Выбрать главу

»Empanadas!« rief er laut. »Heiße Empanadas!«

Jaime hob eine Hand. »Aqui!«

Der Verkäufer warf ihm das in Papier gewickelte Päckchen geschickt über die Köpfe der Menge zu. Jaime gab seinem Nachbarn zehn Peseten, um sie an den Verkäufer weiterreichen zu lassen. Megan beobachtete, wie Jaime sich die eingewickelte Empenada auf die Knie legte und sie langsam auspackte. Unter dem Einwickelpapier steckte ein Zettel. Jaime las ihn zweimal, und Megan sah, wie sein Gesichtsausdruck sich dabei verhärtete.

Jaime steckte den Zettel ein. »Wir gehen«, sagte er knapp.

»Einer nach dem anderen.« Er nickte Amparo zu. »Du als erste. Wir treffen uns am Ausgang.«

Amparo Jiron stand wortlos auf und machte sich auf den Weg die Sitzreihe entlang.

Jaime gab Felix ein Zeichen. Felix stand auf und folgte Amparo.

»Was ist los?« wollte Megan wissen. Stimmt was nicht?

»Wir müssen nach Logrono.« Er stand auf. »Beobachten Sie mich, Schwester. Werde ich nicht angehalten, kommen Sie uns zum Ausgang nach.«

Megan verfolgte mit angehaltenem Atem, wie Jaime den Abgang erreichte und in Richtung Ausgang verschwand. Niemand schien auf ihn zu achten. Sobald er außer Sicht war, stand sie ebenfalls auf und machte sich auf den Weg. In diesem Augenblick schrie die Menge auf, und sie drehte sich nach der Arena um. Ein junger Matador lag, von den Hörnern des blindwütigen Stiers durchbohrt, blutend im Sand. Megan schloss die Augen und schickte ein stummes Stoßgebet gen Himmeclass="underline" Jesus, meine Zuversicht, erbarme dich dieses Ärmsten! Er soll nicht sterben, sondern leben. Der Herr hat ihn hart gestraft, aber nicht dem Tod überantwortet. Amen.

Sie öffnete die Augen, wandte sich ab und hastete weiter.

Jaime, Amparo und Felix erwarteten sie am Ausgang.

»Los, wir haben’s eilig!« drängte Jaime.

Sie setzten sich in Bewegung.

»Was ist passiert?« erkundigte Felix sich.

»Tomas ist von Soldaten erschossen worden«, antwortete Jaime hörbar betroffen. »Und die Polizei hat Rubio geschnappt - nachdem er in einer Bar bei einer Messerstecherei Verletzt worden ist.«

Megan bekreuzigte sich. »Was ist mit Schwester Lucia und Schwester Teresa?« fragte sie besorgt.

»Keine Ahnung.« Jaime wandte sich an die anderen. »Wir müssen uns beeilen.« Er sah auf seine Armbanduhr. »In der Bank dürfte jetzt ziemlich viel Betrieb sein.«

»Vielleicht sollten wir lieber noch warten, Jaime«, meinte Felix »Zu zweit ist ein Überfall um diese Zeit verdammt gefährlich.«

Das wird ihn nicht daran hindern, dachte Megan. Und sie behielt recht.

Die drei anderen hasteten auf den riesigen Parkplatz hinter der Stierkampfarena voraus. Als Megan sie einholte, begutachtete Felix dort eine blaue Seat-Limousine.

»Das ist der richtige Wagen für uns«, meinte er.

Felix knackte das Schloss mit einigen geübten Handgriffen und öffnete die Autotür. Sein Kopf verschwand unter dem Lenkrad.

Sekunden später sprang der Motor an.

»Steigt ein«, forderte Jaime die beiden Frauen auf.

Megan blieb unschlüssig stehen. »Sie stehlen diesen Wagen?«

»Verdammt noch mal«, fauchte Amparo, »hör auf, dich wie ‘ne Nonne zu benehmen, und steig ein!«

Die beiden Männer - Jaime am Steuer - saßen bereits vorn.

Amparo stieg rasch hinten ein.

»Kommen Sie nun mit oder nicht?« fragte Jaime.

Megan holte tief Luft und setzte sich neben Amparo. Das Auto fuhr an. Sie schloss die Augen. O Herr, wohin führst du mich?

»Damit Ihnen wohler ist, Schwester«, sagte Jaime, »können Sie sich ja vorstellen, dass wir dieses Auto nicht gestohlen, sondern für die baskische Armee beschlagnahmt haben.«

Megan wollte etwas sagen, schwieg dann aber, weil sie wusste, dass es ihr nicht gelingen würde, Jaime Miro umzustimmen. Sie saß schweigend auf dem Rücksitz, während Jaime in Richtung Stadtmitte fuhr.

Er will eine Bank überlallen, dachte Megan, und ich bin in den Augen Gottes ebenso schuldig wie er. Sie bekreuzigte sich und begann stumm zu beten.

Die Banco de Bilbao hat ihre Geschäftsräume im Erdgeschoß eines achtstöckigen Wohngebäudes in der Calle de Cervantes an der Plaza de Cinular.

»Du lässt den Motor laufen«, wies Jaime Felix an, als ihr Wagen vor dem Gebäude hielt. »Sollte es Schwierigkeiten geben, fährst du los und triefst dich wie vereinbart mit den anderen in Logrono.«

Felix starrte ihn verblüfft an. »He, wovon redest du überhaupt? Willst du etwa allein reingehen? Das darfst du nicht! Allein hast du keine Chance, Jaime. Das ist viel zu gefährlich!«

Jaime schlug ihm auf die Schulter. »Wird schon schief gehen«, meinte er grinsend und stieg aus.

Sie beobachteten, wie Jaime ein Ledergeschäft neben der Bank betrat. Kurze Zeit später kam er mit einem Aktenkoffer in der Hand heraus, nickte ihnen zu und verschwand im Bankgebäude.

Megan konnte kaum atmen. Sie begann zu beten:

Beten ist ein Rufen.

Beten ist ein Hören.

Beten ist ein Bleiben.

Beten ist eine Gegenwart.

Beten ist eine Lampe,

die mit dem Feuer Jesu brennt.

Ich bin ruhig und voller Frieden.

Sie war nicht ruhig und voller Frieden.

Jaime Miro betrat die mit Marmor ausgekleidete Schalterhalle hinter den beiden gläsernen Flügeltüren. An der Wand darüber fiel ihm eine Überwachungskamera auf. Nach einem kurzen Blick in die Kamera inspizierte er gelassen die Halle. Hinter den Schaltern führte eine Treppe in den ersten Stock, in dem Bankangestellte an Schreibtischen arbeiteten. Kurz vor Schalterschluss war die Halle voller Kunden, die noch rasch ihre Geschäfte abwickeln wollten. Vor den drei Kassenschaltern hatten sich Schlangen gebildet.

Jaime reihte sich in eine der Schlangen ein und wartete geduldig, bis er an die Reihe kam.

»Buenas tardes«, sagte er freundlich lächelnd, als er den Kassenschalter erreichte.

»Buenas tardes, Senor. Was können wir heute für Sie tun?«

Jaime lehnte sich an den Schalter und zog das zusammengefaltete Fahndungsplakat aus der Tasche. Er hielt es dem Kassierer hin. »Sehen Sie sich das bitte mal an.«

Der Kassierer lächelte. »Gern, Senor.«

Er faltete das Plakat auseinander. Als er merkte, worum es sich handelte, riss er erschrocken die Augen auf. Aus dem Blick, den er Jaime Miro zuwarf, sprach nackte Angst.

»Nicht übel getroffen, was?« fragte Jaime halblaut. »Wie Sie selbst sehen, habe ich schon viele Leute umgebracht, so dass einer mehr mich nicht weiter belasten würde. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«

»V-v-völlig klar, Senor. V-v-völlig! Ich bin Familienvater, Senor, und flehe Sie an.«

»Ich achte Familien, deshalb will ich Ihnen sagen, was Sie tun müssen, um Ihren Kindern den Vater zu erhalten.« Jaime schob dem Kassierer den vorhin gekauften Aktenkoffer zu. »Ich möchte, dass Sie ihn mir voller Scheine packen. Und ich verlange, dass Sie’s leise und schnell tun. Sollten Sie jedoch wirklich glauben, dass das Geld wichtiger als Ihr Leben ist, können Sie ruhig die Alarmanlage betätigen.«

Der Kassierer schüttelte den Kopf. »Nein, nein, das tue ich bestimmt nicht!«

Er holte Geldscheinbündel aus seiner Schublade und packte sie mit zitternden Händen in den Aktenkoffer.

»Bitte sehr, Senor«, sagte der Kassierer, als der Aktenkoffer voll war. »Ich. ich verspreche Ihnen, keinen Alarm auszulösen.«

»Sehr klug von Ihnen«, bestätigte Jaime. »Ich will Ihnen auch sagen, weshalb, Amigo.« Er drehte sich um und nickte zu einer Mittvierzigerin hinüber, die mit einer Tragtüte in der Hand fast am Ende seiner Schlange stand. »Sehen Sie die Frau in dem blauen Kleid? Sie ist eine von uns. In der Tragtasche hat sie eine Bombe, die sie sofort zündet, falls Alarm gegeben wird.«