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Manche schienen fast unversehrt, andere waren kaum mehr als das zu erkennen, was sie einmal gewesen waren, beinahe formlose Gebilde, die sich mit grotesken Bewegungen dahinschleppten. Aber eines waren ihnen allen gemein: Sie waren kaum aus ihren Gräbern emporgestiegen, da schüttelten sie ihre Mumienbinden halbwegs ab, stürzten sich auf die Hundekrieger und begannen sie mit Zähnen und Klauen zu attackieren.

Es war ein unwirklicher, bizarrer Kampf, der sich noch dazu in fast vollkommener Lautlosigkeit abspielte, was den Anblick noch unheimlicher machte. Die Hundekrieger waren den winzigen Angreifern weit überlegen; ihre Fußtritte und Hiebe schleuderten die Katzen meterweit davon. Aton sah, wie manche der Katzenmumien zu Staub zerfielen, wenn sie von einem Tritt getroffen wurden und zu Boden stürzten. Einige hatten nicht einmal mehr die Kraft, die Hundekrieger zu bekämpfen, sondern schleppten sich nur noch mühsam auf sie zu und blieben auf halber Strecke liegen. Doch was den einzelnen Tieren vielleicht an Kampfkraft fehlte, das machten sie durch ihre Zahl wieder wett. Immer mehr und mehr der unheimlichen Wesen brachen aus dem Boden hervor und drangen auf die Hundekrieger ein, so daß diese schon nach Augenblicken vollauf damit beschäftigt waren, sich der vergleichsweise winzigen Angreifer zu erwehren, und gar keine Gelegenheit mehr fanden, sich ihren eigentlichen Opfern zuzuwenden.

Das war ihre Chance, begriff Aton - und Sascha auch, denn sie fuhren in derselben Sekunde herum und stürmten los. Doch drei oder vier der hundegesichtigen Göttersoldaten schüttelten ihre Gegner ab und liefen auf sie zu. Sascha rannte den ersten einfach nieder und schleuderte den zweiten ebenfalls im vollen Lauf zu Boden. Aber dann stürzten sich zwei der unheimlichen Geschöpfe zugleich aus verschiedenen Richtungen auf sie, und obwohl sie sich tapfer und auch recht erfolgreich zur Wehr setzte, gelang es den Hundekriegern doch zumindest, sie aufzuhalten.

»Lauf!« schrie sie. »Lauf weg, Aton!«

Tatsächlich rannte Aton noch drei, vier Schritte weiter, aber dann blieb er stehen. Obwohl seine Furcht ihn schier zu überwältigen drohte, drehte er sich herum und sah zu Sascha zurück.

Die beiden anderen Hundekrieger hatten sich mittlerweile erhoben und drangen auf Atons selbsternannten Schutzengel ein. Sascha wehrte sich nach Kräften. Es mußte tatsächlich Karate oder etwas Ähnliches sein, das sie beherrschte, denn trotz der vierfachen Übermacht war der Kampf durchaus ausgeglichen - immer wieder schleuderte sie einen der Angreifer zu Boden oder versetzte ihm einen Hieb, der ihn haltlos zurücktaumeln ließ.

Er hätte davonlaufen können, niemand hätte ihn jetzt aufgehalten. Ja, er hätte fliehen können. Aber er tat es nicht, denn er wollte Sascha nicht im Stich lassen.

Aton lief wieder zurück, ergriff einen der Hundekrieger, der sich gerade von hinten an Sascha hatte heranschleichen wollen, am Arm und zerrte ihn so heftig herum, daß die Kreatur vor Überraschung aus dem Gleichgewicht geriet und auf die Knie herabfiel. Fast in der gleichen Sekunde riß Aton seine Hände erschrocken zurück, denn anders als ein Mensch verfügte sein Gegner nicht nur über Hände und Füße, mit denen er ihn attackieren konnte, sondern auch über zwei schreckliche Kiefer, die mit dornenspitzen Zähnen nach ihm schnappten. Aton entging dem heimtückischen Biß, aber er wich hastig zwei weitere Schritte zurück, und das Geschöpf nutzte die Gelegenheit, wieder auf die Füße zu springen und ihn erneut anzugreifen.

Panik ergriff Aton. Die Kiefer des Hundekriegers schnappten ein zweites Mal, diesmal nach Atons Kehle, und er entging dem Biß nur mit so knapper Not, daß die Zähne eine doppelte Spur brennender Kratzer auf seiner Haut hinterließen. Der Hund knurrte und versetzte Aton einen Stoß vor die Brust, der ihn zu Boden stürzen ließ. Aton hob schützend die Arme vor das Gesicht und stieß mit den Beinen nach der Kreatur. Der Hundekrieger wich seinen Tritten mit beinahe spielerischer Leichtigkeit aus und kam näher. Aton kroch rückwärts vor ihm davon, aber er folgte ihm im gleichen Tempo. Seine schrecklichen Fänge waren geöffnet. Aton spürte den heißen, trockenen Atem der Bestie im Gesicht, ihre Zähne blitzten wie weiße Dolche, die sich im nächsten Moment in seine Kehle bohren mußten. Er hörte Sascha entsetzt aufschreien und begann verzweifelt mit den Fäusten auf das Gesicht des Hundes einzuhämmern, aber dieser schien seine Hiebe nicht zu spüren. Es war, als schlüge Aton auf massiven Fels ein. Die Zähne näherten sich seiner Kehle, die Kiefer öffneten sich.

Plötzlich schoß etwas Kleines, Graues durch die Luft, landete mit einem klatschenden Geräusch auf der Brust des Hundekriegers und klammerte sich mit zwei Pfoten daran fest, während es mit den beiden anderen wie besessen auf die Augen und die empfindliche Nase einzuschlagen begann. Der Hund jaulte vor Schmerz, riß den Kopf zurück und versuchte, die Katze von sich herunterzuzerren. Es gelang ihm erst beim dritten oder vierten Versuch, und er wurde nicht nur den Angreifer, sondern auch ein gutes Stück Haut aus seinem Gesicht los.

Knurrend schleuderte er die Katze zu Boden und begann auf ihr herumzuspringen. Die Katze zerfiel unter seinen zornigen Tritten zu Staub, der in großen Wolken zwischen seinen trampelnden Füßen hervorwirbelte.

Aber mittlerweile waren weitere Katzen erschienen, die es ihrer Vorgängerin gleichtaten: Nicht wenige von ihnen verbissen sich in seine Beine und Füße und begannen, das schwarze Fell mit Zähnen und Klauen zu bearbeiten, andere sprangen nach seinem Gesicht, versuchten sich an seine Arme zu klammern, und gleich drei oder vier auf einmal kletterten an seinem Mantel empor, wobei sie offensichtlich reichhaltigen Gebrauch von ihren Krallen machten, dem schrillen Heulen des Hundekriegers nach zu urteilen. Es mußte ein gutes Dutzend Katzenmumien sein, das über ihn hereingebrochen war, aber er erledigte sie eine nach der anderen, und schließlich stand er wieder aufrecht da, schwankend und aus Dutzenden von Biß- und Kratzwunden blutend, sicher auch geschwächt, aber trotzdem noch immer so gefährlich wie vorher.

Aton hatte die winzige Atempause genutzt, wieder auf die Füße zu kommen, und wich nun Schritt für Schritt von dem Hundekrieger zurück. Sascha hatte einen ihrer Gegner mittlerweile vollends zu Boden gestreckt, nun sprang sie vor, ergriff eines der Geschöpfe und schleuderte es mit solcher Wucht gegen das andere, daß beide zu Boden sanken und wimmernd liegenblieben. Fast in der gleichen Sekunde erschien sie neben Aton. Ihr vorgestreckter Fuß traf den Hundekrieger, der ihn verfolgte, und schickte auch ihn zu Boden, aber es war auch jetzt nur eine kurze Zeitspanne, die sie gewonnen hatten. Obwohl der Moment dafür beinahe absurd schien, empfand Aton doch plötzlich ein tiefes Bedauern bei dem Gedanken, daß all diese Katzen nach Jahrtausenden aus ihrer Ruhe erwacht waren, nur um nun endgültig zu sterben; und noch dazu sinnlos. Möglicherweise hatten sie zwei oder drei der Hundegeschöpfe tatsächlich getötet oder zumindest so schwer verletzt, daß sie sich nicht mehr rührten, aber die anderen hatten die große Schwäche ihrer Gegner erkannt und beschränkten sich darauf, sie sich, so gut es ging, vom Leib zu halten und immer wieder plötzlich vorzustoßen, um mit blitzschnellen Hieben, Tritten oder auch Bissen einige der mumifizierten Katzen endgültig zu zerstören.

Sascha ergriff ihn grob an der Schulter und riß ihn unsanft aus seinen Gedanken. »Bravo!« sagte sie ärgerlich. »Das war äußerst intelligent von dir. Warum bist du nicht weggelaufen?«

Aton ersparte es sich, überhaupt darauf zu antworten. Sascha wußte so gut wie er, warum er es nicht getan hatte, und dazu kam noch etwas - ohne daß es nötig gewesen wäre, es auszusprechen, wußten sie beide, daß ihre unheimlichen Verbündeten ihnen nur hier helfen konnten. Bastets Zauber beschränkte sich einzig auf diesen Katzenfriedhof, nicht auf die von Menschen geschaffene Straße dahinter. Hätten sie die nähere Umgebung des Tempels verlassen, hätten ihre Feinde sie zweifellos wieder verfolgt und nach kurzer Zeit eingeholt.