können. Darf ich Sie dann zum Abendessen einladen?«

Er begreift nichts, dachte Ellen. Ich will weder sein Mitleid noch seine Mildtätigkeit. »Sie schulden mir wirklich nichts, Mister Scott. Dass Sie die Krankenhauskosten übernehmen, ist nett. Damit sind wir quitt.«

»Gut. Darf ich Sie trotzdem zum Essen einladen?«

Damit fing alles an. Milo Scott blieb eine Woche lang in Gary und ging jeden Abend mit Ellen aus.

»Sei vorsichtig«, warnten ihre Eltern sie. »Große Bosse gehen nur mit Arbeiterinnen aus, wenn sie was von ihnen wollen.«

Auch Ellen Dudash war ursprünglich dieser Meinung gewesen, aber Milo Scott brachte sie davon ab. Er erwies sich als perfekter Gentleman, bis Ellen schließlich erkannte: Er ist gern mit mir zusammen.

Wo Milo schüchtern und zurückhaltend war, war Ellen aufgeschlossen und offen. Milo hatte sein Leben lang nur Frauen kennen gelernt, die von brennendem Ehrgeiz erfüllt waren, in die mächtige Dynastie der Scotts einzuheiraten. Ellen Dudash war die erste rückhaltlos ehrliche Frau, die er jemals kennen gelernt hatte. Sie sagte immer genau das, was sie dachte. Sie war intelligent, attraktiv und vor allem eine amüsante Gesprächspartnerin. Gegen Ende dieser Woche waren sie beide dabei, sich ineinander zu verlieben.

»Ich möchte, dass du mich heiratest«, sagte Milo Scott. »Ich kann an nichts anderes mehr denken. Heiratest du mich?«

»Nein.«

In Wirklichkeit konnte auch Ellen an nichts anderes mehr denken. Aber dieser Gedanke erschreckte sie. Die Familie Scott gehörte zum feinsten Geldadel Amerikas; sie war berühmt, reich und mächtig. Ich gehöre nicht in diese Kreise. Ich würde mich nur lächerlich machen. Und Milo dazu. Aber sie wusste, dass sie einen vergeblichen Kampf kämpfte.

Sie wurden in Greenwich von einem Friedensrichter getraut und kehrten nach Manhattan zurück, damit Ellen Dudash ihre angeheiratete Verwandtschaft kennen lernen konnte.

»Wie bist du auf die Scheißidee gekommen, diese polnische Nutte zu heiraten?« fragte Byron Scott seinen Bruder zur Begrüßung. »Bist du völlig übergeschnappt?«

Susan Scott war ebenso abweisend. »Sie hat Milo natürlich wegen seines Geldes geheiratet. Wenn sie merkt, dass er keines hat, lassen wir die Eheschließung annullieren. Diese Ehe hält bestimmt nicht lange.«

Beide unterschätzten Ellen Dudash gewaltig.

»Dein Bruder und deine Schwägerin hassen mich, aber ich habe nicht sie geheiratet. Ich habe dich geheiratet. Ich will nicht zwischen dir und Byron stehen. Wenn du wegen dieser Sache unglücklich bist, brauchst du’s nur zu sagen - dann gehe ich nach Gary zurück.«

Er schloss seine junge Frau in die Arme und flüsterte ihr ins Ohr: »Ich liebe dich, und wenn Byron und Susan dich richtig kennen lernen, werden sie’s auch tun.«

Wie naiv er ist! dachte Ellen, während sie ihn an sich drückte. Und wie ich ihn liebe!

Byron und Susan behandelten ihre neue Schwägerin nicht unfreundlich. Sie waren gönnerhaft. Für sie würde sie stets die kleine Polin bleiben, die in einer ihrer Fabriken gearbeitet hatte.

Ellen lernte, las, beobachtete, wie die Frauen von Milos Freunden sich anzogen und benahmen, und imitierte sie. Sie war entschlossen, eine Milo Scott würdige Ehefrau zu werden - und das gelang ihr schließlich auch. Aber nicht in den Augen ihrer neuen Verwandtschaft. Ihre Naivität verwandelte sich allmählich in Zynismus. So wundervoll sind die Reichen und Mächtigen auch wieder nicht, dachte sie. Sie wollen nur noch reicher und mächtiger werden.

Ellens Beschützerinstinkt für Milo war stark, aber sie konnte nur wenig tun, um ihm zu helfen. Die Firma Scott Industries gehörte zu den wenigen in Privatbesitz befindlichen Mischkonzernen der Welt, und Byron besaß sämtliche Anteile allein. Sein jüngerer Bruder war lediglich ein Angestellter der Firma, und Byron sorgte dafür, dass er das nie vergaß. Milo erhielt schwierige Aufgaben zugewiesen, bekam aber nie ein anerkennendes Wort zu hören.

»Weshalb lässt du dir das gefallen, Milo? Du bist nicht auf ihn angewiesen. Du könntest eine eigene Firma gründen.«

»Ich kann Scott Industries nicht verlassen. Byron braucht mich.«

Nach einiger Zeit erkannte Ellen jedoch den wahren Grund: Milo war schwach. Er brauchte einen Starken, auf den er sich stützen konnte. Damit stand für sie fest, dass er niemals den Mut aufbringen würde, die Firma zu verlassen.

Cut, dann eben nicht, dachte sie erbittert. Eines Tages gehört die Firma trotzdem ihm. Byron kann nicht ewig leben. Und Milo ist sein einziger Erbe.

Als Susan Scott überraschend mitteilte, sie erwarte ein Kind, war Ellen wie vor den Kopf geschlagen. Der Balg erbt einmal alles! überlegte sie sich.

Byron Scott ließ sich nicht entmutigen, als seine Frau ein Mädchen zur Welt brachte. »Ich bringe ihr bei, wie man die Firma leitet«, versicherte er seinem Bruder.

Dieser Schweinehund, dachte Ellen Scott. Ihr Herz brannte vor Mitleid mit Milo.

»Ist sie nicht ein wunderhübsches Baby?« sagte Milo nur.

16

Der Pilot der Lockheed Lodestar machte sich Sorgen.

»Die Gewitterfront vor uns sieht schlimm aus. Das gefällt mir nicht.« Er nickte seinem Kopiloten zu. »Übernehmen Sie das Steuer.« Er verließ das Cockpit, um nach hinten in die Kabine zu gehen.

Außer den beiden Piloten waren fünf Passagiere an Bord: Byron Scott, der brillante, dynamische Gründer und Präsident der Firma Scott Industries, seine attraktive Frau Susan, ihre einjährige Tochter Patricia, Byron Scotts jüngerer Bruder Milo und seine Frau Ellen. Sie waren in einem Firmenflugzeug von Paris nach Madrid unterwegs. Dass auch die kleine Patricia mit flog, war auf eine in letzter Minute getroffene impulsive Entscheidung Susan Scotts zurückzuführen.

»Ich kann’s nicht ertragen, so lange von ihr getrennt zu sein«, hatte sie ihrem Mann erklärt.

»Hast du Angst, sie könnte uns vergessen?« hatte er sie geneckt. »Okay, wir nehmen sie also mit.«

Nachdem der Zweite Weltkrieg nun vorüber war; investierte der Konzern Scott Industries verstärkt in Europa. In Madrid wollte Byron Scott Verhandlungen wegen des Baus eines neuen Stahlwerks führen.