Schon durchbohrte ihn mein Schwert.
Ich tat, als stecke mein Schwert fest, und lockte damit einen weiteren Kämpfer aus der Formation – ein Fehler, den er mit dem Leben bezahlen mußte.
»Tötet ihn! Tötet ihn!« hörte ich Philemon kreischen.
Die vier Männer hielten nun die Stellung; ich blieb ihnen so nahe, wie ich es wagen konnte, doch ich vermochte keinen Mann einzeln anzugreifen.
Daß die Kämpfer zusammenblieben, war strategisch sehr gut gedacht, das mußte ich anerkennen, auch wenn es nicht zu meinem Vorteil war.
Ich zog mich langsam zwischen den gefallenen Taurentianern zurück.
Nicht ohne Schwierigkeiten folgte mir die Gruppe, ohne den Blick von mir zu nehmen. Da griffen sie plötzlich gleichzeitig an, doch – wie ich es beabsichtigt hatte – über das Feld der Gefallenen. Ich sprang zur Seite.
Der rückwärtige Mann stolperte bei dem Versuch, sich in meine Richtung zu drehen, und ich fuhr mit der Schwertklinge unter seinen Helm und stand im nächsten Augenblick hinter den restlichen drei Männern. Sie versuchten zusammenzubleiben und machten auf der Stelle kehrt. Einer begann einen Angriff, fiel jedoch über einen toten Taurentianer, und sein Kamerad, der ihm gefolgt war, stürzte über ihn. Nun attackierte ich nicht die Männer am Boden, wie man von mir erwartete hätte, sondern den dritten Mann, der noch stand, den Anführer; und fällte ihn nach kurzem Kampf. Die beiden letzten Taurentianer rappelten sich ungeschickt auf und traten den Rückzug an.
Sie hatten kein Interesse mehr, den Kampf voranzutragen.
Sie waren sich ihrer Überlegenheit ganz und gar nicht mehr so sicher wie noch zu Beginn des Kampfs. Das Publikum tobte vor Freude über das außerordentliche Schauspiel, das es eben erlebt hatte. Doch die Freude schlug in Wut um, als weitere Taurentianer, etwa zweihundert Mann, hastig in die Arena sprangen, die Waffen kampfbereit erhoben.
Das ist also das Ende, sagte ich mir.
Ich hörte einen der verbliebenen Taurentianer lachen.
»Was ist das für ein Gefühl«, fragte er, »wenn man weiß, daß man gleich sterben muß?«
Doch das Lachen erstarb ihm gurgelnd in der Kehle, denn durch seine Brust bohrte sich plötzlich ein schwerer goreanischer Speer.
Ich wirbelte herum und sah neben mir einen Mann stehen, im schweren Helm des Arenakämpfers, ein kleines rundes Schild an der Schulter, das Schwert gezogen – Murmilius!
Mein Herz machte einen Sprung.
»Angriff!« brüllte der Anführer der neuen taurentianischen Streitmacht.
Das Publikum begann gegen die Speere der Taurentianer auf den Rängen anzurennen, die ihre Sperre aufrechtzuerhalten versuchten.
Unten im Sand begannen uns die Taurentianer zu bedrängen, und Seite an Seite mit dem großartigen Murmilius wehrte ich mich meiner Haut.
Klingen trafen aufeinander, und im nächsten Augenblick standen wir Rücken an Rücken und hieben und stießen um uns. Ein Gegner nach dem anderen starb in unseren Klingen.
Plötzlich gesellte sich ein dritter Kämpfer zu uns.
»Ho-Sorl!« rief ich.
»Du hast aber lange gebraucht«, bemerkte Murmilius, ohne seine Gegner aus dem Auge zu lassen.
Ho-Sorl lachte, sprang hierhin und dorthin. »Cernus hatte für mich ebenfalls den blinden Helm vorgesehen«, sagte er, »aber Ho-Tu hatte etwas gegen den Plan.«
Ein vierter Mann schlug sich auf unsere Seite.
»Relius!« sagte ich überrascht.
»Auch mich hat Ho-Tu gerettet.«
»Und«, knurrte Murmilius lachend, »sicher auch die Mädchen aus der Straße der Töpfe!«
»Wenn du es unbedingt wissen willst«, sagte Relius und parierte geschickt einen Angriff. »Ja.«
Murmilius vollführte einen gewaltigen Hieb, als sei er eines Gegners überdrüssig geworden, und lachte: »Ein wilder Haufen«, meinte er.
»Vielleicht können wir die restlichen Taurentianer den Mädchen überlassen.«
Ich wehrte einen gefährlichen Hieb ab, als die nächste Welle der Taurentianer zum Angriff antrat.
»Ausgezeichnete Idee«, sagte Murmilius.
»Wenn«, sagte Ho-Sorl, »überhaupt welche übrigbleiben.«
Ein neues Dutzend Taurentianer wogte heran.
Ich bemerkte, daß einige Taurentianer zu Boden sanken, ohne uns nahe gekommen zu sein. Im nächsten Augenblick tauchte Ho-Tu mit blutüberströmter Hakenklinge auf; eine Keule in der linken Hand.
Ich wehrte einen Schlag ab, der sein Herz getroffen hätte.
»Ein Schwert ist hier nützlicher«, rief ihm Murmilius zu.
Ho-Tu zog seine Klinge und stürzte sich in den Kampf.
»Tötet sie!« hörte ich Philemon kreischen, und weitere Taurentianer stürzten in die Arena.
Relius lachte im Eifer des Kampfs. Zum Glück konnten nur wenige Taurentianer zugleich zum Angriff vorgehen, so daß wir immer wieder die Chance hatten, uns freizukämpfen und neu anzugreifen.
»Es sind trotzdem zu viele!« rief ich.
Murmilius antwortete nicht; er kämpfte.
In einer kurzen Kampfpause wandte ich mich zur Seite und sah den Helm des großartigen Kämpfers neben mir.
»Wer bist du?« fragte ich.
»Murmilius«, lachte er.
»Warum kämpft Murmilius auf der Seite des Tarl Cabot?«
»Sagen wir lieber, daß Tarl Cabot auf der Seite des Murmilius steht.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Murmilius«, sagte er stolz, »steht im Krieg.«
»Auch ich führe einen Krieg.« Wieder drängten Taurentianer heran, und wir wehrten sie ab. »Aber mein Krieg ist nicht der des Murmilius.«
»Du kämpfst in Kriegen, von denen du keine Ahnung hast.«
Zu meiner Überraschung sah ich plötzlich einen einfachen Krieger, der auf unserer Seite stritt; als ich mich einmal kurz umsah, bemerkte ich, daß auch auf den Rängen Kämpfe zwischen Bürgern und taurentianischen Wächtern entbrannt waren. Das Publikum ließ sich nicht länger in Schach halten; es überrannte die dünner gewordenen Ketten der Taurentianer, sprang über die Balustraden in die Arena und schwärmte im Sand aus, wogte auf die Loge des Ubar zu. Ich sah Hup auf und nieder hüpfen, sah, wie Männer ihre Umhänge zur Seite schlugen und Schwerter zogen. Ich sah, wie Philemon mit bleichem Gesicht kehrt machte und in dem Tunnel verschwand, der von der Loge des Ubar direkt nach draußen führte.
»Das Volk erhebt sich!« brüllte Ho-Sorl.
»Jetzt«, sagte Murmilius und sah mich an, »wirst du bald feststellen, daß es nicht mehr zu viele sind!«
Ich sah, wie die Taurentianer plötzlich auseinanderliefen, wie sie zu den Ausgängen unter den Tribünen strebten. Zu Tausenden begann das Publikum sie zu verfolgen, überall sah ich Männer, die aus den verschiedensten Kasten stammten, den neuen Angriff leiten. Sie gaben die Befehle; jeder trug ein purpurnes Tuch um den Arm geknotet.
Murmilius und ich traten zurück, gefolgt von Relius, Ho-Sorl und Ho-Tu.
Wir sahen uns an. Der Sklavenaufseher Cernus' entfernte meinen Helm, und ich atmete tief.
»Darf ich jetzt das Gesicht des Murmilius sehen?« fragte ich.
»Es ist noch nicht an der Zeit«, antwortete Murmilius.
»Was ist nun der nächste Schritt in deinem Krieg?« wollte ich wissen.
»Es ist dein Schritt«, sagte er, »Tarl Cabot, Krieger aus Ko-ro-ba.« Er deutete auf den obersten Rang. Dort erblickte ich einen Mann mit einem braunen Tarn.
»Sicher will doch Gladius aus Cos heute nachmittag am Rennen teilnehmen?«
»Du weißt Bescheid?« fragte ich nicht allzu überrascht.
»Beeil dich!« drängte er. »Die Stählernen müssen gewinnen!«
»Was ist mit dir?«
»Wir marschieren durch die Straßen zum Stadion der Tarns.«
Ich eilte auf die Tribüne und einen breiten Gang entlang, ergriff die Zügel des Tarn und sprang in den Sattel.
20
Ich lenkte den Vogel in den Vorbereitungsring hinter dem Stadion der Tarns, im Gehege der Stählernen Mannschaft. Als mein Tier im Sand landete, eilten vier Armbrustschützen auf mich zu.
»Halt!« rief ich. »Ich gehöre zu den Stählernen! Ich bin Gladius aus Cos!«
»Möglich«, sagte einer der Männer, »Körperbau und Größe stimmen.«
Doch die Armbrüste senkten sich nicht.