Выбрать главу

»Was war -?« begann Sascha. Der Rest des Satzes ging in einem gewaltigen Klirren und Scheppern unter. Das Rückfenster auf Atons Seite zerbrach, ein kupferfarbener Blitz schoß herein und bohrte sich in die Sitzlehne hinter ihm.

Aton warf sich instinktiv zur Seite - und in derselben Sekunde drang die Lanzenspitze dort aus dem Polster heraus, wo sich gerade noch sein Rücken befunden hatte!

Das Auto erbebte unter einem gewaltigen Schlag. Die Lanze wurde zurückgezogen, wobei sie den Sitz vollends zerfetzte, und Sascha trat wieder aufs Gas und beschleunigte, und vermutlich rettete sie Aton damit das Leben, denn die Lanze stieß fast im selben Augenblick erneut durch das zerborstene Fenster herein und diesmal so zielsicher, daß sie Aton gar nicht hätte verfehlen können.

Die plötzliche Ausweichbewegung war zuviel. Das Auto schlingerte, drehte sich ein-, zweimal um seine eigene Achse und kam quer zur Fahrtrichtung erneut zum Stehen. Durch das zerbrochene Fenster heulten Wind und eisige Kälte herein, aber darauf achteten weder Aton noch die junge Polizistin. Ihre Aufmerksamkeit war ganz auf den unheimlichen Angreifer gerichtet, der nur wenige Dutzend Meter entfernt dabei war, sein Gefährt zu wenden.

Aton schrie vor Schrecken leise auf, als sich der Wagen praktisch auf der Stelle herumdrehte und mit schier unmöglichem Tempo auf sie zuschoß. Die Mumie hielt die Zügel nur mehr mit einer Hand, mit der anderen hatte sie die Lanze ergriffen und holte aus, um die tödliche Waffe mit aller Kraft zu schleudern.

»Um Gottes willen!« schrie Aton verzweifelt. »So fahr doch! Fahr doch endlich!«

Sascha rührte sich nicht, ihre Hände hielten das Steuerrad mit aller Kraft umklammert, und sie blickte fassungslos dem bizarren Gefährt entgegen. Der Streitwagen raste heran, der Arm, der die Lanze hielt, bog sich weiter zurück, Aton konnte sehen, wie sich die tödliche Spitze direkt auf sein Gesicht ausrichtete.

Im buchstäblich allerletzten Moment gab Sascha Gas. Das Auto machte einen Satz, der es fast von der Straße heruntergeschleudert hätte, und raste mit durchdrehenden Reifen los - direkt auf den Streitwagen und seinen unheimlichen Lenker zu!

Aton schrie vor Entsetzen auf und riß die Arme vor das Gesicht - aber der furchtbare Aufprall, auf den er wartete, blieb aus. In dem Bruchteil einer Sekunde, bevor die beiden ungleichen Fahrzeuge zusammenstoßen konnten, riß Sascha den Wagen zur Seite. Funken stoben auf. Ein schrilles, metallisches Kreischen erklang, als der Streitwagen auf der ganzen Länge des Automobils vorbeischrammte, und ein fürchterlicher Schlag schleuderte Aton nach vorne und gegen das Armaturenbrett.

Sascha brachte das Auto mit kreischenden Reifen wieder zum Stehen, gerade als Aton sich benommen aufrichtete. Sie machte Anstalten, die Tür zu öffnen und auszusteigen. Aber sie führte die Bewegung nicht zu Ende, und als Aton sich herumdrehte, verstand er auch, warum.

Der Zusammenstoß hatte nicht nur ihr Auto erschüttert. Der Streitwagen war umgestürzt und lag quer auf der Straße, die Mumie war herausgefallen und meterweit davongerollt - doch weder ihr noch ihrem unheimlichen Gefährt schien der Zusammenstoß sonderlich viel ausgemacht zu haben. Aton beobachtete vollkommen fassungslos, wie sich der Wagen wieder aufrichtete, wie von Geisterhand bewegt. Nur einen Augenblick später kletterte die Mumie wieder an ihren Platz zurück, und der Wagen begann sich schwerfällig auf der Stelle zu drehen.

Aton brauchte Sascha nicht wieder aufzufordern, weiterzufahren. Das unglaubliche Geschehen hinter ihnen hatte sie wohl endgültig davon überzeugt, daß es besser war, sich mit diesem Gegner nicht anzulegen.

Sie gab Gas. Das Auto schoß los, und zu Atons Erleichterung vergaß sie offensichtlich für den Augenblick die Tatsache, daß es normalerweise ihr Job war, über die Einhaltung von Gesetzen und Regeln zu wachen - sie beschleunigte, so schnell sie nur konnte, und hörte auch nicht damit auf, als sie die erlaubte Höchstgeschwindigkeit erreicht hatte. Das Auto raste mit geradezu halsbrecherischem Tempo über die Straße, die gottlob schnurgerade verlief. Kein Pferd der Welt hätte mit dieser Geschwindigkeit auch nur annähernd mithalten können.

Allerdings waren die schwarzen Hengste, die den Streitwagen zogen, keine Geschöpfe dieser Welt.

Der Wagen fiel nicht zurück. Sie fuhren hundert, hundertzwanzig, schließlich hundertfünfzig, aber der Abstand zwischen ihnen wurde um nichts größer. Ganz im Gegenteil - langsam, aber unaufhaltsam holte der Streitwagen wieder auf.

Und ewig würden sie dieses Wahnsinnstempo nicht durchhalten, das war Aton klar. Spätestens bei der ersten Biegung würde Sascha abbremsen müssen, wollten sie nicht Gefahr laufen, einfach aus der Kurve zu fliegen.

Doch vorerst spulte sich die Straße vor ihnen schnurgerade ab, und Sascha holte aus dem Auto heraus, was es hergab.

Die Tachonadel hatte die Hundertfünfzig längst hinter sich gelassen - und der Streitwagen holte weiter auf!

Dann geschah, womit Aton insgeheim schon längst gerechnet hatte: Vor ihnen machte die Straße eine Linkskurve, eine sanfte Biegung, die aber bei dieser Geschwindigkeit zur tödlichen Falle werden konnte. Sascha trat mit verzweifelter Kraft auf die Bremse. Das Auto schlitterte kreischend auf die Biegung zu, und Aton sah sich im Geiste schon mit zerschmetterten Gliedern in einem verbeulten Wrack liegen, aber Sascha erwies sich als ausgezeichnete Autofahrerin. Irgendwie gelang es ihr, das Auto auf der Straße und halbwegs unter Kontrolle zu behalten. Sie schlitterten auf zwei Rädern um die Kurve, dann hatten sie endlich wieder eine gerade Strecke vor sich, und Sascha gab Gas, um das hin und her schlingernde Fahrzeug zu stabilisieren. Etwas Schwarzes, Massiges raste an ihnen vorbei, und wieder traf ein furchtbarer Schlag das Auto. Sämtliche Fenster auf Saschas Seite zerbarsten, und auch auf der Frontscheibe erschien ein langgezogener Riß, doch bevor die Mumie zu einem zweiten Hieb ausholen konnte, hatte ihr eigener Schwung sie an ihnen vorbeigetragen. Der Streitwagen verschwand hinter der nächsten Biegung, und Sascha trat ein paarmal hintereinander vorsichtig auf die Bremse, um ihre Geschwindigkeit so weit herabzusetzen, daß sie sie ungefährdet passieren konnten.

Trotzdem waren sie zu schnell. Das Auto raste auf kreischenden Reifen um die Kurve, und plötzlich tauchte der Streitwagen wieder vor ihnen im Scheinwerferlicht auf - und jagte genau auf sie zu!

Diesmal gelang es Sascha nicht mehr, dem Zusammenprall auszuweichen. Sie versuchte es, aber ihr Tempo war einfach zu hoch. Die schwarzen Hengste und der Kampfwagen schienen regelrecht auf sie zuzuspringen, und Aton fand nicht einmal mehr die Zeit, einen Schrei auszustoßen.

Der Aufprall hätte den Wagen zerschmettern müssen, aber er tat es nicht. Aton hörte weder das Kreischen von zerbrechendem Metall noch das Splittern von Glas oder den Todesschrei der Pferde - nichts von alledem. Es gab nur eine ganz leichte Erschütterung und einen sonderbar dumpfen, weichen Laut, als hätte man mit der Faust in den gefüllten Beutel eines Staubsaugers geschlagen. Und das Ergebnis des Zusammenpralls war auch ganz ähnlich - nur daß es ein Staubsauger von der Größe eines Einfamilienhauses gewesen zu sein schien, denn der Wagen war plötzlich in eine gewaltige, graue Staubwolke eingehüllt. Dann folgte ein Prasseln und Rauschen, als rasten sie durch einen Schwarm von Millionen und aber Millionen winziger Insekten. Sascha und er schrien gleichzeitig auf. Aton hustete. Im Auto war plötzlich so viel Staub, daß sie kaum noch Luft bekamen. Sie konnten auch nichts mehr sehen. Sascha drehte verzweifelt am Lenkrad und trat gleichzeitig mit aller Kraft auf die Bremse. Das Fahrzeug schlingerte, drehte sich einmal um sich selbst und kam dann endgültig von der Straße ab. Irgend etwas schlug mit einem dumpfen Krachen gegen das Heck, Äste kratzten über die Karosserie, und die Frontscheibe ging endgültig zu Bruch, aber das Schicksal meinte es noch einmal gut mit ihnen. Weder überschlugen sie sich, noch endete die Schleuderpartie an einem Baum oder einem anderen, harten Hindernis. Das Auto hoppelte noch ein Stück weiter über den unebenen Boden und kam dann endgültig zum Stehen. Der Motor starb ab.