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»Ich werde es wahrscheinlich noch bereuen, dass ich so viel mitgenommen habe«, murmelte er. »Trotzdem fallen mir immer noch lauter Dinge ein, die einzupacken ich leider vergessen habe.«

»Du wirst in Capia gewiss alles kaufen können, was du brauchst«, erklärte Rothen. »Lorlen hat dir ja ein großzügiges Gehalt gewährt.«

»Ja, das war eine angenehme Überraschung.« Dannyl grinste. »Vielleicht hast du Recht, was seine Gründe betrifft, mich fortzuschicken.«

Rothen zog eine Augenbraue in die Höhe. »Er muss wissen, dass es nicht genügen wird, dich außer Landes zu schicken, um zu verhindern, dass du dich in Schwierigkeiten bringst.«

»Ah, aber wie wird es mir fehlen, wenn ich dich nicht mehr aus all deinen Schwierigkeiten retten kann, mein Freund.« Als der Fahrer die Kutschentür öffnete, drehte sich Dannyl noch einmal zu dem älteren Magier um. »Kommst du mit zum Hafen?«

Rothen schüttelte den Kopf. »In einer knappen Stunde beginnt der Unterricht.«

»Sowohl für dich als auch für Sonea.« Dannyl nickte. »Dann wird es jetzt also Zeit, Lebewohl zu sagen.«

Einen Moment lang sahen die beiden Männer einander ernst an, dann legte Rothen Dannyl eine Hand auf die Schulter und lächelte. »Pass auf dich auf. Und versuch, nicht über Bord zu fallen.«

Dannyl kicherte und reichte Rothen die Hand. »Pass du auch auf dich auf, alter Freund. Und lass nicht zu, dass deine neue Novizin dich allzu sehr erschöpft. Ich werde in ungefähr einem Jahr zurück sein, um deine Fortschritte zu begutachten.«

»Alter Freund, wahrhaftig!« Rothen schob Dannyl auf die Kutsche zu. Nachdem Dannyl eingestiegen war, warf er noch einmal einen nachdenklichen Blick auf seinen Freund.

»Ich hätte nie gedacht, dass ich dich einmal zu so ruhmreichen Taten würde aufbrechen sehen, Dannyl. Du wirktest hier immer so zufrieden, und seit deinem Abschluss hast du kaum je einmal einen Fuß auf das Gelände jenseits der Tore gesetzt.«

Dannyl zuckte die Achseln. »Ich schätze, ich habe lediglich auf den richtigen Grund gewartet.«

Rothen lachte auf. »Lügner. Du bist schlicht und einfach träge. Ich hoffe, der erste Botschafter weiß das, sonst steht ihm eine unangenehme Überraschung bevor.«

»Er wird schon schnell genug dahinterkommen.« Dannyl grinste.

»Das wird er gewiss.« Rothen trat mit einem Lächeln von der Kutsche weg. »Und jetzt fort mit dir.«

Dannyl nickte. »Auf Wiedersehen.« Er klopfte auf das Dach der Kutsche. Der Wagen setzte sich ruckartig in Bewegung, und Dannyl rutschte auf der Sitzbank zur gegenüberliegenden Seite der Kutsche und zog die Vorhänge vor dem Fenster beiseite. Er konnte Rothen, der ihm nachsah, noch erkennen, bevor die Kutsche abbog, um die Tore der Gilde zu passieren.

Mit einem Seufzer lehnte er sich auf der gepolsterten Bank zurück. Obwohl er froh darüber war, dass seine Reise endlich begann, wusste er, dass er seine Freunde und die vertraute Umgebung vermissen würde. Rothen hatte Sonea und das alte Ehepaar, Yaldin und Ezrille, zur Gesellschaft, aber Dannyl würde nur Fremde um sich haben.

Obwohl er sich auf seine neue Position freute, erschreckten ihn seine neuen Pflichten ein wenig. Seit der Jagd auf Sonea jedoch, während der er die Diebe aufgespürt und mit ihnen verhandelt hatte, war ihm sein leichtes und größtenteils einsames Gelehrtenleben in der Gilde zunehmend langweilig erschienen.

Diese Langeweile war ihm selbst gar nicht recht bewusst gewesen, bis Rothen ihm erzählt hatte, dass man ihn für den Posten des zweiten Botschafters in Betracht zog. Als Dannyl schließlich in das Büro des Administrators gerufen worden war, hatte er den Namen und die Position eines jeden Mannes und einer jeden Frau am elynischen Hof gekannt und - zu Lorlens Überraschung - darüber hinaus zahlreiche Skandalgeschichten.

Nachdem sie eine Weile durch den Inneren Ring gefahren waren, erreichte die Kutsche die Straße, die an der Palastmauer entlangführte. Da die prächtigen Türme des Palastes durch die Ringmauer weitgehend verdeckt wurden, rutschte Dannyl wieder zum anderen Ende der Bank, um die kunstvoll gestalteten Häuser der Reichen und Mächtigen zu bewundern. An einer Straßenecke wurde gerade eine neue Villa erbaut. Er konnte sich noch gut an das verfallene alte Haus erinnern, das früher einmal dort gestanden hatte, ein Relikt aus der Zeit der noch nicht mit Hilfe von Magie geschaffenen Architektur. Die Anwendung von Magie auf Stein und Metall hatte die Magier in die Lage gesetzt, fantastische Gebäude zu errichten, die den normalen Gesetzen der Baustatik trotzten. Bevor die Kutsche weiterrollte, erkannte Dannyl zwei Magier neben dem teilweise fertig gestellten, neuen Haus. Einer von ihnen hielt einen großen Plan in Händen.

Die Kutsche fuhr nach einer abermaligen Wegbiegung an weiteren prächtigen Häusern vorbei, verlangsamte dann ihr Tempo und rollte durch die Inneren Ringtore ins Westviertel. Die Wachen blickten kaum auf, als die Kutsche passierte; das auf die Seite des Wagens gemalte Symbol der Gilde genügte ihnen vollkommen, um dem Gefährt keine weitere Beachtung zu schenken. Die Straße zog sich geradlinig durch das Westviertel, gesäumt von großen, eleganten Häusern, die von schlichterer Bauart waren als die Gebäude im Inneren Ring. Die meisten dieser Häuser gehörten Kaufleuten oder Handwerkern, die diesen Teil der Stadt wegen seiner Nähe zum Hafen und zum Markt bevorzugten.

Als die Kutsche das westliche Stadttor passiert hatte, änderte sich das Bild noch einmal. Es ging nun vorbei an einem Labyrinth aus Verkaufsbuden und Marktständen, an denen sich Menschen aller Rassen und Klassen drängten. Marktverkäufer priesen ihre Waren an und übertönten mühelos den steten Lärm der Stimmen, Pfiffe, Glocken und des Gebrülls der Tiere. Obwohl die Straße nach wie vor recht breit war, beanspruchten Händler, Käufer, Straßenkünstler und Bettler doch zu beiden Seiten einiges an Platz, so dass Kutschen sich nur mit Mühe einen Weg bahnen konnten.

Eine verwirrende Vielzahl von Gerüchen hing in der Luft, bald süß vom Duft zerdrückter Früchte, bald unangenehm faulig vom Gestank verrotteten Gemüses. Kurze Zeit später konnte Dannyl den salzigen Geruch des Meeres wahrnehmen und den würzigen Duft des Flussschlicks, und sein Herzschlag beschleunigte sich. Die Kutsche bog um eine Ecke, und der Hafen kam in Sicht.

Ein Wald aus Masten und Seilen tat sich vor ihm auf. Zu beiden Seiten der Straße strömten unzählige Menschen vorbei. Muskulöse Träger und Matrosen schleppten Kisten, Körbe und Säcke auf dem Rücken. Karren jedweder Größe, gezogen von allen möglichen Tieren, schoben sich an der Kutsche vorbei. Man hörte jetzt nicht mehr das Geschrei der Verkäufer, sondern laut ausgerufene Befehle an Schiffsbesatzungen und Schauerleute und natürlich das unentwegte Brüllen des Viehs.

Die Kutsche setzte ihren Weg weiter fort, vorbei an immer größeren Schiffen, bis Dannyl eine Reihe robust gebauter Kaufmannsschiffe erreichte, die an einer langen Pier lagen. Dort verlangsamte der Wagen sein Tempo und blieb schließlich stehen.

Der Wagenschlag wurde geöffnet, und der Fahrer verneigte sich respektvoll vor Dannyl. »Wir sind am Ziel, Lord.«

Dannyl schob sich über die Sitzbank und stieg aus. Ganz in der Nähe stand ein Mann mit weißem Haar, dessen Gesicht ebenso braun gebrannt war wie seine nackten Arme. Hinter ihm warteten mehrere kräftig gebaute jüngere Männer.

»Ihr seid Lord Dannyl?«, fragte der Mann und verneigte sich steif.

»Ja. Und Ihr seid…?«

»Piermeister«, sagte er und deutete dann auf die Kutsche. »Das sind Eure?«

Dannyl vermutete, dass er die Schiffskoffer meinte. »Ja.«

»Wir holen sie herunter.«

»Nein, die Mühe kann ich Euch ersparen.« Dannyl drehte sich um und konzentrierte sich auf seine Magie. Während die Koffer langsam zu Boden schwebten, traten zwei junge Männer vor, um die Gepäckstücke aufzufangen. Offensichtlich waren sie daran gewöhnt, Magie zu solchen Zwecken benutzt zu sehen. Schließlich machten sie sich auf den Weg die Pier hinunter, und die restlichen Männer folgten ihnen.