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»Schließt die Tür!« Dannyl konzentrierte sich auf seine Magie, und die Tür fiel ins Schloss, nur um sogleich wieder aufgerissen zu werden. Tayend sprang heraus.

»Sie sind auch hier drin!«, rief er. Er machte einen großen Bogen um den Egel in der Nähe der Tür und lief zu Dannyl hinüber. »Was sind das für Kreaturen?«

»Eyoma. Fischegel.«

»Aber… Ihr habt doch gesagt, sie seien ein Scherz!«

»Ich habe mich offensichtlich geirrt.«

»Was unternimmt der Kapitän dagegen?«, fragte Tayend mit weit aufgerissenen Augen.

Dannyl blickte auf und schnappte nach Luft, als der Kapitän sich beherzt in das Gewimmel der Egel an backbord stürzte. Der Mann beachtete die Geschöpfe nicht, die sich an seinen Beinen hinaufschlängelten. Er hielt das Ende eines Schlauchs in der Hand. Das andere Ende war mit einem Fass verbunden. Jetzt beugte er sich über die Reling, richtete den Schlauch auf den Schiffsrumpf und brüllte einen Befehl. Ein Matrose begann, eine in das Fass eingelassene Kurbel zu drehen, und kurz darauf schoss eine dunkle Flüssigkeit aus dem Schlauch, den der Kapitän in Händen hielt.

Obwohl die Matrosen die Beine des Kapitäns mit Yomi besprengten, kamen schneller neue Egel nach, als die alten von ihm abfielen. Binnen weniger Minuten waren die Beine des Kapitäns übersät mit blutenden Eyoma-Bissen. Dannyl ging nach backbord, gefolgt von Tayend.

»Bleibt hier«, befahl er dem Gelehrten.

Beim Anblick der Egel, die zwischen ihm und dem Kapitän auf dem Deck lagen, zögerte Dannyl. Dann holte er tief Luft und watete mitten in die schleimige Schwärze hinein. Vielfaches Zischen erklang, als die Tiere gegen seinen Schild prallten. Er spürte, wie die Egel bei jedem seiner Schritte unter seinen Stiefeln zerplatzten.

Als er den Kapitän erreicht hatte, berührte Dannyl einen Egel, der auf die Schulter des Mannes gekrochen war. Das Tier fiel zu Boden, und ein Kreis kleiner Stichwunden blieb zurück. Der Mann starrte Dannyl an, dann nickte er dankbar.

»Geht zurück«, sagte Dannyl.

Der Mann schüttelte den Kopf. »Nicht zu viele töten, sonst das Schiff zu andere Seite kentern.«

»Ich verstehe«, erwiderte Dannyl.

Das Schiff hatte jetzt erschreckende Schräglage. Dannyl beugte sich über die Reling und betrachtete den Rumpf, den man in der Dunkelheit kaum erkennen konnte. Schließlich schuf er eine Lichtkugel und sandte sie hinunter, um die Tiere zu beleuchten. Erschrocken schnappte er nach Luft. Der Rumpf war eine einzige zuckende Masse von Fischegeln.

Er sammelte seine Kraft und ließ sie in einer Salve von Betäubungsschlägen frei. Ein ganzer Schwall von Egeln fiel zurück ins Meer. Sie würden den Betäubungsschlag wahrscheinlich überleben, aber Dannyl wollte das Risiko nicht eingehen, so dicht an der Schiffswand physische Gewalt oder Feuer einzusetzen. Während immer mehr Egel ins Wasser fielen, richtete das Schiff sich langsam auf, aber dann begann es, sich zur anderen Seite zu neigen.

Dannyl überquerte das Deck und beugte sich erneut über die Reling. Wie zuvor zwang er die Egel zurück ins Wasser, und das Schiff richtete sich von neuem auf. Als er nach Backbord zurückging, bemerkte Dannyl, dass die Matrosen sich inzwischen darauf konzentrierten, das Deck von Egeln zu reinigen. Einer der Männer kümmerte sich um die Tiere, die sich um Seile geschlungen oder in Ritzen und Ecken versteckt hatten.

Das Gefühl von Bedrohung hatte sich gelegt, aber die Arbeit ging weiter, da ständig neue Egel auf das Schiff kletterten. Schon bald wusste Dannyl nicht mehr, wie oft er auf Deck hin und her gegangen war. Er erfrischte sich mit heilender Magie, aber die stundenlange geistige Anstrengung verursachte ihm Kopfschmerzen.

Endlich ließ der Ansturm nach, und nur noch einige wenige, träge Egel blieben zurück. Als er jemanden seinen Namen rufen hörte, richtete Dannyl sich auf und stellte fest, dass das schwache Licht der Morgendämmerung über dem Schiff lag. Eine kleine Menge hatte sich um ihn herum versammelt. Der Kapitän hob seinen Arm in die Luft, dann brach Jubel unter den Seeleuten aus.

Dannyl lächelte überrascht, bevor er in den Jubel einstimmte. Trotz seiner Erschöpfung war er in Hochstimmung.

Von irgendwo tauchte ein kleines Fass auf, und ein Becher wurde von einem zum anderen weitergereicht. Als Dannyl den Becher entgegennahm, stieg der vertraute, würzige Geruch von echtem Siyo auf. Ein einziger Schluck genügte, um ihn zu wärmen. Er sah sich nach Tayend um, konnte den Gelehrten aber nirgends entdecken.

»Euer Freund schläft«, sagte einer der Matrosen.

Erleichtert nahm Dannyl noch einen Schluck von dem Siyo. »Trefft Ihr häufig auf Eyoma?«

»Ab und zu«, antwortete der Kapitän. »Aber nicht so.«

»Ich habe noch nie einen so großen Schwarm gesehen«, pflichtete ein anderer Seemann ihm bei. »Gut, dass wir Euch an Bord hatten. Ohne Euch wären wir jetzt Fischfutter.«

Der Kapitän blickte plötzlich auf und sagte etwas auf Vindo. Erst als die Mannschaft sich an den Segeln zu schaffen machte, wurde Dannyl bewusst, dass ein leichter Wind aufgekommen war. Der Kapitän wirkte erschöpft, aber zufrieden.

»Ihr solltet jetzt schlafen«, schlug er Dannyl vor. »Ihr habt uns sehr geholfen. In der Nacht werden wir vielleicht wieder Hilfe brauchen.«

Dannyl nickte und ging zu seiner Kajüte hinunter. Obwohl Tayend tief und fest schlief, wirkte seine Miene angespannt. Mit einiger Besorgnis betrachtete Dannyl die dunklen Ringe unter den Augen des jungen Mannes. Er wünschte, er hätte seinen Freund heilen können, und überlegte, ob er es tun sollte, während Tayend schlief.

Aber das wäre ein Vertrauensbruch gewesen, und Dannyl wollte diese neue Freundschaft nicht gefährden. Seufzend legte er sich auf sein eigenes Bett und schloss die Augen.

11

Ein unwillkommener Neuzugang

Herzhaft biss Sonea in die Pachi und genoss den süßen Saft, der ihr den Mund füllte. Sie klemmte sich die gelbe Frucht zwischen die Zähne und blätterte in den Seiten von Porils Buch, bis sie das richtige Diagramm gefunden hatte.

»Da ist es«, sagte sie, nachdem sie die Frucht wieder aus dem Mund genommen hatte. »Der Blutkreislauf. Lady Kinla hat uns aufgetragen, uns die verschiedenen Teile einzuprägen.«

Poril sah sich die Seite an und stöhnte.

»Keine Sorge«, beruhigte sie ihn. »Wir werden schon eine Möglichkeit finden, dir zu helfen, dich an alles zu erinnern. Rothen hat mir einige ausgesprochen nützliche Übungen gezeigt, um Listen auswendig zu lernen.«

Als Sonea seine zweifelnde Miene sah, unterdrückte sie einen Seufzer. Sie hatte schnell herausgefunden, warum Poril mit dem Lernen nicht nachkam. Er war weder klug noch stark, und Prüfungen bereiteten ihm geradezu Todesangst. Das Schlimmste war, dass er inzwischen allen Mut verloren hatte und es nicht einmal mehr versuchte.

Aber außerdem hungerte er nach Freundschaft. Obwohl die anderen Novizen dem Jungen gegenüber nicht absichtlich grausam waren, mochten sie ihn offenkundig auch nicht besonders. Er stammte aus dem Haus Heril, das aus Gründen, die Sonea noch nicht herausgefunden hatte, bei Hof in Ungnade gefallen war. Sie glaubte jedoch nicht, dass das der Grund war, warum die anderen Poril mieden. Er hatte verschiedene höchst ärgerliche Angewohnheiten, deren schlimmste ein lächerliches, schrilles Lachen war, bei dem sie immer wieder eine Gänsehaut überlief.

Der Rest der Klasse ignorierte allerdings auch sie. Sie hatte jedoch schnell begriffen, dass die anderen ihr nicht mit Abneigung begegneten, so wie sie es bei Poril taten. Es war einfach so, dass jeder von ihnen eine enge Freundschaft mit einem anderen geschlossen hatte und in diesen Freundschaften kein Platz mehr für eine dritte Person war.

Trassia und Narron waren offensichtlich mehr als nur Freunde. Sonea hatte die beiden einige Male Händchen haltend gesehen, und ihr war aufgefallen, dass Lord Ahrind sie genau im Auge behielt. Narron hatte sich bereits entschlossen, später Heiler zu werden, und seine Noten in diesem Fach waren die besten in der Klasse. Auch Trassia interessierte sich sehr für Heilkunst, wenn auch auf eine eher passive Weise, die den Verdacht nahe legte, dass ihr Interesse seinen Grund in Narrons Begeisterung hatte - oder in der Erwartung, das Frauen sich am besten für die Heilkunst eigneten.