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Er ging auf den Krieger zu, und Lorlen eilte ihm nach. Er befürchtete, dass Akkarin die Absicht haben könnte, Yikmos Zutrittserlaubnis zum Dach rückgängig zu machen.

»Balkan hätte ihm keinen Zutritt gewährt, wenn er nicht eine hohe Meinung von ihm hätte.«

»Selbstverständlich. Unser Oberhaupt der Krieger weiß, dass seine Unterrichtsmethoden nicht für jeden Novizen geeignet sind. Ihm ist sicher klar, dass Yikmo die Aufmerksamkeit von seinen eigenen Schwächen ablenkt.«

Yikmo hatte sie nicht kommen hören. Der Krieger lehnte am Geländer und beobachtete etwas, das sich unten am Boden abspielte. Als Akkarin nur noch wenige Schritte entfernt war, richtete Yikmo sich hastig auf.

»Hoher Lord. Administrator.«

»Seid mir gegrüßt, Lord Yikmo«, erwiderte Akkarin glatt. »Ich habe Euch noch nie hier oben gesehen.«

Yikmo schüttelte den Kopf. »Ich komme nur selten hier herauf - nur wenn ich nachdenken muss. Ich hatte ganz vergessen, wie gut die Aussicht von hier oben ist.«

Lorlen blickte über das Geländer in den Garten hinunter, wo einige Novizen die Mittagspause verbrachten. Obwohl auf dem Boden noch Schnee lag, war in der Sonne bereits ein Anflug der kommenden Frühlingswärme zu spüren.

Auf einer der Gartenbänke entdeckte er eine vertraute Gestalt. Sonea saß dort, den Kopf über ein Buch gebeugt.

»Der Gegenstand meiner Überlegungen«, erklärte Yikmo.

»Macht sie Fortschritte?«, erkundigte sich Akkarin.

»Es geht nicht so schnell voran, wie ich gehofft hatte.« Yikmo seufzte. »Sie zögert noch immer, mit Magie zu kämpfen. Langsam verstehe ich auch, warum.«

»Tatsächlich?«

Yikmo lächelte schief. »Sie ist viel zu nett.«

»Wie das?«

»Sie zerbricht sich den Kopf darüber, dass sie jemanden verletzen könnte - selbst ihre Feinde.« Yikmo runzelte die Stirn und wandte sich dem Hohen Lord zu. »Gestern Abend habe ich Regin und einige andere Novizen dabei ertappt, wie sie Sonea quälten. Sie hatten sie an den Rand der Erschöpfung getrieben und benutzten Betäubungszauber.«

Lorlens Herz setzte einen Schlag aus. »Betäubungszauber«, zischte er.

»Ich habe sie an die Regeln der Gilde erinnert und auf ihre Zimmer geschickt.«

Yikmo sah den Hohen Lord erwartungsvoll an, aber Akkarin antwortete nicht. Er hatte den Blick gesenkt und musterte Sonea so eindringlich, dass Lorlen sich fragte, wie es möglich war, dass das Mädchen seine Aufmerksamkeit nicht spürte.

»Wie viele Novizen waren es?«, fragte er.

Yikmo dachte kurz nach. »Zwölf oder dreizehn. Die meisten von ihnen kenne ich. Ich kann Euch ihre Namen nennen.«

Akkarin schüttelte den Kopf. »Das wird nicht notwendig sein. Es ist nicht erforderlich, weitere Aufmerksamkeit auf den Zwischenfall zu lenken.« Er sah den Krieger an. »Ich danke Euch, dass Ihr mich darüber informiert habt, Yikmo.«

Yikmo hielt inne, als wollte er noch etwas sagen, dann nickte er jedoch und ging auf die Tür zu. Als der Krieger verschwunden war, blickte Akkarin wieder zu Sonea hinunter. Ein schwaches Lächeln spielte um seine Lippen.

»Zwölf oder dreizehn. Sie wird immer stärker. Ich erinnere mich an einen Novizen in meiner Klasse, dessen Potenzial mit der gleichen Geschwindigkeit zunahm.«

Lorlen musterte Akkarin forschend. Im hellen Sonnenlicht wirkte die bleiche Haut des Hohen Lords kränklich. Unter seinen Augen lagen dunkle Ringe, aber sein Blick war so scharf wie eh und je.

»Wenn ich mich nicht irre, hast du genauso schnelle Fortschritte gemacht.«

»Ich habe mich oft gefragt, ob wir ebenso schnell vorangekommen wären, wenn wir nicht ständig versucht hätten, einander zu übertreffen.«

Lorlen zuckte die Achseln. »Vermutlich.«

»Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht hat uns die Rivalität gut getan.«

»Uns gut getan?« Lorlen lachte auf. »Dir mag es gut getan haben. Glaub mir, es hatte nichts Gutes, den zweiten Platz zu belegen. Neben dir hätte ich ebenso gut unsichtbar sein können - zumindest was die Damen betraf. Wenn ich gewusst hätte, dass wir beide einmal als Junggesellen enden würden, wäre ich nicht so eifersüchtig auf dich gewesen.«

»Eifersüchtig?« Akkarins Lächeln verblasste. Er wandte sich ab. »Nein. Du hast keinen Grund, eifersüchtig zu sein.«

Die Worte kamen so leise, dass der Administrator sich fragte, ob er richtig gehört hatte. Lorlen öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Akkarin hatte die Hand gehoben, um auf den verfallenen Ausguck zu deuten.

»Welche Fortschritte machen Davins Pläne für den Ausguck?«

Seufzend richtete Lorlen seine Gedanken wieder auf die Belange der Gilde.

Am frühen Nachmittag hatten Dannyl und Tayend die letzten schäbigen Vororte Capias hinter sich gelassen. Sie hatten einige Diener vorausgeschickt, die Tayends Schwester, in deren Haus sie das erste Mal Station machen wollten, über ihren Besuch unterrichten sollten. Dannyl holte tief Luft und seufzte zufrieden.

»Es ist schön, wieder auf Reisen zu sein, nicht wahr?«, bemerkte Tayend.

Dannyl sah seinen Gefährten überrascht an. »Du freust dich darauf?«

»Ja. Warum sollte ich nicht?«

»Ich dachte, unsere letzte Unternehmung hätte dir die Lust am Reisen vergällt.«

Tayend zuckte die Achseln. »Wir haben einige unerfreuliche Erfahrungen gemacht, aber es war nicht alles schlecht. Außerdem bleiben wir diesmal innerhalb der Grenzen Elynes und auf festem Boden.«

»Es lässt sich gewiss irgendwo ein See oder ein Fluss finden, auf dem man ein Boot mieten kann, falls es dir an Abenteuern fehlen sollte.«

»Es wird schon abenteuerlich genug sein, in den Bibliotheken anderer Leute herumzuschnüffeln«, erwiderte Tayend entschieden. Dann trat ein nachdenklicher Ausdruck in seine Augen. »Welcher der Dems wohl die Bücher haben mag, auf die wir aus sind?«

»Falls überhaupt einer von ihnen sie hat.« Dannyl zuckte die Achseln. »Akkarin könnte auch einen Dem an einem ganz anderen Ort besucht haben. Wir wissen nicht, aus welchem Grund er in den Bergen war.«

»Aber wohin ist er als Nächstes gereist?« Tayend sah Dannyl an. »Das ist die Frage, die mich am meisten beschäftigt. Wir wissen, dass Akkarin in die Berge gegangen ist. Danach taucht sein Name in den städtischen Unterlagen nicht wieder auf. Ich bezweifle, dass es ihm gelungen ist, heimlich nach Capia zurückzukehren, und es hat mehrere Jahre gedauert, bevor er in die Gilde zurückgekehrt ist. Hat er all diese Zeit in den Bergen verbracht? Ist er am Gebirge entlanggereist, und wenn ja, in nördlicher oder südlicher Richtung? Oder lag sein Ziel jenseits der Berge?«

»Du meinst Sachaka?«

»Das würde einen Sinn ergeben. Das sachakanische Reich war nicht alt genug, um als altertümlich zu gelten, aber es besaß eine hoch entwickelte magische Gesellschaft - und Akkarin könnte Hinweise auf noch ältere Kulturen entdeckt haben.«

»In unseren Bibliotheken findet sich reichlich Material über Sachaka«, sagte Dannyl. »Aber ich bezweifle, dass es in dem Land selbst noch viel zu entdecken gibt. Was die Gilde nach dem Krieg nicht mitgenommen hat, hat sie zerstört.«

Tayend zog die Augenbrauen in die Höhe. »Das war aber nett von der Gilde.«

Dannyl zuckte die Achseln. »Es waren andere Zeiten. Die Gilde hatte sich gerade erst formiert, und nach den Gräueln des Krieges waren die Magier fest entschlossen, einen weiteren Krieg zu verhindern. Wenn sie den Sachakanern gestattet hätten, ihre Kenntnisse der Magie zu bewahren, hätte es endlose Rachekriege zwischen den beiden Ländern gegeben.«

»Also haben sie verbrannte Erde hinterlassen, Ödland.«

»Zum Teil. Jenseits des Ödlands gibt es aber noch fruchtbare Erde, Bauernhöfe und Städte. Und natürlich Arvice, die Hauptstadt.«

Tayend runzelte die Stirn. »Glaubst du, dass Akkarin dorthin gegangen ist?«

»Wenn ja, dann habe ich niemals davon gehört.«