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»Beim Kopf des Täufers«, keuchte der Stoppelbärtige. »Wer bist du, Kerl? Der Teufel?«

»Nein, aber du wirst ihm vielleicht gleich begegnen.« Robin drückte die Schwertspitze noch ein wenig fester unter das Kinn des Plünderers, sodass er gezwungen war, den Kopf noch weiter in den Nacken zu legen, wollte er sich nicht selbst die Kehle durchschneiden, und ein weiterer, größerer Tropfen lief durch die Blutrinne der Klinge. Aber es war nicht nur bloße Grausamkeit, die Robin den Druck auf die Waffe sogar noch einmal verstärken ließ, sodass der Mann mittlerweile in fast grotesk zurückgebeugter Haltung dastand und all seine Muskeln anspannen musste, um nicht hintenüber zu fallen. Sie wollte nicht, dass irgendjemand sah, wie stark ihre Hand zitterte. Das Schwert kam ihr mit jedem Atemzug schwerer vor, und ihre rechte Hand begann allmählich zu kribbeln, als das Leben in ihre Glieder zurückkehrte.

»Ich erkläre dich hiermit zu meinem Gefangenen«, sagte sie, so fest sie konnte. Gleichzeitig schickte sie ein Stoßgebet zum Himmel, dass sie die Einzige hier war, der das Zittern ihrer Stimme auffiel. »Danke Gott oder Allah - oder an wen auch immer du glaubst - dafür, dass ihr bisher kein Blut vergossen habt.«

»Was nicht ist, kann ja noch werden«, presste der Plünderer mühsam hervor. Robin war nicht ganz sicher, ob sie seinen Mut bewundern oder über seine Dummheit den Kopf schütteln sollte. Sie verstärkte den Druck auf ihre Klinge noch einmal um eine Winzigkeit, und aus den vereinzelten Tropfen, die bisher durch die kleinfingerbreite Rinne des Schwertes gelaufen waren, wurde ein dünner, aber fast beständiger Strom. »So etwa?«, fragte sie.

Neben ihr ließ der Armbrustschütze seine nutzlos gewordene Waffe fallen und wich instinktiv einen Schritt zurück, aber ein anderer Räuber zog sein Schwert und kam mit langsamen Schritten näher. Er hatte langes, verfilztes blondes Haar, und sein Gesicht war vermutlich einmal recht hübsch gewesen, bevor jemand versucht hatte, es mit einer Axt oder einem ähnlich groben Instrument in zwei Hälften zu teilen. »Du wirst mehr als ein Wunder brauchen, Bursche, um diesen Tag zu überleben«, sagte er. »Du kannst ja offensichtlich ganz gut mit dem Schwert umgehen, aber hat man dich auch das Zählen gelehrt? Wir sind elf!«

»Lass den Unsinn, Berengar«, keuchte der Stoppelbärtige. Sein Blut hatte mittlerweile die kleine Delle in Robins Schwert gefüllt und tropfte an beiden Seiten am Griff der wuchtigen Klinge herab und besudelte ihre Hand.

Der Blonde lächelte fast sanft. »Du warst ein guter Anführer, Guy. Wir werden auf dich trinken - und wenn es dir ein Trost ist, dann verspreche ich dir, dass ich den Schädel dieses frechen Burschen als Becher benutzen werde.« Der Blondschopf machte eine rasche Geste, und die übrigen Männer begannen Robin einzukreisen.

Ein Stein verfehlte nur knapp den Kopf des neuen Wortführers und landete mit einem dumpfen Laut im Sand. Der Blonde fuhr wütend herum und suchte aus tückischen Augen nach demjenigen, der den Stein nach ihm geworfen hatte, und ein zweites, besser gezieltes Geschoss flog heran und prallte so wuchtig von seiner Schulter ab, dass er zurücktaumelte und um ein Haar seine Waffe fallen gelassen hätte. Sein Gesicht verzerrte sich vor Schmerz und Wut.

Und plötzlich wurde es totenstill. Die Plünderer hatten ihre Waffen gehoben und sich zu einem engen Kreis um Robin und ihren Anführer zusammengeschlossen, aber niemand regte sich, niemand sagte auch nur ein Wort. Die Spannung war fast mit Händen zu greifen. Robin sah, dass immer mehr und mehr Dörfler sich bückten, um Steine aufzuheben, und einige wenige hatten auch Knüppel oder lange Messer unter ihren Gewändern hervorgezogen, mit denen sie normalerweise die gefangenen Fische ausnahmen.

»Es ist immer noch nicht zu spät, Guy«, sagte Robin. Ihre rechte Hand schmerzte mittlerweile fast unerträglich. »Gib deinen Männern Befehl, die Waffen zu senken, und niemand muss sterben.«

Ganz im Gegenteil richteten sich mindestens zwei Schwerter und eine Speerspitze nun direkt auf sie, aber es blieb bei dieser Drohgebärde. Die Männer zögerten. Robin konnte ihre plötzliche Unsicherheit spüren. Ihnen war ebenso klar wie ihr selbst, dass sie sie binnen eines Herzschlages töten konnten, und spätestens die Worte des Blonden hatten ihr gezeigt, die wenig Rücksicht sie auf ihre Geisel nehmen würden - aber sie mussten auch wissen, dass ein Kampf danach fast unvermeidlich war und dass vielleicht nicht alle von ihnen ihn überleben würden.

»Verdammtes Pack!«, zischte Berengar, der noch immer die Hand gegen die rechte, schmerzende Schulter presste. »Ihr wollt Blut? Ihr könnt es bekommen!«

Und damit fuhr er mit einer unglaublich schnellen Bewegung herum, riss das Schwert in die Höhe und ergriff es noch in der Drehung mit beiden Händen, um einen Hieb auszuführen, der Robin enthaupten und vermutlich auch noch seinen bisherigen Anführer treffen musste.

Ein Pfeil zischte heran, durchbohrte seinen Hals und riss ihn mitten in der Bewegung hintenüber. Zwei, drei Plünderer prallten erschrocken zurück, und einer von ihnen machte Anstalten, Robin seinen Speer in die Seite zu stoßen, und ein zweiter, mit ebenso tödlicher Präzision gezielter Pfeil bohrte sich in seinen Rücken und ließ ihn mit einem gurgelnden Laut zusammenbrechen. Das alles geschah in weniger als einem Herzschlag.

Robin atmete innerlich auf. Salim war gekommen! Doch so unendlich dankbar sie ihm auch war, sie nahm sich fest vor, ein ausgiebiges Gespräch über sein Zeitgefühl und sein Empfinden für Dramatik mit ihm zu führen, sobald sie wieder zurück in der Burg waren. Er hätte wirklich keinen Atemzug später eingreifen dürfen!

Unendlich erleichtert trat sie zurück, ließ das Schwert sinken und drehte sich herum. Die Plünderer wichen erschrocken vor ihr zurück, und ihr Anführer taumelte zwei Schritte nach hinten, sank auf die Knie und schlug beide Hände gegen den blutenden Hals.

Robin blieb aufmerksam, denn sie wusste, wie unberechenbar Menschen in Panik waren, wandte sich aber trotzdem weiter um und suchte den Dünenkamm hinter dem Dorf mit Blicken ab. Eine flirrende Staubwolke hatte sich über der Wüste erhoben, und jetzt hörte sie auch den dumpfen Hufschlag rasch näher kommender Pferde. Sehr vieler Pferde, dachte sie verwirrt. Oben auf dem Hügelkamm erhoben sich drei nur schattenhaft gegen die grelle Sonne zu erkennende Reiter, doch irgendetwas an ihnen erschien ihr nicht so, wie es sein sollte. Dann tauchte eine wehende Fahne über der Düne auf, und Robins Augen wurden groß, als sie das blutrote Tatzenkreuz auf weißem Grund erkannte.

Es war nicht Salim, der gekommen war.

Die drei Reiter wichen zur Seite, um der Spitze einer ganzen Kolonne Platz zu machen, die über die Düne herangesprengt kam und in scharfem Tempo auf das Dorf zuhielt. Immer mehr und mehr von ihnen erschienen über dem Hügelkamm, schwer gepanzerte Reiter in langen Kettenhemden, Turkopolen - leichtere Reiter in Gambesons - und Männer in schlichten, weißen Gewändern, die ihre Pferde mit nur einer Hand lenkten und Bögen mit schussbereit aufgelegten Pfeilen in der anderen hielten. Der Mann neben dem Banner machte eine winkende Geste, und der Trupp teilte sich und begann das Dorf einzukreisen.

Nicht nur Robin war beunruhigt - auch wenn sie der Anblick der Fahne noch immer viel zu sehr verwirrte, als dass sie dieses Gefühl wirklich gespürt hätte -, und unter den Dorfbewohnern begann sich eine immer stärkere Unruhe breit zu machen. So unendlich erleichtert sie alle über diese Rettung im letzten Moment auch gewesen sein mochten, der Anblick der neu aufgetauchten Reiter konnte diese Männer und Frauen nicht wirklich beruhigen.

Es waren Templer. Angehörige des wohl gefürchtetsten Kreuzfahrerordens, der dieses Land jemals heimgesucht hatte. Es mochte sein, dachte Robin beunruhigt, dass sie den Teufel gegen den Beelzebub eingetauscht hatte. Etliche Männer ließen ihre improvisierten Waffen fallen und wichen in ihre Häuser zurück, die anderen drängten sich instinktiv enger zusammen, und auch Robin trat den Reitern zwar entgegen, behielt das Schwert aber fest in der Hand und blieb auf der Hut. Die Männer mussten die Szene zweifellos beobachtet haben, und die beiden Pfeile hatten bewiesen, dass sie die Situation wohl auch richtig eingeschätzt hatten. Aber der Feind ihres Feindes musste nicht automatisch ihr Freund sein. Letzten Endes trug sie immer noch die Kleidung der Einheimischen.