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»Was denn?« erkundigte Amparo sich misstrauisch.

»Du kennst hier doch keinen Menschen. Wenn du.«

Jaime kam herein. Amparo wurde leichenblass. Aber sie fing sich sofort wieder.

»Wie. was ist passiert?« fragte Amparo. »Bist du nicht in der Anlage gewesen?«

»Weshalb, Amparo?« wollte Jaime ruhig wissen.

Ein Blick in seine Augen genügte, um ihr zu zeigen, dass das Spiel aus war.

»Was hat dich so verändert?«

Sie schüttelte den Kopf. »Ich hab’ mich nicht verändert, sondern du, Jaime! Dieser dämliche Krieg, den du führst, hat mich alle Menschen gekostet, die ich geliebt habe. Ich hab’ dieses endlose Blutvergießen satt! Kannst du’s ertragen, die Wahrheit über dich zu hören, Jaime? Du bist so schlimm wie die Regierung, gegen die du kämpfst. Sogar noch schlimmer, denn sie ist friedensbereit -und du nicht. Glaubst du etwa, deinem Land zu helfen? In Wirklichkeit zerstörst du’s! Du überfällst Banken, jagst Autos in die Luft, ermordest Unschuldige. und hältst dich dabei für einen Helden. Ich habe dich geliebt und früher an dich geglaubt, aber.« Ihre Stimme brach. »Dieses Blutvergießen muss aufhören!«

Jaimes Blick glitzerte eisig, als er sich vor ihr aufbaute. »Ich sollte dich umbringen!«

»Nein«, protestierte Megan. »Bitte nicht! Du darfst ihr nichts tun.«

Felix war hereingekommen und hatte zugehört. »Verdammt noch mal, sie hat uns also verraten! Was machen wir mit dem Luder?«

»Wir müssen sie mitnehmen und dürfen sie keine Sekunde aus den Augen lassen«, entschied Jaime. Er packte Amparo an den Schultern und sagte eindringlich: »Noch ein übler Trick, dann bring’ ich dich um, das verspreche ich dir.« Er stieß sie von sich fort und wandte sich an Felix und Megan. »Los, wir müssen verschwinden, bevor ihre Freunde aufkreuzen.«

35

»Sie haben Miro praktisch in den Händen gehabt und trotzdem entkommen lassen?«

»Entschuldigen Sie, Oberst, aber meine Männer.«

»Ihre Männer sind Arschlöcher! Sie wollen Polizeibeamte sein? Sie sind eine Schande für Ihre Uniformen!«

Leons Polizeichef krümmte sich förmlich unter dem beißenden Zorn des Riesen mit dem Narbengesicht. Er wagte keinen energischen Widerspruch, denn der Oberst war mächtig genug, um ihn seines Postens entheben lassen zu können. Aber Acoca war noch nicht fertig mit ihm.

»Für diese Pleite mache ich Sie persönlich verantwortlich. Ich sorge dafür, dass Sie abgelöst werden!«

»Oberst, ich.«

»Verschwinden Sie, bevor mir schlecht wird!«

Der Oberst kochte vor Wut und Enttäuschung. Acoca hatte nicht rechtzeitig in Leon sein können, um Jaime Miro selbst festzunehmen. Statt dessen hatte er diese Aufgabe der hiesigen Polizei übertragen müssen. Und die hatte gepfuscht! Der Teufel mochte wissen, wo Miro jetzt steckte.

Oberst Acoca beugte sich über die auf dem Tisch vor ihm ausgebreitete Landkarte. Sie sind natürlich ins Baskenland unterwegs. Also nach Burgos, Vitoria, Bilbao oder San Sebastian. Ich konzentriere mich jetzt auf den Nordosten. Irgendwo müssen sie schließlich wiederauftauchen.

Er dachte an sein letztes Gespräch mit dem Ministerpräsidenten, das an diesem Morgen stattgefunden hatte.

»Ihre Zeit läuft ab, Oberst. Haben Sie die Morgenzeitungen gelesen? Die Weltpresse macht uns als Versager lächerlich. Miro und diese Nonnen haben es geschafft, uns zum Gespött werden zu lassen.«

»Exzellenz, ich versichere Ihnen, dass.«

»König Juan Carlos hat mich angewiesen, einen amtlichen Untersuchungsausschuss zu bilden, der diese Affäre unter die Lupe nehmen soll. Diesem Auftrag kann ich mich nicht länger entziehen.«

»Schieben Sie die Einsetzung des Untersuchungsausschusses noch einige Tage hinaus. Bis dahin habe ich Miro und die Nonnen gefasst.«

Eine nachdenkliche Pause. »Achtundvierzig Stunden.«

Oberst Acoca fürchtete weder den Ministerpräsidenten noch den König zu enttäuschen; seine Besorgnis galt einzig und allein dem OPUS MUNDO. Als er in das holzgetäfelte Arbeitszimmer eines führenden spanischen Industriellen beordert worden war, hatte er einen klaren Auftrag erhalten: »Jaime Miro erzeugt eine für unsere Organisation nachteilige Atmosphäre. Machen Sie ihn unschädlich! Wir werden uns erkenntlich zeigen.«

Der Oberst hatte genau gewusst, was bei dieser einseitigen Unterhaltung unausgesprochen geblieben war: Sollten Sie versagen, werden Sie bestraft. Jetzt stand seine Offizierslaufbahn auf dem Spiel. Und das alles, weil ein paar dämliche Polizisten nicht imstande gewesen waren, Jaime Miro festzunehmen. Der Bandit konnte sich irgendwo verkrochen haben, aber die Nonnen. Oberst Acoca fühlte eine Woge der Erregung durch seinen Körper laufen. Die Nonnen waren der Schlüssel! Miro konnte überall unterkriechen - aber die Schwestern waren darauf angewiesen, in einem anderen Kloster Zuflucht zu suchen. Und für sie kam bestimmt nur ein Kloster ihres eigenen Ordens in Frage.

Oberst Acoca studierte erneut die Landkarte. Dann hatte er gefunden, was er suchte: Mendavia. In Mendavia gab es ein Zisterzienserinnenkloster. Dorthin sind sie also unterwegs, dachte Acoca triumphierend, ich allerdings auch!

Und ich komme ihnen zuvor und erwarte sie dort.

Ricardos und Gracielas Reise ging allmählich zu Ende.

Die letzten Tage waren die glücklichsten in Ricardos Leben gewesen. Obwohl er von Militär und Polizei gejagt wurde und seine Gefangennahme den Tod bedeutet hätte, schien das alles nebensächlich geworden zu sein. Es war, als sei es Graciela und ihm gelungen, sich auf eine Zeitinsel zu flüchten - in ein für Außenstehende unerreichbares Paradies. Sie hatten ihre verzweifelte Flucht in ein wundervolles Abenteuer verwandelt, das sie gemeinsam bestanden.

Sie redeten unaufhörlich forschend und erklärend miteinander, und ihre Worte glichen Gespinstfäden, die sie noch enger aneinander banden. Sie sprachen über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Vor allem über die Zukunft.

»Wir heiraten in der Kirche«, sagte Ricardo. »Du bist bestimmt die schönste Braut der Welt.«

Gracielas Herz schlug höher, wenn sie sich ihre kirchliche Trauung vorstellte.

»Und wir leben in einem wunderschönen Haus.«

Und sie dachte: Ich habe noch nie ein eigenes Zimmer gehabt - von einem eigenen Haus ganz zu schweigen.

Sie hatte nur das Häuschen, das sie sich mit ihrer Mutter und all den Onkeln geteilt hatte, und ihre unverschlossene Klosterzelle gekannt.

»Und wir haben starke Söhne und schöne Töchter.«

Und schenken ihnen alles, was ich nie gehabt habe. Wie wir sie lieben werden!

Graciela war glücklich, wenn sie an ihre gemeinsame Zukunft dachte.

Ein Aspekt machte ihr jedoch Sorgen: Ricardo war ein Soldat, der für eine Sache kämpfte, an die er leidenschaftlich glaubte. Würde er damit zufrieden sein, sich aus dem Kampf zurückzuziehen und in Frankreich zu leben? Sie wusste, dass sie dieses Problem mit ihm besprechen musste.

»Ricardo - wie lange geht eure Revolution deiner Meinung nach noch weiter?«

Diese Frage hatte Graciela bisher noch nie gestellt.

Sie dauert schon zu lange, dachte Ricardo. Die Madrider Regierung hatte Friedensfühler ausgestreckt, aber die ETA hatte alle zurückgewiesen. Sie hatte sogar noch mehr getan: sie hatte auf die Friedensangebote mit verstärkten Terroranschlägen reagiert. Ricardo hatte einmal versucht, mit Jaime darüber zu diskutieren.

»Die andere Seite ist kompromissbereit, Jaime. Sollten wir ihr nicht auf halbem Wege entgegenkommen?«

»Ihr Angebot ist nur ein Trick, um uns zu vernichten. Es zwingt uns weiterzukämpfen.«

Weil Ricardo Jaime liebte und an ihn glaubte, hatte er ihn weiter unterstützt. Aber seine Zweifel waren dadurch keineswegs geschwunden. Und während das Blutvergießen verstärkt weiterging, wuchs seine Unsicherheit. Und jetzt fragte Graciela: »Wie lange geht eure Revolution deiner Meinung nach noch weiter?«