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Dariusz blieb misstrauisch. »Und dann seid Ihr hierher zurückgekommen?«, fragte er, wobei er wenig Zweifel daran ließ, für wie unglaubwürdig er ihre Erklärung hielt. »Nur aus reiner Dankbarkeit, weil diese Heiden Euch das Leben gerettet haben?«

Robin schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht allein hergekommen«, sagte sie. »Es war Sheik Sinan selbst, der mich aus der Sklaverei freigekauft hat.«

»Der Alte vom Berge?«, entfuhr es Dariusz. Es gelang ihm nicht ganz, den sachten Schrecken zu verhehlen, mit dem ihn die Erwähnung dieses Namens erfüllte.

»Seine Burg ist nicht sehr weit entfernt von hier«, bestätigte Robin. »Wir waren auf der Suche nach diesen Männern.« Sie machte eine Kopfbewegung auf die Plünderer. »Leider haben wir wohl in der falschen Richtung gesucht. Aber Gott hat Eure Schritte ja noch im richtigen Moment hierher gelenkt.«

»Ja, Gottes Wege sind manchmal wundersam«, erwiderte Dariusz lauernd. »Wundersam genug, einen einzelnen Ritter sein Leben riskieren zu lassen, nur um ein paar Heiden zu retten. Ihr müsst den Leuten hier wirklich sehr dankbar für Eure Errettung sein, Bruder Robin.«

Abermals schüttelte Robin heftig den Kopf. »Wo immer ein Templer ist, gilt auch das Recht des Tempels«, sagte sie. »Und das Recht des Tempels reicht so weit, wie seine Schwerter reichen.«

Dariusz wirkte überrascht, aber dann begann er zu lachen.

»Bruder Robin, Ihr seid wahrlich der Letzte, von dem ich eine solche Antwort erwartet hätte«, bekannte er. »Mir scheint, Ihr habt Euch sehr verändert, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben.«

Er trat einen Schritt zurück, befestigte den Helm am Sattel seines Pferdes und hob in einer raschen, befehlenden Geste die Hand. Überall rings um sie herum begannen Templer und Turkopolen aus den Sätteln zu steigen, Bogenschützen ließen ihre Waffen sinken und steckten die Pfeile in die Köcher zurück, Schwerter wurden eingesteckt, Speere gesenkt. Die Stimmung begann sich spürbar zu entspannen. »Tränkt die Tiere«, befahl er.

»Aber sattelt sie nicht ab. Wir reiten in einer Stunde weiter.«

Robin nutzte die Gelegenheit, sich die Männer in Dariusz’ Begleitung genauer anzusehen. Der Trupp bestand aus sicherlich hundert, wenn nicht mehr Berittenen, und ein überraschend großer Anteil davon trug die Kettenhemden und Wappenröcke der Templer. Sie führten schwer beladene Maultiere und Esel mit sich, und als Robin genauer hinsah, fiel ihr auf, dass es unter der bunt gemischten Begleittruppe der Templer etliche Verletzte gab, Männer mit schmutzigen Verbänden um Kopf und Glieder, einer mit einem geschienten Bein und mindestens zwei oder drei weitere, die sich nur noch mit Mühe im Sattel zu halten schienen. Abgesehen von Dariusz selbst, der schon immer einen fast übertrieben großen Wert auf seine Kleidung und deren Sauberkeit gelegt hatte, wirkten sowohl die Templer als auch die weltlichen Ritter und ihre Waffenknechte kaum weniger heruntergekommen und mitgenommen als das knappe Dutzend Plünderer, das zwischen ihnen im Sand kniete. Sie fragte Dariusz nicht, woher er kam, aber es war klar, dass er und seine kleine Armee Schlimmes hinter sich hatten.

Ihr Blick löste sich von den Tempelrittern und ihren Begleitern und irrte wieder die Düne hinauf. Mehr denn je wünschte sie sich, Salim käme zurück. Aus ihrer anfänglichen Erleichterung, dem schon sicher geglaubten Tod doch noch entkommen zu sein, war längst wieder Sorge geworden, vielleicht sogar so etwas wie Angst. Die Situation war keinen Deut besser geworden, und die Gefahr, in der sie schwebte, vielleicht nicht mehr ganz so unmittelbar, dafür aber eher noch größer. Der grauhaarige Tempelritter hatte gerade den Tod eines Menschen befohlen, einfach nur, weil ihm Anführer zuwider waren; hätte er auch nur eine Ahnung, wer Bruder Robin wirklich war, dann wäre ihr nicht nur der Tod gewiss, sondern auch allen, die um ihr Geheimnis wussten und sie in den letzten Jahren durch ihr Schweigen geschützt hatten. Robin war sicher, dass nicht einmal mehr Salim und sein Vater sie vor dem heiligen Zorn des Tempelritters und seiner Brüder beschützen konnten, sollte ihr Geheimnis jemals aufgedeckt werden.

Und diese Gefahr war entsetzlich groß. Jedermann hier im Dorf wusste, wer sie war. Was sie war. Ein einziges unbedachtes Wort, eine winzige Nachlässigkeit, eine falsche Geste, und alles war vorbei. Vielleicht, dachte sie, sollte sie sich nicht einmal wünschen, dass Salim zurückkam. Er und das halbe Dutzend Assassinen in seiner Begleitung waren dieser kleinen Armee von Templern und ihren Hilfstruppen nicht gewachsen, und doch würde er keine Sekunde zögern, ihr beizustehen, und damit auch sein eigenes Leben verwirken.

Hinter ihr wurden plötzlich aufgeregte Stimmen laut, dann der Lärm eines kurzen, aber heftigen Kampfes. Robin fuhr herum und sah, dass sich Guy und zwei oder drei seiner Begleiter loszureißen versucht hatten. Natürlich hatten die Templer sie sofort niedergerungen, und sie waren dabei offensichtlich nicht übermäßig sanft vorgegangen, denn einer der Plünderer lag reglos am Boden und blutete heftig aus dem Kopf, doch zumindest ihr Anführer bäumte sich noch immer wütend auf und schrie und trat um sich, obwohl er von gleich drei Männern niedergehalten wurde.

Robin warf Dariusz einen raschen Blick zu und registrierte ohne Überraschung, dass der Tempelritter der Szene mit einem leicht amüsierten Lächeln auf den Lippen und einem dafür umso grausameren Lächeln in den Augen folgte. Er sagte auch dann noch nichts, als sich einer der Turkopolen auf Guys Brust kniete und langsam und auf eine fast mechanisch anmutende Weise mit den Fäusten in sein Gesicht zu schlagen begann.

»Hört auf damit!«, rief sie.

Es war unmöglich, dass der Mann ihre Worte nicht gehört hatte. Aber er schlug dem Plünderer trotzdem abwechselnd und mit großer Kraft die rechte und die linke Faust ins Gesicht, und Guys verzweifelte Gegenwehr wurde immer schwächer. Er würde ihn töten, wenn er nur auch noch ein paar Augenblicke so weitermachte. Aber Dariusz rührte immer noch keinen Finger, um ihn zurückzuhalten.

»Aufhören, habe ich gesagt!« Robin war mit zwei, drei schnellen Schritten bei dem Turkopolen, packte seinen zum Schlag erhobenen Arm und riss ihn mit solcher Kraft zurück, dass der Mann das Gleichgewicht verlor und von Guy herunter und auf den Rücken fiel. Mit einem wütenden Knurren und einer unglaublich fließenden Bewegung kam er praktisch sofort wieder auf die Füße und fuhr mit leicht ausgebreiteten Armen herum, wie um sich auf sie zu stürzen. Erst im allerletzten Moment schien er sie zu erkennen und ließ die Arme wieder sinken, wenn auch mit allen Anzeichen von Widerwillen. Robin nahm an, dass er es nur tat, weil er einen entsprechenden Blick von Dariusz aufgefangen hatte, widerstand aber dem Impuls, sich zu dem Templer umzudrehen. Stattdessen wandte sie sich mit einer befehlenden Geste an die drei anderen Turkopolen, die Guy immer noch niederhielten. »Lasst ihn los, habe ich gesagt!«

Wieder vergingen endlose Augenblicke, bevor die Männer reagierten, und diesmal war Robin sicher, dass Dariusz ihnen hinter ihrem Rücken einen entsprechenden Wink gegeben hatte. Sie drehte sich auch jetzt nicht zu ihm um, sondern ließ sich neben dem halb bewusstlosen Plünderer auf ein Knie herabsinken und sah fast besorgt in sein Gesicht. Obwohl es vollkommener Unsinn war, fühlte sie sich irgendwie für das verantwortlich, was ihm zugestoßen war.

»Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte sie.

Sie hatte kaum damit gerechnet, aber der stoppelbärtige Mann drehte mühsam den Kopf und blickte aus blutunterlaufenen Augen zu ihr hoch, von denen eines bereits zuzuschwellen begann.

»O ja, vielen Dank«, presste er hervor. »Ich habe mich selten besser gefühlt, edler Ritter.« Offensichtlich war ihm das, was Dariusz und sie miteinander geredet hatten, nicht verborgen geblieben. In seinen Augen blitzte ein Ausdruck auf, den Robin nicht beschreiben konnte, der ihr aber einen eiskalten Schauer über den Rücken laufen ließ. »Und das alles habe ich nur dir zu verdanken, du verdammter ...«