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Seine Reaktion, Ohlsberg hier anzutreffen, unterschied sich nicht einmal besonders von der Liz' - er war überrascht, natürlich, aber Liz war sehr sicher, daß es keine sonderlich angenehme Überraschung war. »Ohlsberg?« sagte er verwirrt. »Sie? Was tun Sie hier?«

Liz unterdrückte ein Lächeln. Sie war sehr sicher, daß Stefan das nicht hatte sagen wollen; die Worte waren ihm ganz impulsiv herausgerutscht. Aber sie hakte ebenso instinktiv nach.

»Er schnüffelt ein wenig herum«, sagte sie, mit einem Lächeln und in einem sonst freundlichen, verbindlichem Tonfall, als spräche sie eine Einladung zum Sonntagskaffee aus. »Was hast du gedacht?«

Stefan runzelte die Stirn, und jetzt war sie nicht mehr ganz sicher, wem sein Ärger galt - Ohlsberg ob seines zumindest verwunderlichen Hierseins oder ihrem bewußt unverschämten Ton. Es spielte auch keine Rolle mehr, denn Ohlsberg zeigte endlich die Reaktion, die sie provozieren wollte.

Er fuhr herum. Für einen ganz kurzen Moment zerbröckelte die Maske aus Selbstherrlichkeit und Verachtung, hinter der er sich verkrochen hätte.

Sein Gesicht verzerrte sich vor Wut. Als er die Drehung vollendet hatte, waren seine Hände zu Fäusten geballt.

Der Ausrutscher dauerte nur eine Sekunde - nicht einmal, aber er reichte. Liz war sehr sicher, daß auch Stefan ihn gesehen hatte. Er hatte jetzt gar keine andere Wahl mehr, als sich auf ihre Seite zu stellen; selbst wenn er das vielleicht gar nicht wollte. »Ich muß Sie doch bitten, Frau König«, sagte Ohlsberg, jetzt wieder mühsam beherrscht, aber lange nicht mehr so kalt und überheblich, wie sie ihn kannte. »Ich...«

»Ich«, unterbrach ihn Liz mit leicht erhobener, schneidend kalter Stimme, »muß Sie jetzt bitten, mein Haus zu verlassen, Herr Ohlsberg. Und bevor Sie uns das nächste Mal besuchen, wäre eine Anmeldung vielleicht angebracht.«

»Liz!« Stefan seufzte, schüttelte mißbilligend den Kopf und warf ihr einen halb flehenden, halb beschwörenden Blick zu. »Vielleicht hatte Herr Ohlsberg ja einen Grund, so unverhofft vorbeizukommen«, sagte er.

»Den hatte ich in der Tat«, sagte Ohlsberg. Er starrte abwechselnd Stefan und sie an, sah für einen ganz kurzen Moment auf Peter herab - jetzt wurde sein Blick ganz eindeutig drohend - und wandte sich wieder an Stefan, ehe er fortfuhr. »Aber ich weiß nicht, ob jetzt der richtige Moment ist, darüber zu sprechen. Ihre Frau scheint mir etwas überreizt zu sein.« Seine Stimme klang jetzt scharf, und eigentlich zum ersten Mal, seit Liz ihn kennengelernt hatte, glaubte sie echten Zorn an ihm zu bemerken. Wenigstens war es ihr gelungen, ihn aus der Reserve zu locken.

»Keineswegs, Ohlsberg«, antwortete sie, obwohl er noch immer Stefan anblickte. »Ich reagiere auch sonst allergisch darauf, morgens um fünf einen Fremden in meiner Küche zu finden. Was wollten Sie hier?«

Ohlsberg sah nun notgedrungen doch zu ihr auf. Sein Blick spiegelte Wut. »Was ich hier wollte?« Er lachte böse. »Vielleicht wollte ich mich davon überzeugen, daß hier noch alles in Ordnung ist, Frau König«, sagte er gepreßt. »Ich weiß nicht genau, was Sie sich dabei gedacht haben, Peter gleich nach ein paar Tagen mit dem Hof allein zu lassen, aber...«

»Blödsinn«, unterbrach ihn Liz wütend. »Peter kommt alleine hier zehnmal besser zurecht als Stefan oder ich, und das wissen Sie sehr gut.«

»Darum geht es doch gar nicht.« Ohlsberg trat mit einer so heftigen Bewegung auf sie zu, daß es beinahe drohend wirkte. Liz sah, wie sich Stefan fast unmerklich spannte, und auch sie selbst fühlte einen leichten Schrecken, der aber so rasch verging, wie er kam.

»Natürlich kennt sich Peter hier zehnmal besser aus als Sie oder Ihr Mann«, fuhr er gereizt fort. »Trotzdem hätten Sie ihn nicht allein lassen dürfen. Nicht hier und schon gar nicht nach ein paar Tagen.« Er wandte sich an Stefan, und sein Ton wurde vorwurfsvoll, zugleich aber auch anklagend. »Ich dachte, ich hätte Ihnen deutlich genug gesagt, was mit ihm los ist.«

»Möglicherweise haben Sie es meinem Mann gesagt, Herr Ohlsberg«, fauchte Liz. »Mir nicht.«. Wütend trat sie auf ihn zu und deutete auf Peter. »Was soll mit ihm sein, Ohlsberg - außer, daß Sie den armen Kerl erpressen?«

Ohlsberg wurde noch bleicher, als er ohnehin schon war. »Sie...«

»Oder haben Sie sich wirklich eingebildet, Stefan und ich wüßten nichts davon?« fuhr sie aufgebracht fort. Peters Blick wurde flehend, aber der gequälte Ausdruck in seinem Gesicht steigerte ihre Wut nur noch. »Dachten Sie, wir wüßten nicht, daß Sie Peter befohlen haben, uns ein bißchen auszuspionieren?« Sie lachte, aber es war keine Spur von Humor in diesem Geräusch. »Es hat nicht einmal einen halben Tag gedauert, bis wir es wußten.«

»Bitte, Ma'am«, sagte Peter gequält, aber Liz sah ihn nicht einmal an, sondern brachte ihn mit einer fast zornigen Handbewegung zum Verstummen.

»Keine Sorge, Peter«, sagte sie, ohne Ohlsberg dabei auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. »Er wird Ihnen nichts mehr tun. Sie brauchen keine Angst mehr vor Ohlsberg zu haben. Nie wieder.«

Ohlsberg starrte sie mit einem Ausdruck an, der nur noch mit dem Wort Haß zu beschreiben war. Aber die erwartete Entgegnung blieb aus. Statt dessen nahm er betont langsam die Pfeife aus dem Mund, wandte sich an Peter und machte eine knappe, sehr befehlende Geste zur Tür. »Geh in dein Zimmer«, sagte er.

Liz hielt ihn mit einer wütenden Bewegung zurück; »Sie bleiben!« fauchte sie. Zu Ohlsberg gewandt, fügte sie in kaum weniger scharfem Ton hinzu: »Bis jetzt bestimmen noch immer wir, was unser Personal zu tun hat, Herr Ohlsberg!« Ohlsberg seufzte. Für einen ganz kurzen Moment hatte Liz das sichere Gefühl, daß er etwas Bestimmtes sagen wollte - aber dann war seine Reaktion ganz anders, als sie erwartete. Für fast zehn Sekunden starrte er sie nur, und in seinem Blick war etwas, was sie zwar auch wütend machte, viel mehr aber verwirrte. Dann nahm er die Pfeife aus dem Mund, seufzte tief und schüttelte ein paar mal hintereinander den Kopf. »Sie verstehen nichts«, sagte er leise, »überhaupt nichts.«

»Oh, doch«, fauchte Liz. »Genug jedenfalls, um zu begreifen, daß Sie mich und meinen Mann für sehr dumm halten müssen, Ohlsberg! Ich will gar nicht mehr wissen, was Sie wirklich hier gewollt haben. Ich will nur noch, daß Sie gehen, auf der Stelle. Verschwinden Sie, Ohlsberg. Verlassen Sie unseren Hof, und kommen Sie nie wieder, hören Sie!«

»Liz!« sagte Stefan noch einmal.

Liz fuhr herum, und nicht zum ersten Mal traf Stefan der Zorn, der eigentlich Ohlsberg galt. »Liz! Liz! Liz!«, äffte sie ihn nach. »Zum Teufel, was willst du?«

»Nichts, als daß du dich benimmst«, sagte Stefan mit geradezu aufreizender Ruhe. »Benehmen?!« Liz spürte selbst, daß sie kurz davor war, endgültig die Beherrschung zu verlieren. In ihrer Stimme war ein schwacher, aber warnender hysterischer Unterton, ihre Hände zitterten, und ihr Herz schlug so schnell und hart, daß es beinahe weh tat. Mit einem kleinen, klar gebliebenen Teil ihres Bewußtseins verstand sie, daß sie total überreagierte; sie benahm sich schlimmer, als hätte sie Ohlsberg dabei erwischt, das Familiensilber zu stehlen. Aber dieser Teil von ihr war hilflos. Da war noch eine andere, sehr viel stärkere Liz, die immer zorniger und wütender wurde und die sich mit aller Macht beherrschen mußte, um sich nicht wirklich auf Ohlsberg zu werfen und ihm die Augen auszukratzen. Es war, als wäre sie das nicht allein, als wäre da noch etwas, eine unsichtbare, böse Macht, die sie rasende rund rasender machte und jeden Versuch klaren Denkens schon im Ansatz erstickte. Sie war wütend wie nie zuvor in ihrem Leben.

»Benehmen?!« schrie sie noch einmal. »Ich soll mich benehmen? Bist du verrückt geworden? Wem, zum Teufel, gehört dieses Haus - uns oder ihm! ?« Sie fuhr herum und stieß so heftig mit dem Zeigefinger nach Ohlsbergs Gesicht, daß er erschrocken zurückprallte. »Falls Sie es vergessen haben sollten, Herr Ohlsberg«, fauchte sie, »dann sage ich es Ihnen noch einmal und sehr deutlich: mein Mann und ich haben dieses Haus gekauft. Es gehört uns, nicht Ihnen oder sonstwem, und weder Sie noch irgend jemand sonst hat das Recht, hinter unserem Rücken hier herumzuschnüffeln! Und jetzt verschwinden Sie endlich, bevor ich hinausgehe und den Hund losmache!«