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Während er fortfuhr, gegen seinen Anflug von Fleischeslust zu argumentieren, nahm Kitty ihre Drahtbürste und begann, sich zu frisieren. Sie bürstete sich das Haar hoch und aus dem Gesicht zurück, das ohne die Aureole aus goldenen Locken wirklich auf eine pikante Weise herzförmig war.

Nicholas sagte sich, es sei doch eher spitz als herzförmig. Irgendwie scharf. Ein bißchen wie ein Frettchen. Dann öffnete sie den Mund, füllte die feuchte, rosarote Höhle mit Klammern und fing an, ihr Haar hochzustecken. Durch diese Bewegung trat ihr Busen stärker hervor, drückte sich gegen ihre Bluse. Dann, noch während Nicholas zusah, sprengten die Knöpfe ihre Fesseln. Der Stoff sprang auseinander, und ihre kleinen, wunderschönen Brüste waren entblößt und doppelt verwirrend, da sie der Spiegel noch einmal zeigte. Sie stand auf und ließ mit einer leicht aufreizenden, lasziven Geste den Rest ihrer Kleidung bis auf die seidenen Strapse und die oberschenkelhohen Stiefel fallen. Dann drehte sie sich um, stellte einen Fuß auf die Sitzfläche ihres Stuhls und versuchte, ihn anzulocken.

»Nico... ? Was auf Erden ist denn heute abend bloß los mit dir?«

»Oohh... die Nerven vermutlich.«

»Richtig. So geht es mir auch. Oh, verdammt...« Kittys Haare fielen herab. »Heute ist einer dieser Tage, an denen man am besten im Bett geblieben wäre.«

Nicholas, dessen Problem sich von dem seiner Mitspielerin kaum noch mehr hätte unterscheiden können, wurde plötzlich durch etwas abgelenkt, was in der Werkstatt herumgeschoben wurde. »Ah«, murmelte er, »es scheint, wir sind nicht die einzigen, die so früh hier sind.«

»Ich würde es ja so gern abschneiden lassen.« Kitty steckte die Klammern energisch wieder zurück. »Aber Esslyn würde durchdrehen. Er denkt, eine Frau ist nur dann wirklich weiblich, wenn sie langes Haar hat.«

»Ich frage mich, wer das sein kann.«

»Wer was sein kann?«

»In der Werkstatt.«

»Colin, nehme ich an. Er hat sich doch gerade erst kürzlich darüber beschwert, wieviel er zu tun hat.«

»Wie üblich.«

»Hm, Nico...« Kitty ließ ihre Brüste sinken und wandte ihm das Gesicht zu. »Du wirst doch nicht... ich meine... bei der Premiere zusammenbrechen, Liebling? Ich würde absolut wahnsinnig werden.«

»Natürlich werde ich nicht zusammenbrechen!« schrie Nicholas beleidigt. Diese Gemeinheit schaffte es besser als jeder der vorangegangenen Versuche, seine Leidenschaft mit einem Schlag wegzuwischen und ihn wieder zur Vernunft zu bringen. Diese dumme Kuh. »Du solltest mich besser kennen.«

»Aber du hast soviel Text.«

»Auch nicht mehr als in Die Nacht muß kommen.«

»... und Esslyn sagt... bei deiner Unerfahrenheit... wirst du vermutlich einfach steckenbleiben und mich im Stich lassen...«

»Esslyn soll sein Maul halten.«

»Ohhh!« Eine gewisse Boshaftigkeit funkelte in ihrem Gesicht. Dann neigte sie den Kopf verschwörerisch ein wenig zur Seite.

»Keine Angst. Ich werde es schon nicht weitererzählen.«

»Von mir aus kannst du es jedem erzählen.«

Nicholas ging raus und warf die Tür zu. Dieser herablassende Mistkerl. »Ich werde bestimmt nicht derjenige sein, der bei der Premiere zusammenbricht, Kumpel«, zischte er. In der Herrengarderobe warf er sich in seinen Mantel und band das Schwert um, sah auf seine Uhr und stellte fest, daß kaum zwanzig Minuten vergangen waren, seit er das Theater betreten hatte. Er beschloß nachzusehen, was in der Werkstatt los war.

Da handwerkte ein Mann, der einem kleinen vergoldeten Stuhl den letzten Schliff gab. Als Nicholas hereinkam, trat er einen Schritt zurück und betrachtete eines der hinteren Stuhlbeine, während glitzernde goldene Tränen von seinem Pinsel auf den bereits mit bunten Flecken übersäten Boden tropften. Es war nicht der Mann, den Nicholas hier zu sehen erwartet hatte, aber er spürte eine sofort aufkommende Herzlichkeit und Wärme in sich aufsteigen, fast schon ein Gefühl von Freundschaft, das ihn mit dieser Gestalt verband, die ihre handwerkliche Arbeit so ernsthaft betrachtete. Jeder, der aus Carmichael einen Hahnrei machen konnte, war ein Mann nach seinem Geschmack.

»Hallo«, sagte er, »ist der Chef noch nicht da?«

David Smy drehte sich um, und auf seinem freundlichen, etwas einfältigen Gesicht erschien ein leises Lächeln. »Nein, bloß ich. Und du natürlich. Oh...« Er beschrieb einen weiten Bogen mit dem Pinsel, und Nicholas, der nicht mit Farbe bekleckert werden wollte, sprang zur Seite. »Und natürlich die Möbel.«

»Richtig.« Nicholas nickte. »Ich habe kapiert.« Dann vollführte er diese klassische spitzbübische Geste, wie man sie oft in schlechten Kostümdramen sieht, aber kaum jemals im wirklichen Leben. Er legte einen Finger an den Nasenflügel, tippte dagegen und zwinkerte mit einem Auge. »Nur du und ich und die Möbel also, Dave«, antwortete er und ging auf die Bühne, um noch ein wenig zu proben.

Nach fünfzehn Minuten, die er damit verbracht hatte, sich an das Klavier zu setzen und wieder aufzustehen, um sich an das Schwert zu gewöhnen, schaute Nicholas im Vereinsraum nach, wer sonst noch gekommen war. Tim und Avery saßen an einem Tisch und tuschelten miteinander.

Als Nicholas den Raum betrat, fuhren ihre Köpfe auseinander, und sie hörten auf zu reden. Tim lächelte. »Keine Bange, wir reden nicht über dich«, beteuerte er.

»Ich hatte nicht erwartet, daß ihr schon hier seid.«

»Wirklich nicht?« fragte Avery, der stets dachte, alle redeten über ihn, sobald er ihnen den Rücken zuwandte und zwar nicht gerade freundlich. »Ich hätte das schon erwartet.«

»Uh, nicht schon wieder diese infantilen Unsicherheiten, Avery«, stöhnte Tim. »Nicht auf leeren Magen.«

»Und wessen Schuld ist das? Wenn du nicht so lange im Postamt gebraucht hättest...«

»Nico...« Tim zauberte eine schlanke Flasche unter dem Tisch hervor. »Ein Schluck De Bartoli?«

»Später. Danke.«

»Es wird kein Später geben, mein Junge.«

»Worüber habt ihr eigentlich geflüstert?«

»Wir haben uns gestritten«, erklärte Avery.

»Im Flüsterton?«

»Man hat eben so seinen Stolz.«

»Es war mehr eine Diskussion«, korrigierte Tim. »Entschuldige, aber ich kann dir nicht sagen, worum es ging.«

»Wir brechen alle Brücken hinter uns ab.«

»Avery!«

»Wenn wir es Nico nicht sagen können, wem denn dann?«

»Niemandem.«

»Aber er ist unser bester Freund.«

Nicholas verbarg taktvoll sein Erstaunen über diese Eröffnung, und das Schweigen zog sich in die Länge. Avery knabberte an seiner Unterlippe, wie er es immer tat, wenn er aufgeregt war. Er warf Tim immer noch flehende Blicke zu und öffnete und schloß die Faust wie unter Höllenqualen. Er sah aus wie ein Kind, dem man am Weihnachtstag verboten hatte, seine Geschenke zu öffnen. Selbst sein Lockenkranz zitterte vor lauter Anspannung.

Nicholas beugte sich zu Averys Ohr hinab. »Ich habe auch ein Geheimnis. Wir können tauschen.«

»Ohhh... das läßt sich doch bestimmt machen, nicht wahr, Tim?«

»Also, ehrlich. Du benimmst dich wie ein Zweijähriger.« Tim sah Nicholas kühl an. »Was für ein Geheimnis ist das?«

»Ein verblüffendes Geheimnis.«

»Hm. Und niemand kennt es?«

»Nur zwei andere Leute.«

»Na ja, dann ist es doch kein Geheimnis mehr.«

»Es sind die beiden, um die sich das Geheimnis dreht.«

»Ach so.«

»Gib dir einen Ruck, Tim«, drängte Nicholas. »„Fairer Tausch ist kein Raub.«