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Ridefort deutete auf Dariusz. »Nehmt diesen Verräter fest«, sagte er kalt. »Entwaffnet ihn. Und nehmt ihm das Ordensgewand ab. Er hat das Kleid des Herrn lange genug besudelt.«

Dariusz schwieg. Sein Gesicht war zu einer Maske erstarrt, und selbst aus seinen Augen schien jedes Leben gewichen zu sein. Mit steifen, umständlichen Bewegungen zog er das Schwert aus dem Gürtel und reichte es einem der beiden Soldaten mit dem Griff voran. Als ihn die beiden an den Armen ergreifen wollten, riss er sich mit einer trotzigen Bewegung los und ging hoch aufgerichtet zwischen ihnen hinaus.

Ridefort sah ihm fassungslos nach. Lange Zeit stand er einfach schweigend da, dann wandte er sich mit einem knappen Nicken zuerst an Balduin, dann an Abbé und verließ schließlich ohne ein weiteres Wort den Raum. Robin würdigte er nicht einmal eines Blickes.

Robin wartete, bis sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, aber dann war ihre Kraft endgültig aufgebraucht. Ihre Knie wurden weich. Der ganze Raum begann sich um sie zu drehen, und plötzlich dröhnten ihre eigenen Herzschläge wie das Trommeln einer riesigen Kesselpauke in ihren Ohren. Sie machte einen torkelnden Schritt zur Seite, streckte hilflos die Arme aus und wäre gestürzt, wäre Abbé nicht rasch hinzugesprungen, um sie aufzufangen.

»Ganz ruhig«, sagte Abbé rasch. »Jetzt ist alles in Ordnung. Dir kann nichts mehr passieren.« Behutsam ließ er sie zu Boden sinken. »Atme einfach tief durch. Ich habe nicht allzu viel Erfahrung in solcherlei Dingen, aber man hat mir gesagt, das soll helfen.«

Robin verstand nicht, was er damit meinte, aber es interessierte sie auch nicht, nicht in diesem Moment. Wie durch einen Vorhang aus fließendem Wasser hindurch hörte sie, wie auch Vater Johannes und nach einem weiteren Moment der König den Raum verließen, aber es vergingen noch einmal schwer endlose Minuten, bis das Schwindelgefühl zwischen ihren Schläfen so weit verebbte, dass sie wieder klar denken konnte und Abbés Gesicht sich aus einem Wirbel ineinander fließender Farben wieder neu zusammensetzte.

»Es ist alles vorbei«, sagte Abbé lächelnd. »Der Albtraum hat ein Ende. Salim ist auf dem Weg hierher. Er wird dich nach Hause bringen.«

Robin hörte gar nicht hin. »Das ... das war doch nicht die Wahrheit, was Ihr gerade erzählt habt, oder?«, fragte sie stockend.

»Dass Dariusz ein Hochverräter ist?«, fragte Abbé und nickte.

»O doch. Dariusz hat dich aus keinem anderen Grund entführt. Er wollte Odo brüskieren, und mich gleich dazu. Mach dir keine Sorgen. Du wirst ihn niemals wiedersehen.«

»Das meine ich nicht«, beharrte Robin. »Das mit Odo und eurem Plan, mich an Sheik Sinan zu verkaufen.«

Abbé grinste. »Es klang doch überzeugend, oder?«

»Und wenn Odo zurückkommt und Ridefort die Wahrheit erfährt?«

Abbés jungenhaftes Grinsen erlosch und machte einem Ausdruck von großem Ernst Platz. »Odo von Saint-Amand wird nicht zurückkommen«, erklärte er bekümmert. »Er ist tot.«

»Aber Ihr habt doch selbst gesagt ...«

»Niemand weiß davon«, fuhr Abbé fort. »Und es wäre gut, wenn das noch eine Weile so bliebe, aus verschiedenen Gründen.« Er schüttelte den Kopf und raffte sich wieder zu einem Lächeln auf. »Aber das soll nicht mehr deine Sorge sein.«

»Aber ... aber der König«, murmelte Robin. »Er wusste, dass ...«

»... du eine Frau bist?«, unterbrach sie Abbé. »Das konnte ihm schwerlich verborgen bleiben, mein Kind. Nachdem dich der Armbrustbolzen getroffen hatte, haben Salim und er eine halbe Stunde um dein Leben gerungen. So etwas ist schwer möglich, wenn man ein Wams und ein Kettenhemd trägt, weißt du?«

»Oh«, machte Robin. »Dann hat er ...?«

»... dir das Leben gerettet?« Abbé nickte. »Zug um Zug, wenn du so willst. König Balduin ist ein Mann, der seine Schulden sehr schnell zahlt.«

»Aber warum hat er nichts gesagt?«, wunderte sich Robin.

»Weil König Balduin nicht nur ein Mann von großer Ehre, sondern auch von großer Klugheit ist«, antwortete Abbé.

Robin versuchte aufzustehen, aber sie hatte ihre Kräfte überschätzt. Sie kam erst beim dritten Versuch und mit Abbés Hilfe auf die Füße, und Abbé ließ ihren Arm auch nicht los, als sie stand.

»Glaubst du, dass du es alleine nach draußen schaffst?«, fragte er besorgt.

»Kein Problem«, behauptete Robin. »Ich brauche nur ein paar Augenblicke Ruhe. Meine Schulter schmerzt.«

»Aha«, sagte Abbé.

»Und ein neues Kleid«, fügte Rother hinzu.

Robin sah an sich hinab und stellte fest, dass ihr zerschnittenes Kleid schon wieder auseinander gefallen war und deutlich mehr von ihrem Körper enthüllte, als es verbarg. Es war ihr nicht einmal mehr wirklich peinlich. Dafür war sie einfach zu müde.

»Was das angeht, kann ich vielleicht behilflich sein.« Balduin war wieder hereingekommen, ohne dass sie es überhaupt gemerkt hatte. Er war nicht allein. Zwei Ritter im matten Schwarz des Lazarusordens standen hinter ihm. Robin konnte ihre Gesichter hinter den schwarzen Helmen nicht erkennen, doch sie glaubte ihre Blicke regelrecht zu spüren. Plötzlich war ihr ihre Nacktheit doch peinlich. Hastig raffte sie ihr Kleid über der Brust zusammen, doch das einzige Ergebnis, das ihre hastige Bewegung hervorbrachte, war ein leises, amüsiertes Lachen, das hinter Balduins Schleier hervordrang.

»Ihr braucht keine Angst um Eure Tugend zu haben, holde Jungfer«, sagte er spöttisch. »Ich bin aus gewissen Gründen ... äh ... keine Gefahr mehr für eine Frau, und ich fürchte, dasselbe gilt auch für meine Männer. Doch vielleicht kann ich Euch bei einem anderen Problem behilflich sein.«

Er gab einem seiner Männer einen Wink. Der Lazarusritter ließ sich vor ihr in die Hocke sinken und legte etwas auf den Boden, das sie erst wirklich erkannte, als er aufstand und sich rückwärts gehend entfernte. Es war ein schmuckloses, schwarzes Gewand, dessen bloßer Anblick ihr einen eisigen Schauer über den Rücken jagte.

»Keine Sorge«, sagte Balduin spöttisch. »Es ist ganz neu. Keiner meiner Männer hat es je getragen.«

Robin sah ihn weiter verstört an. Sie verstand nicht, worauf er hinauswollte. Mit einem Hilfe suchenden Blick wandte sie sich an Abbé, aber sie erntete auch jetzt nur ein sachtes, spöttisches Lächeln, in dem etwas sonderbar Wissendes war, das sie immer mehr beunruhigte.

Balduin streckte die Hand aus, und der Ritter hinter ihm reichte ihm ein gewaltiges Schwert.

»Ich bin Euch noch etwas schuldig, Bruder Robin«, sagte er spöttisch. »Und ich bin es gewohnt, meine Schulden zu begleichen.« Seine Stimme wurde kühler, nahm aber zugleich auch einen offizielleren Ton an. »Kniet nieder, Robin«, befahl er.

Robin tauschte einen verwirrten Blick mit Abbé. Er nickte. Es ist alles in Ordnung, signalisierte sein Blick.

Robin ließ sich mit klopfendem Herzen auf die Knie sinken, und Balduin streckte den Arm aus und berührte ihre rechte Schulter mit der Schwertklinge.

»Ritter Robin«, sagte er feierlich. »Hiermit ernenne ich Euch zum Ehrenhauptmann meiner Leibgarde und verleihe Euch den Titel Schwert des Königs.« Sein Schwert berührte auch ihre andere Schulter, aber nur sanft, kaum mehr als ein Hauch. Dann trat er zurück, drehte das Schwert um und reichte ihr die Klinge mit dem Griff voran. Robin griff danach und starrte die Waffe an, ohne wirklich zu verstehen. Das Schwert war sehr groß, dafür aber überraschend leicht und perfekt ausbalanciert. Eine Waffe, die zwar vollkommen aussah, in Güte und Qualität aber der gleichkam, die Salim für sie hatte anfertigen lassen. Klinge, Parierstange und Griff waren vollkommen schwarz. Der einzige Schmuck waren fünf winzige, blass silberne Kreuze, die in den Knauf eingraviert waren; das Symbol der königlichen Leibgarde.

»Erhebt Euch, Ritter Robin«, sagte der König feierlich. »Lasst jeden wissen, dass Ihr vom heutigen Tage an unter meinem persönlichen Schutz steht. Wer die Hand gegen Euch erhebt, der erhebt sie zugleich auch gegen mich. Und nun nehmt Euer Schwert, Euer Gewand und den Segen des Königs, Robin, und geht nach Hause.«