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George Platen wurde rot. Schwachsinnige!

Er schüttelte wütend den Kopf. "Ich muß von hier fort", meinte er impulsiv.

Omani, der wieder in seinem Buch gelesen hatte, hob den Kopf. "Was?"

Jetzt wußte George genau, was er wollte. "Ich verschwinde einfach", sagte er heftig.

"Das ist lächerlich. Und sinnlos dazu, George."

"Nein! Ich weiß genau, daß ich nur hier bin, weil dieser Antonelli mich auf den ersten Blick nicht ausstehen konnte. Aber so sind sie alle, diese kleinen Bürokraten - wenn man ihnen nicht unterwürfig genug begegnet, vernichten sie einen mit einem einzigen Federstrich."

"Fängst du wieder damit an?"

"Ich bleibe auch dabei, bis alles wieder in Ordnung ist. Warte nur, bis ich diesen Antonelli in die Finger bekomme..." George atmete schwer. Diesen Mai durfte er nicht wieder vorübergehen lassen, ohne etwas zu unternehmen. Wenn er das tat, konnte er gleich alle Hoffnungen begraben.

Omani stand auf, ging zu George hinüber und legte ihm die Hand auf die Schulter. "Ich wollte dich wirklich nicht verletzen..."

George schüttelte seine Hand ab. "Du hast nur das gesagt, was du für wahr hältst, und ich werde beweisen, daß es nicht die Wahrheit war. Warum auch nicht? Hier gibt es keine verschlossenen Türen. Niemand hat mir je gesagt, daß ich das Haus nicht verlassen dürfe. Ich gehe einfach."

"Schön - aber wohin?"

"Zum nächsten Flughafen und von dort aus zu dem nächsten Olympiazentrum. Ich habe genügend Geld." Er griff nach der Dose, in der er seine Ersparnisse aufbewahrte. Einige Münzen rollten klirrend über den Fußboden.

"Vielleicht reicht das Geld für eine Woche. Und dann?"

"Bis dahin habe ich alles in Ordnung gebracht."

"Bis dahin kommst du wieder zurückgekrochen", widersprach Omani ernst. "Dann mußt du wieder von vorn anfangen. Du bist verrückt, George."

"Vorhin hast du mich noch schwachsinnig genannt."

"Gut, es tut mir leid. Bleibst du jetzt doch?"

"Willst du mich etwa aufhalten?"

Omani zuckte mit den Schultern. "Nein, dazu habe ich keinen Anlaß. Das ist schließlich deine Sache. Wenn du unbedingt mit blutender Nase zurückkommen willst, kannst du es ja versuchen... Los, geh schon endlich!"

George stand bereits in der Tür und sah noch einmal zurück. "Ich gehe jetzt..."

Omani zuckte mit den Schultern. Er war wieder in sein Buch vertieft.

George blieb noch einen Augenblick lang in der Tür stehen, aber Omani sah nicht mehr auf. George biß die Zähne aufeinander, drehte sich um und verließ rasch das Gebäude. Kurze Zeit später durchquerte er bereits den Park der Anstalt, der in tiefster Dunkelheit lag.

Er hatte erwartet, daß man ihn aufhalten würde, bevor er das Anstaltsgelände verließ. Aber niemand stellte sich ihm in den Weg. Er betrat ein auch nachts geöffnetes Schnellrestaurant, um dort nach dem Weg zum Flughafen zu fragen, und erwartete bestimmt, daß der Besitzer die Polizei verständigen würde. Auch das geschah nicht. Er rief ein Taxi an und ließ sich zum Flughafen fahren. Der Fahrer stellte keine überflüssigen Fragen.

Trotzdem fühlte George sich keineswegs erleichtert. Im Gegenteil, als er auf dem Flughafen ankam, war er unentschlossener denn je zuvor. Er war sich nicht darüber im klaren gewesen, wie es in der Außenwelt aussah. Er war von Profis umgeben. Der Besitzer des Restaurants hatte seinen Namen über der Kasse angebracht - mit dem Zusatz "Registrierter Koch". Der Taxifahrer bewahrte seinen Führerschein deutlich sichtbar in einer Plastikhülle auf - Soundso, Registrierter Chauffeur. George war sich peinlich bewußt, daß sein eigener Name keinen derartigen Zusatz enthielt. Aber niemand schien sich darum zu kümmern. Niemand sah ihn mißtrauisch an und wollte einen Nachweis darüber sehen.

George dachte verbittert: Wer konnte sich denn auch einen Menschen ohne Beruf vorstellen?

Er kaufte ein Flugticket nach San Francisco für das Flugzeug um drei Uhr morgens. Dann saß er zusammengekauert im Warteraum und erwartete, daß die Polizei ihn abholen würde. Aber kein Beamter tauchte auf.

Als er am Vormittag in San Francisco ankam, spürte er den Lärm und das Gewirr dieser Großstadt wie einen Schlag. San Francisco war die größte Stadt, die er je gesehen hatte, aber der Schock wurde vor allem durch die Tatsache hervorgerufen, daß er die letzten achtzehn Monate in völliger Ruhe und Einsamkeit verbracht hatte.

Aber hier fanden die Olympischen Spiele statt. George überlegte sich, daß der Lärm und die allgemeine Aufregung damit zu tun haben mußten.

Im Flughafengebäude standen große Anzeigetafeln, auf denen alles Wissenswerte über die einzelnen Wettbewerbe zu lesen war. Dort waren die besten Verkehrsverbindungen zu den jeweiligen Wettkampforten angegeben; die einzelnen Teilnehmer, ihr Geburtsort und der Planet, der das Protektorat übernommen hatte.

Die Aufregung des Publikums war zum Teil auf einen gewissen Lokalpatriotismus zurückzuführen (obwohl die Teilnehmer in vielen Fällen Unbekannte waren), aber auch auf die zahlreich abgeschlossenen Wetten. Diese Randerscheinung ließ sich nicht ausrotten und gehörte seit eh und je zu den Olympischen Spielen.

George drängte sich nicht gleich zu den Anzeigetafeln, sondern betrachtete die Umstehenden mit ganz neuen Augen.

Früher einmal mußten sie alle eine Chance gehabt haben, an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Was hatten sie getan? Nichts!

Wären sie siegreich gewesen, hätten sie sich längst von einem anderen Planeten anwerben lassen, anstatt hier auf der Erde zu bleiben. Ihre Berufe mußten sie von Anfang an auf der Erde festgehalten haben; oder diese Menschen hatten in den hochspezialisierten Berufen versagt, für die sie ausgebildet worden waren.

Jetzt standen diese Versager hier herum und schlossen Wetten über das Abschneiden anderer und jüngerer Männer ab. Aasgeier!

George wünschte sich nichts sehnlicher, als daß seinetwegen Wetten abgeschlossen würden.

Er fühlte sich selbst in dem Gewimmel der Großstadt nicht völlig sicher, obwohl niemand sich um ihn kümmern würde. Nicht einmal in der Anstalt, überlegte George verbittert. Sicher, sie sorgten für ihn wie für ein krankes Kätzchen, aber was konnte man dagegen tun, wenn die kleine Katze plötzlich fortlief?

Was sollte er tun, nachdem er nun in San Francisco war? Er dachte angestrengt darüber nach. Jemand aufsuchen? Wen? Wo sollte er überhaupt bleiben? Er hatte nicht mehr sehr viel Geld.

Er überlegte einen Augenblick lang, ob er nicht lieber in die Anstalt zurückkehren sollte. Wenn er zur Polizei ging... Er schüttelte heftig den Kopf, als streite er mit einem unsichtbaren Gegner.

Ein Wort auf einer der Anzeigetafeln erregte seine Aufmerksamkeit: Metallurgen. Darunter in kleineren Buchstaben: Nicht-eisenhaltige Metalle. Dann folgten die Namen der Teilnehmer und eine Notiz: Unter dem Patronat von Novia.

Das alles beschwor schmerzliche Erinnerungen herauf: Georges Diskussionen mit Trevelyan, das Bewußtsein, daß er selbst Programmierer werden würde, das Bewußtsein seiner geistigen Überlegenheit, weil er sich vorbereitet hatte...

So gut, daß er es dem rachsüchtigen Antonelli unbedingt unter die Nase reiben mußte. Er war seiner selbst so sicher gewesen, als er vor Trevelyan aufgerufen wurde, der nervös gewartet hatte.

In diesem Augenblick schien es, als ob die Anzeigetafel Georges unausgesprochene Frage beantwortete. Er dachte so intensiv "Trevelyan", daß die Tafel das Wort wiederholen mußte.

Tatsächlich, dort oben stand Trevelyan. Und Armand Trevelyan (Stubbys verhaßter Vorname in großen Buchstaben, damit jeder ihn lesen konnte) und der richtige Geburtsort. Noch mehr - Trev hatte nach Novia auswandern wollen, hatte nur Novia in Erwägung gezogen, hatte auf Novia bestanden; und dieser Wettbewerb fand unter dem Protektorat von Novia statt.

Das mußte Trev sein, der gute alte Trev. George nahm die Wegbeschreibung völlig unbewußt auf und stellte sich in einer Reihe an, um auf das nächste Taxi zu warten.