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Entsetzt über das, was sie hörte, schauderte Sonea.

-Hab keine Angst, Sonea, beschwichtigte Lorlen sie. Ich werde es nicht zulassen. Wir dürfen ihn nicht zur Rechenschaft ziehen, bevor wir wissen, dass wir ihn besiegen können. Bis dahin darf niemand etwas von der Sache erfahren. Wir müssen unsere Vorbereitungen im Geheimen treffen. Das bedeutet, dass du niemals mit irgendjemandem über diesen Vorfall reden darfst. Hast du mich verstanden?

-Ja. Aber… müsst Ihr denn wirklich zulassen, dass er weiterhin der Anführer der Gilde bleibt?

-Bedauerlicherweise ja. Sobald ich weiß, dass wir stark genug sind, werde ich alle Magier um mich scharen. Ich werde sehr schnell handeln müssen und ohne Vorwarnung. Bis dahin darf außer dir und mir niemand etwas davon erfahren.

-Ich verstehe.

-Ich weiß, dass du zu den Hütten zurückkehren möchtest, Sonea, und es würde mich nicht überraschen, wenn diese Entdeckung dich in deinem Entschluss noch bestärkte, aber ich muss dich bitten zu bleiben. Wenn es zum Kampf kommt, werden wir alle Unterstützung brauchen, die wir bekommen können. Und obwohl mir der Gedanke nicht gefällt, befürchte ich, dass du ein verlockendes Opfer für ihn sein könntest. Er weiß, dass du sehr stark bist. Du wärst eine mächtige magische Quelle. Wenn man deine Kräfte blockiert und du nicht mehr in der Nähe jener lebst, die den Tod durch schwarze Magie erkennen können, wärst du das perfekte Opfer. Ich bitte dich um deinetwillen und um unseretwillen, bei uns zu bleiben.

— Ihr wollt, dass ich hier lebe, direkt unter seiner Nase?

— Ja. Du wirst in der Gilde sicherer sein.

— Wenn Ihr mich nicht ohne die Hilfe der Diebe finden konntet, wie sollte es dann ihm gelingen?

— Akkarin hat feinere Sinne als wir Übrigen. Als du angefangen hast, deine Kräfte zu benutzen, war er der Erste, der es wusste. Ich fürchte, dass er dich nur allzu leicht finden würde.

Sonea spürte, dass Lorlen ernsthafte Sorge um ihre Sicherheit hatte. Wie konnte sie dem Administrator der Gilde widersprechen? Wenn er glaubte, dass sie in Gefahr war, dann hatte er vermutlich Recht damit.

Sie hatte keine andere Wahl. Sie musste bleiben. Zu ihrer Überraschung verspürte sie weder Zorn noch Enttäuschung darüber, nur Erleichterung. Cery hatte gesagt, dass sie sich nicht als Verräterin fühlen müsse, wenn sie Magierin wurde. Sie würde lernen, ihre Magie zu benutzen, würde sich die Künste der Heiler aneignen, und eines Tages würde sie mit ihrem Wissen vielleicht den Menschen helfen können, die sie verlassen hatte.

Außerdem stellte sie es sich ungemein befriedigend vor, die Pläne jener Magier zu vereiteln, die wie Fergun glaubten, dass Hüttenleute nicht in die Gilde aufgenommen werden sollten.

— Ja, antwortete sie. Ich werde bleiben.

— Ich danke dir, Sonea. Dann gibt es noch eine Person, die wir in unser Geheimnis einweihen müssen. Als dein Mentor könnte Rothen Grund haben, abermals in deinen Geist einzutreten, vor allem wenn die Zeit kommt, dich in der Heilkunst zu unterweisen. Er könnte dann ebenfalls sehen, was du mir heute gezeigt hast. Du musst Rothen von Akkarin erzählen und von all dem, was ich heute zu dir gesagt habe. Ich weiß, dass man sich auf sein Stillschweigen verlassen kann.

— Ich werde es tun.

— Gut. Jetzt werde ich dich loslassen und Ferguns Verbrechen bestätigen. Versuche, Akkarin gegenüber keine Angst zu zeigen. Wenn es dir hilft, dann sieh einfach nicht in seine Richtung – und sorge dafür, dass deine Gedanken tief in dir verborgen bleiben.

Lorlen nahm die Hände von Soneas Schläfen, und sie öffnete die Augen. Der Administrator warf ihr einen eindringlichen Blick zu, dann verschwand jeder Ausdruck aus seinen Zügen, und er wandte sich zu den Höheren Magiern um.

»Sie sagt die Wahrheit«, erklärte er.

Schockiertes Schweigen folgte Lorlens Worten, dann hallten plötzlich laute Rufe und Fragen durch den Raum. Lorlen hob die Hand, und die anderen Magier verstummten.

»Lord Fergun hat diesen jungen Mann«, er deutete auf Cery, »gefangen gehalten, nachdem er mir erzählt hatte, er wolle ihn zu den Toren begleiten. Er hat ihn in ein unterirdisches Verlies gesperrt und Sonea gedroht, dass er ihren Freund töten würde, wenn sie seine Geschichte bei dieser Anhörung nicht bestätigen würde. Später wollte er dann seinen Einfluss als ihr Mentor geltend machen, um sie dazu zu zwingen, eine unserer Regeln zu brechen, so dass man sie öffentlich ausgestoßen hätte.«

»Warum?«, zischte Lady Vinara.

»Soweit Sonea es verstanden hat«, antwortete Lorlen, »wollte er auf diese Weise dafür sorgen, dass die Gilde niemals wieder einem Mitglied des einfachen Volkes einen Platz in ihren Reihen anbietet.«

»Sie wollte ohnehin gehen.«

Aller Augen richteten sich auf Fergun. Er starrte die Höheren Magier abweisend an.

»Ich gebe zu, dass ich ein wenig übereifrig war«, sagte er, »aber ich wollte die Gilde lediglich vor ihrem eigenen Tun retten. Ihr hättet Diebe und Bettler in der Gilde willkommen geheißen, ohne zu fragen, ob wir, die Häuser, und der König, dem wir dienen, damit einverstanden sind. Es mag so aussehen, als sei es nur eine Kleinigkeit, ein Bettlermädchen in der Gilde aufzunehmen, aber wohin wird das führen?« Seine Stimme wurde lauter. »Werden wir mehr von diesen Leuten bei uns aufnehmen? Werden wir uns zu einer Gilde der Diebe entwickeln?«

Ein leises Murmeln erhob sich im Raum, und Sonea sah, dass mehrere der Magier zu beiden Seiten der Sitzreihen den Kopf schüttelten.

Fergun lächelte sie an. »Sie wollte, dass man ihre Kräfte blockiert, damit sie nach Hause zurückkehren konnte. Fragt Lord Rothen, er wird es nicht abstreiten. Fragt Administrator Lorlen. Ich habe nichts von ihr verlangt, was sie nicht ohnehin tun wollte.«

Sonea ballte die Fäuste. »Nichts, was ich nicht ohnehin wollte?«, stieß sie wütend hervor. »Ich wollte nicht das Novizengelübde ablegen, um es dann zu brechen. Ich wollte nicht lügen. Ihr habt meinen Freund eingekerkert. Ihr habt gedroht, ihn zu töten. Ihr seid…« Sie brach ab, denn ihr war plötzlich bewusst geworden, dass sie im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit stand. Sie holte tief Luft und trat einen Schritt auf die Höheren Magier zu. »Als ich hierher kam, habe ich lange gebraucht, um zu begreifen, dass Ihr nicht…« Abermals brach sie ab, denn es widerstrebte ihr, hier in der Gildehalle zu stehen und die Magier zu beleidigen. Stattdessen zeigte sie mit dem Finger auf Fergun. »Aber er verkörpert alles, was man mich in den Hüttenvierteln über die Magier zu denken gelehrt hat.«

Stille folgte ihren Worten. Lorlen sah sie ernst an, dann nickte er und wandte sich zu Fergun um.

»Ihr habt Euch zahlreicher Verbrechen schuldig gemacht, Lord Fergun«, sagte er. »Einige davon sind äußerst schwerwiegend. Ich werde in drei Tagen eine Anhörung einberufen, bei der über Eure Taten gesprochen und eine Strafe festgelegt werden wird. Bis dahin möchte ich Euch vorschlagen, bei unseren Nachforschungen mit uns zusammenzuarbeiten.«

Er ging an Osen vorbei und nahm seinen Platz zwischen den Höheren Magiern wieder ein. Der Hohe Lord beobachtete ihn, und der Anflug eines Lächelns zuckte um seine Lippen. Sonea fröstelte, als sie sich die widersprüchlichen Gefühle ausmalte, die Lorlen unter seinem Blick empfinden musste.

»Die Frage, zu deren Erörterung wir uns heute zusammengefunden haben, ist damit hinfällig geworden«, verkündete Lorlen. »Hiermit bestimme ich Lord Rothen zu Soneas Mentor und erkläre diese Anhörung für beendet.«

Stimmen und das Donnern schwerer Stiefel hallten durch den Raum, als sich die Magier von ihren Plätzen erhoben. Sonea schloss die Augen und seufzte. Es ist vorbei!